Am 14. September 2005 war die Börsenwelt noch in Ordnung. An diesem Tag kaufte das Ehepaar aus Bülach ZH eine Obligation der amerikanischen Finanzfirma Sigma Finance für 60 000 Franken. Die Bank hatte ihnen diesen Titel vorgeschlagen.
Drei Jahre später, im September 2008, geriet die Finanzwelt aus den Fugen. Nicht nur die bekannte Bank Lehman Brothers ging bankrott, sondern auch die Sigma Finance. Sie wurde ebenfalls ein Opfer der amerikanischen Bankenkrise und Immobilienblase.
Anfang 2009 erhielt das Ehepaar von der Bank den jährlichen Vermögensauszug. Nichtsahnend studierte es das Papier und musste verblüfft feststellen, dass die Sigma-Anleihe noch 90 Franken wert war.
Der Rest war verloren. «Die Bank hätte uns frühzeitig warnen sollen», klagt das Paar verbittert. Das Beispiel zeigt, dass die als einigermassen sicher geltenden Obligationen genauso abstürzen können wie Aktien:
Wer eine Obligation kauft, gibt damit der betreffenden Firma gegen einen fixen Zins ein Darlehen und hofft natürlich, dass die Firma nicht nur den vereinbarten Zins zahlt, sondern das anvertraute Geld nach dem Ablauf der Obligation auch wieder zum vollen Nennwert zurückerstatten kann.
Zahlungsfähigkeit ist entscheidend
Entscheidend ist also die Zahlungsfähigkeit der Firma, im Fachjargon die Bonität. Die war bei der Sigma Finance im Jahr 2005 noch erstklassig: Die Rating-Agenturen stuften sie mit der Bestnote AAA ein. Im März 2008 erfolgte allerdings eine Herabstufung der Rating-Note.
Wenn aber Unternehmen Pleite machen, können sie solche Darlehen nicht mehr zurückzahlen – und das Geld der Obligationäre ist verloren. So war es auch bei der Sigma Finance.
Erste Korrekturen gabs im März 2008
Die ersten Krisenanzeichen waren also im März 2008 zu erkennen, als die Rating-Agenturen eine Korrektur bekannt gaben. Zu jener Zeit wäre es vielleicht noch möglich gewesen, die Obligation an der Börse zu verkaufen.
Allerdings hätte der Verkauf bereits damals einen Verlust von rund 30 Prozent ergeben. Das Ehepaar hatte die Obligation bei der Raiffeisenbank Züri-Unterland gekauft. Es hatte sich dort Anlagevorschläge geben lassen und sich dann für die Obligation der Sigma Finance entschieden.
Das heisst: Die Eheleute gaben der Bank lediglich den Auftrag, diesen Titel für sie zu kaufen. Einen Auftrag zur Vermögensverwaltung erteilten sie nicht.
Ehepaar bestreitet Aussage der Bank
Aber die beiden Anleger betonen, man habe ihnen beim Kauf «ganz klar bestätigt, dass bei einer Rating-Abwertung eine Meldung gemacht würde». Dies ist nicht geschehen.
Die Bank sagt dazu, die Anleger hätten 2007 «explizit gewünscht, von der Bank nicht mehr angesprochen zu werden». Das bestreitet das Ehepaar.
Der K-Tipp hat die Raiffeisen Zentrale auch gefragt: Hat die Bank wenigstens die anderen Besitzer von Sigma-Obligationen über die Herabsetzung des Ratings informiert?
Darauf kam keine Antwort.Im Grundsatz gilt aber: Wer zu seiner Bank eine reine Depotbeziehung hat und sich lediglich beim Kauf der Wertschriften beraten liess, kann nicht erwarten, dass die Bank über Kursschwankungen informiert. Wenn sie es trotzdem tut, dann freiwillig.
Zwar könnte man argumentieren: Die Anleger verlangten beim Kauf ausdrücklich nach Obligationen mit AAA-Rating.
Daraus könnte man auf eine Abmachung bzw. eine klare Erwartung der Kunden schliessen, dass bei einer Rating-Abstufung eine Warnung erfolgen müsste. Doch dazu gibt es keine Gerichtsurteile.
Auch bei Obligationen das Risiko streuen
Käufer von Obligationen sollten auf diese Punkte achten:
- Weil laufende Obligationen auch an der Börse gehandelt werden, können sie im Kurs steigen oder sinken – auf über oder unter 100 Prozent des Nennwerts. Auch bei Obligationen kann es sich also lohnen, den Kurs im Auge zu behalten und sie allenfalls vorzeitig das heisst noch während der Laufzeit zu verkaufen.
- Selbst Firmen mit einem Top-Rating von AAA können in Schwierigkeiten geraten, was sehr schnell auf den Handelskurs der Obligation drückt. Das Gleiche gilt für Staaten, die ja ebenfalls Anleihen ausgeben. Es empfiehlt sich also, auch bei Obligationen das Risiko zu streuen und das Geld auf verschiedene Schuldner zu verteilen.
- Zur Streuung des Risikos bieten sich Obligationen-Fonds an. Diese Fonds verursachen aber Kosten, was die Rendite empfindlich schmälern kann.
- Tappen Sie nicht in die Hochzinsfalle! Je mehr Zins ein Unternehmen oder ein Staat bietet, desto riskanter ist es, ihm sein Geld anzuvertrauen, und desto grösser ist das Ausfallrisiko. Kaufen Sie deshalb keine Anleihe, die nicht mindestens ein «A» in der Bonitätseinstufung der Rating-Agenturen hat.