K-Tipp-Leser Adrian Schäfer (Name geändert) aus Küsnacht ZH wollte seinen gut drei Jahre alten Renault Grand Scénic gegen einen neuen Renault Scénic eintauschen. Die Garage bewertete sein Auto auf Eurotax.ch, einer Bewertungsplattform für Fahrzeuge, und offerierte ihm für den Eintausch 10 508 Franken. Doch die Berechnung war nicht korrekt. Es gab gleich mehrere Fehler:
Die Inverkehrsetzung: Das eingegebene Datum war falsch. Die Garage hatte das Auto einen guten Monat älter gemacht, als es tatsächlich war. Klingt nach wenig, machte aber einen Unterschied von 270 Franken aus.
Der Katalogpreis: Er betrug gemäss Kaufvertrag 29 100 Franken. In der Datenbank von Eurotax ist für dieses Modell aber ein Katalogpreis von nur 26 300 Franken hinterlegt.
Die Sonderausstattung: Auch der Wert der Sonderausstattung war in der Berechnung zu niedrig: 1700 statt 2800 Franken. Das führte zu einem Fehler von nochmals gut 300 Franken.
Schäfer reklamierte mehrmals. Die Garage korrigierte daraufhin das Datum der Inverkehrsetzung, danach auch den Wert der Sonderausstattung. So stieg der Eintauschpreis von 10 508 auf 11 081 Franken. Die Differenz insgesamt: fast 600 Franken.
Den grössten Fehler merzte die Garage in ihrer Offerte allerdings nie aus – den falschen Katalogpreis. Zuerst behauptete sie, sie habe den Preis «wie auf Ihrem Kaufvertrag» übernommen – obwohl das nicht stimmt. Dann tat sie so, als würde der falsche Katalogpreis bei der Berechnung des Eintauschpreises gar keine Rolle spielen.
Am Ende blieb es deshalb beim Eintauschpreis von 11 081 Franken.
Datenbank bei einigen Autos unvollständig
Doch wie kommt Eurotax überhaupt auf die falschen Preise? Das Unternehmen mit Sitz in Pfäffikon SZ erhebt die Preise nicht selber. Die Fahrzeugimporteure liefern sie, und Eurotax füttert damit die eigene Datenbank, die sie für die Bewertungen nutzt. Und zwar sowohl mit den Preisen für die Autos als auch für die Sonderausstattung.
Nur: Der K-Tipp hat festgestellt, dass die Datenbank mit den Angaben zu Sonderausstattungen bei einigen Fahrzeugen nicht vollständig ist. Und dass beim Renault ein Katalogpreis hinterlegt ist, der noch gar nicht galt, als Schäfer damals den Kaufvertrag unterzeichnete.
Der Importeur, Renault Suisse, schreibt, Eurotax berechne den Eintauschpreis aufgrund des Nettopreises – also nach Abzug aller Rabatte. Doch das ist falsch. Denn Eurotax kennt den Preis, den der Käufer tatsächlich bezahlte, gar nicht.
Renault Suisse schreibt dem K-Tipp weiter: «Die Detailfragen müssten an Eurotax gestellt werden.» Eurotax seinerseits schreibt, der K-Tipp solle sich mit seinen Fragen an Renault Suisse wenden.
Problematisch sind die Eurotax-Bewertungen nicht nur, weil sie auf falschen Daten basieren. Problematisch ist auch, dass Eurotax als neutraler Auto-Bewerter angesehen wird. Der TCS bietet sogar «eine neutrale Bewertung gemäss Eurotax-Richtlinien» an.
Doch wie neutral ist Eurotax? Die Führungsleute kommen vornehmlich aus der Auto- und aus der Informatikbranche. Und in der sogenannten «gemischten Tarifierungskommission» von Eurotax und Autogewerbeverband sitzen Vertreter sämtlicher Automarken. Die Kommission überprüft die von Eurotax ermittelten Werte.
Die Ergebnisse fallen entsprechend aus. So sind die Differenzen zwischen dem Eintauschpreis, den ein Garagist dem Kunden anrechnen soll und dem Verkaufspreis, den er für die Occasion anschliessend verlangen kann, erheblich. Der K-Tipp errechnete Margen von 18 bis 38 Prozent.
Die wichtigsten Tipps für Autobesitzer:
- Darauf achten, dass in der Eurotax-Bewertung sämtliche Angaben korrekt sind.
- Wichtig sind Angaben wie Marke, Modell, Ausführung, Motor, erste Inverkehrsetzung, gefahrene Kilometer.
- Wenn diese Angaben stimmen, müsste auch der richtige Katalogpreis erscheinen. Diesen Preis mit dem Katalogpreis im seinerzeitigen Kaufvertrag vergleichen.
- Kontrollieren, ob die Sonderausstattung vollständig aufgeführt ist. Falls nicht: Einen Aufschlag auf den offerierten Eintauschpreis verlangen.
Zweifelhafte Bewertungen auch bei Comparis
Fahrzeugbewertung auf Eurotax.ch sind nicht gratis: Private zahlen pro Auftrag 11 Franken, Händler rund 3 Franken. Das Vergleichsportal Comparis hingegen ist kostenlos – doch auch auf diese Fahrzeugbewertungen ist kein Verlass. Der K-Tipp hat Comparis mit zwei siebenjährigen Škoda Roomster mit gleicher Ausstattung, gleicher Kilometerzahl, gleichem Hubraum und gleichem Verbrauch ausprobiert. Einziger Unterschied der zwei Autos: Der eine Škoda ist mit dem damals schon veralteten 86-PS- Motor ausgestattet, der andere mit dem damals modernen 105-PS-Motor.
Erstaunlich: Beim 105-PS-Modell kommt Comparis auf einen Marktwert von 6542 Franken, beim 86-PS-Modell auf fast 300 Franken mehr. Obwohl dieses Modell neu 1300 Franken weniger gekostet hatte. Comparis konnte dafür keine plausible Erklärung liefern.