Der Service public der Post soll ab 2030 noch viel stärker abgebaut werden als in den Jahren zuvor. Das fordert eine im Auftrag des Bundesrats eingesetzte «Expertenkommission Grundversorgung». Ende Februar stellte die Gruppe einen Bericht vor. Briefe sollen demnach nur noch an drei Tagen pro Woche zugestellt und die A-Post soll ganz abgeschafft werden.
Kommissionspräsidentin Christine Egerszegi begründete die Forderungen mit der «finanziellen Schieflage» der Post. Fakt ist: Die Post schrieb in den letzten zehn Jahren Gewinne von 6,9 Milliarden Franken.
Einzig Hans Werder ist ein Post-Kenner
Der K-Tipp nahm die Kommission unter die Lupe. Dabei zeigte sich: Neun von zehn «Post-Experten» sind alles andere als Experten. Einzig Hans Werder, früherer Generalsekretär im für die Post zuständigen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, hatte lange mit der Post zu tun. Und der Rest?
- Christine Egerszegi ist Kommissionspräsidentin. Die Sozialpolitikerin und Ex-Ständerätin (FDP/AG) reichte meist Vorstösse zu Vorsorge- und Gesundheitsthemen ein. Egerszegi sagt, als Teil der ständerätlichen Kommission für Verkehrs- und Fernmeldewesen habe sie «die Postgesetzgebung begleitet».
- Katia Delbiaggio doziert am Institut für Betriebs- und Regionalökonomie der Hochschule Luzern. Ihre Gebiete sind Wohnen und Raumplanung. Delbiaggio ist auch Mitglied der Elektrizitätskommission Elcom.
- Clémence Grisel Rapin ist Professorin für Verwaltungsrecht an der Uni Freiburg. Sie forschte zu öffentlichem Recht und zu Völkerrecht. Laut Lebenslauf war sie zwei Jahre lang Mitglied der Postaufsichtskommission Postcom.
- Karin Frick, Forschungsleiterin am Gottlieb Duttweiler Institut. Sie referiert nicht zur Post, sondern zu Konsum, Gesundheit und anderen Themen.
- Esther Schlumpf ist Projektleiterin beim Regions- und Wirtschaftszentrum Oberwallis. Sie arbeitete früher für die Studentenreisefirma Road Scholar.
- Erik Hofmann ist Direktor des Instituts für Lieferkettenmanagement der Uni St. Gallen. Er forscht nicht zur Post, sondern zu Einkauf und Beschaffung in der Industrie. Zuvor lehrte er Businessmanagement im Autogeschäft.
- Alenka Bonnard ist Co-Geschäftsleiterin des Berner Staatslabors, einer «Austauschplattform» für Verwaltung und Privatwirtschaft. Sie arbeitete früher für die Unternehmensberater Ernst & Young.
- Joël Luc Cachelin ist Geschäftsführer der Firma Wissensfabrik, die Unternehmen bei Veränderungen berät. Zuvor arbeitete er als HR-Berater.
- Oliver Wünsch, Partner im Bereich Finanzdienstleistungen bei der international tätigen Beratungsfirma Oliver Wyman. Bis 2012 arbeitete er für die Finanzmarktaufsicht Finma.
Auf Anfrage des K-Tipp räumt das Departement von Bundesrätin Sommaruga ein: Die Fachkenntnis der Kommission im Postgeschäft sei zwar gering. Wichtig seien aber «weitere fachliche Aspekte».
Jedes Mitglied, teilt das Departement mit, repräsentiere einen bestimmten Bereich, etwa «Digitalisierung», «Gesellschaft» und «junge Generation». Bei der Auswahl der Mitglieder achtete das Departement auch auf «Vielfalt betreffend Sprache, Alter und Geschlecht». Wichtiger als Fachkenntnis im Postgeschäft ist also die politische Korrektheit.
Der Bund bezahlte den Mitgliedern der «Expertenkommission» laut dem Departement total 105 000 Franken für ihre Arbeit in einem Jahr. Dazu kommen noch Spesen. Die Tagespauschale betrug für Mitglieder 1000 Franken, für die Präsidentin 1500 Franken.
Präsidentin Christine Egerszegi verteidigt die Auswahl der Mitglieder ihrer Kommission. Sie sagt zum K-Tipp: «Unser Auftrag war es, das Postgeschäft von aussen zu analysieren, nicht eine Innensicht der Post zu geben.» Darum habe man die Kommission «breit aufgestellt».