Pünktlich zum Tag des Schweizer Bieres am 28. April hat die Interessengemeinschaft der unabhängigen Schweizer Brauereien die «Probier Genusskiste 2017» auf den Markt gebracht. Bei Coop kostet sie Fr. 29.95. Die Kiste enthält 15 Biere von 15 Brauereien aus der ganzen Schweiz: zum Beispiel «Aare Bier» aus dem Berner Seeland, «Chopfab» aus Winterthur oder «Ueli Bier» aus Basel.
Allen Flaschen ist gemeinsam: Sie preisen den Inhalt als «schweizerisch» an. Auf der «Genusskiste» prangt denn auch prominent ein Schweizer Kreuz.
Bierzutaten kommen kaum aus der Schweiz
Doch bei den meisten Bieren stammt nur das Wasser aus der Schweiz. Die zwei wichtigsten Bierzutaten, Hopfen und Malz, werden aus dem Ausland importiert. Gerste zur Produktion von Braumalz wird laut dem Bauernverband in der Schweiz kaum angebaut. Zudem gibt es in der Schweiz keine Mälzerei, die nennenswerte Mengen Braugerste zu Malz verarbeitet.
Laut Alois Gmür von den unabhängigen Schweizer Brauereien haben diese zurzeit einen Marktanteil von 10 Prozent. Eine eigene Mälzerei würde sich nicht lohnen.
Auch Hopfen gibt es in der Schweiz nur wenig: Im Jahr 2015 produzierten laut Bundesamt für Statistik nur zehn Schweizer Bauern auf ihrem Land Hopfen. Die jährliche Erntemenge beträgt schätzungsweise rund 30 Tonnen und deckt damit gemäss dem Schweizer Brauerei-Verband knapp 10 Prozent des Bedarfs für die Bierproduktion der Schweiz.
Doch weshalb tragen die Biere trotzdem ein Schweizer Kreuz auf der Etikette? Möglich machen das die Swissness-Regeln. Seit Anfang Jahr darf ein Lebensmittel dann als schweizerisch bezeichnet werden, wenn mindestens 80 Prozent des Gewichts aus Schweizer Zutaten bestehen.
Bier: Wasser gilt als Schweizer Rohstoff
Wasser darf dabei grundsätzlich nicht angerechnet werden. Auf Druck der Branchen gibt es jedoch viele Ausnahmen («Saldo» 19/2016). Eine Extrawurst setzten auch die Schweizer Brauereien durch: Bei Bier gilt Wasser als Schweizer Rohstoff. Denn für Bier sei das Wasser «wesensbestimmend», heisst es in den Erläuterungen des Bundesamts für Landwirtschaft.
Als nicht wesensbestimmend gilt Wasser hingegen etwa bei verdünntem Fruchtsaft: Apfelschorle mit Schweizer Kreuz muss deshalb zwingend Äpfel von Schweizer Bäumen enthalten.
Warum ist das beim Bier anders? Marcel Kreber vom Brauerei-Verband sagt: «Die Wasserqualität spielt für den Brauprozess eine wichtige Rolle. Früher suchten Brauereien ihren Standort nach der Wasserquelle aus.»
Nur: Heute darf ganz normales Leitungswasser zum Brauen verwendet werden. Der eigentliche Grund für die Sonderregelung: Ohne das Wasser als Schweizer Rohstoff dürfte kaum ein Bier mehr als schweizerisch deklariert werden. Auch mit regionalen Bezeichnungen wie «Einsiedler» oder «Appenzeller» Bier wäre dann Schluss.
Wer ein Bier mit rein schweizerischen Zutaten trinken will, muss suchen: Gemäss Gmür liegt der Marktanteil von Bier mit Schweizer Gerste und Schweizer Hopfen bei unter 1 Prozent. Zwei Beispiele von wenigen: «Bio Mungga-Bier» und «Bio Steinbock-Bier» aus Davos GR.