Stefan Ledergerber (Name geändert) aus Gordevio TI kauft bei Denner seit vielen Jahren Essiggurken ein. Als er kürzlich die Zutatenliste las, wurde er stutzig: Darauf tauchte der Zusatzstoff Kaliummetabisulfit (E224) auf. Ledergerber holte ein altes Glas hervor – dort war der Stoff noch nicht drin.
Sulfite lösen sehr oft Unverträglichkeit aus
Denner bestätigt: Beim Eigenprodukt «Gurken im Essigaufguss» wurde die Rezeptur verändert. Vorher kamen die Gurken ohne den künstlichen Zusatzstoff aus. Pikant: Laut dem deutschen Lebensmittelexperten Hans-Ulrich Grimm sind Sulfite – E224 gehört dazu – «die häufigsten Unverträglichkeitsauslöser unter den chemischen Lebensmittelzusätzen». Es könne zu Schnupfen- und Niesanfällen, Hautreizungen und Kopfweh kommen. Bei sehr empfindlichen Allergikern könnten gar die Atemwege zuschwellen.
Ledergerber ärgert sich: «Weder am Regal noch auf dem Glas wurde darauf aufmerksam gemacht, dass das Produkt neu einen Konservierungsstoff enthält.» Denner sagt, man habe die Rezeptur «dem Schweizer Geschmack» angepasst. Das Antioxidationsmittel Kaliummetabisulfit garantiere eine bessere Konservierung der Gurken.
Eine Stichprobe des K-Tipp zeigt: Konsumenten haben oft die Möglichkeit, unnötige Zusatzstoffe zu vermeiden. Denn im Regal gibt es Alternativen.
Migros hält generell fest: «Beim Gehalt an Zusatzstoffen geht es meist um sehr kleine Mengen.»
Und Coop schreibt: «Grundsätzlich verzichten wir nach Möglichkeit auf Zusatzstoffe – selbst wenn diese gesetzlich zugelassen wären.» Das gelte besonders für Naturaplan-Produkte. Denn für diese würden nur Zusatzstoffe verwendet, die für Herstellung, Konservierung, Produktqualität und Produktsicherheit unerlässlich seien.
Mit anderen Worten: In den konventionell hergestellten Produkten stecken oft jede Menge Zusatzstoffe, die für die Herstellung nicht zwingend nötig sind.
«Natürliche» Zusatzstoffe: Vorsicht
Viele Konsumenten sind skeptisch gegenüber künstlichen Zusatzstoffen in Lebensmitteln. Hersteller umgehen die Angabe der E-Nummer gerne mit der Nennung des vollständigen Namens. Zusatzstoffe haben oft natürlich klingende Namen, wurden aber in Tat und Wahrheit künstlich hergestellt. Einige Beispiele:
Rosmarinextrakt (E392, auch Carnosolsäure)
Taucht dieser Zusatzstoff auf, heisst das nicht, dass das Produkt nach Rosmarin schmeckt. Es handelt sich um ein chemisch aus Rosmarin gewonnenes Konservierungsmittel.
Apfelsäure (E296)
Darf sowohl in natürlicher wie auch synthetischer Form für Lebensmittel verwendet werden. Letztere wird chemisch hergestellt.
Zitronensäure (E330)
Wird biotechnologisch hergestellt. Dabei ist der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen möglich.
Beispiel Migros: Gnocchi mit und ohne Zusatzstoffe
M-Classic Gnocchi mit Kartoffeln: Enthalten E223, E304, E330, E450 und E471. Sulfit (E223) kann allergische Reaktionen auslösen. Diphosphat (E450) findet sich in sehr vielen Produkten. Lebensmittelfachmann Hans-Ulrich Grimm: «Besonders für chronisch Nierenkranke sind gesundheitliche Risiken bei häufigem Essen nicht auszuschliessen.»
Anna’s Best Gnocchi di patate: keine Zusatzstoffe.
Dazu die Migros: «Für M-Classic Gnocchi werden Kartoffelflocken verwendet. Die Zusatzstoffe verhindern unter anderem Verfärbungen.»
Beispiel Coop: Pesto mit und ohne Zusatzstoffe
Fine Food Pesto alla genovese DOP: Enthält E202 und E330. Kaliumsorbat (E202) hat laut Zusatzstoffe-online.de bei Hauttests allergieähnliche Ausschläge bewirkt. In seltenen Fällen könne es bei der Einnahme von Sorbinsäure und Sorbat zu Hautreaktionen kommen.
Naturaplan Pesto verde bio: keine Zusatzstoffe.
Dazu Coop: «E202 hemmt das Wachstum von Hefen, Schimmelpilzen und Bakterien. Das Pesto hält so länger.» Nur: Das Fine-Food-Pesto ist «mind. bis Juni 2017» haltbar, das gleichzeitig gekaufte Bio-Pesto bis Juli 2019!
Weitere Produkte mit Zusatzstoffen und die Alternative
Guacamole
Anna’s Best Vegi Guacamole (Migros): Enthält E300, E401 und E415. Der Zusatzstoff Natriumalginat (E401) kann die Aufnahme wichtiger Nährstoffe im Darm behindern, so Lebensmittelexperte Hans-Ulrich Grimm. Das Verdickungsmittel Xanthan (E415) wird laut Lebensmittelchemiker Udo Pollmer von gentechnisch veränderten Bakterien aus Zucker produziert.
Karma Guacamole Dip (Coop): keine Zusatzstoffe.
Dazu die Migros: «Im Gegensatz zu Coop setzen wir in der Guacamole gefrorene Rohstoffe wie Tomaten und Zwiebeln ein. Diese haben einen hohen Wasseranteil.» Verdickungsmittel seien nötig, «damit die Flüssigkeit gebunden werden kann».
Bohnen
M-Budget- und Classic-Bohnen (Migros): E330 (Zitronensäure). Sie wird in sehr vielen Lebensmitteln eingesetzt. Laut Pollmer nimmt der Darm bei grösseren Mengen leichter unerwünschte Metalle auf, etwa Aluminium und Blei.
Grüne Bohnen bio (Migros): keine Zusatzstoffe.
Dazu die Migros: «Mit Hilfe der Zitronensäure erfolgt eine geringe Absäuerung des Aufgusses.» Dadurch würden die Bohnen etwas weniger weich.
Vollrahm
Vollrahm Qualité & Prix (Coop): E407 (Carrageen). Carrageen ist einer der umstrittensten Zusatzstoffe. Er steht gemäss mehreren Studien im Verdacht, Blähungen, Allergien und sogar Krebs zu verursachen. Befürworter dagegen halten den Stoff für harmlos.
Naturaplan Vollrahm bio (Coop): keine Zusatzstoffe.
Dazu Coop: «Rahm besteht grösstenteils aus Wasser und Milchfett. Das Fett setzt sich bei längerer Lagerung oben ab. Durch das Carrageen wird dieses sogenannte Aufrahmen gebremst.»
Schokolade
Prix Garantie Tafelschokolade Milch (Coop): Enthält E322 und E476. Bei Polyglycerin-Polyricinoleat (E476) wurden laut Pollmer im Tierversuch Leber- und Nierenschäden beobachtet.
Naturaplan Tafelschokolade Milch bio (Coop): keine Zusatzstoffe.
Dazu Coop: «Um Schokolade besser in die Formen giessen zu können, gibt man Sojalecithin (E322) bei. Und E476 verhindert, dass sich Luftblasen bilden.»