«Fad, pappig, fettig, ranzig, widerlich»
Bei 4 von 20 Fasnachtschüechli-Proben war das verwendete Frittieröl verdorben, 7 Chüechli fielen bei der Degustation durch. Und: Die schmackhaftesten Fladen gibts beim Grossverteiler.
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K-Tipp 4/2003
26.02.2003
Markus Kellenberger - mkellenberger@ktipp.ch
Fasnacht ohne Fasnachtschüechli - da könnte man auch gleich auf Konfetti verzichten. Die welligen Fladen sind seit Jahrhunderten fester Bestandteil der Narrenzeit, denn wenn am Aschermittwoch die eigentliche Fastenzeit beginnt, schadet ein wenig Reserve auf den Rippen nicht.
Fasnachtschüechli sind extrem kalorienreich. Sie werden schwimmend in der Fritteuse gebacken und bestehen - kein Wunder - manchmal bis zur Hälfte aus reinem Fett. Der K-Tipp wollte wissen, wie gut dieses ...
Fasnacht ohne Fasnachtschüechli - da könnte man auch gleich auf Konfetti verzichten. Die welligen Fladen sind seit Jahrhunderten fester Bestandteil der Narrenzeit, denn wenn am Aschermittwoch die eigentliche Fastenzeit beginnt, schadet ein wenig Reserve auf den Rippen nicht.
Fasnachtschüechli sind extrem kalorienreich. Sie werden schwimmend in der Fritteuse gebacken und bestehen - kein Wunder - manchmal bis zur Hälfte aus reinem Fett. Der K-Tipp wollte wissen, wie gut dieses Öl ist, in dem die Knieplätze, wie die Chüechli auch heissen, ihre goldgelbe Farbe bekommen. In den Fasnachts-Hochburgen Basel und Luzern sowie in Bern und Zürich wurden deshalb bei 20 Kleinbäckereien und Grossverteilern Proben gekauft.
Das auf Fette und Öle spezialisierte Chemische Untersuchungsamt Hagen in Deutschland untersuchte die Ölqualität (siehe Kasten). Nach strengen Richtlinien liess es durch mehrere Testpersonen auch den Geschmack der Fasnachtschüechli beurteilen.
Die chemische Analyse brachte vier Proben zu Tage, die in verdorbenem Öl gebacken worden waren. Die Tatorte: in jedem Fall ein Kleinbetrieb (siehe Tabelle).
Die Bäckermeister Max Zangger aus Zürich und Peter Zai aus Luzern beschönigen nichts: Sie seien wohl selber schuld, meinen beide, man habe «der Ölqualität zu wenig Beachtung geschenkt».
Die Basler Bäckerei Berger bezieht die beanstandeten Chüechli von der Firma Neuenschwander in Grafenried BE, die auch Globus beliefert. Neuenschwander wiederum importiert die Chüechli aus dem Piemont, wo sie in einem kleinen Familienbetrieb hergestellt werden. «Als Fehlerquelle», schreibt Sachbearbeiter Franz Minan, «könnten einzig Rückstände beim Auswechseln des Frittieröls in Betracht gezogen werden.»
Ähnlich argumentiert man beim Weybeck in Luzern. Er benützt für die Chüechli-Produktion eine alte Fritteuse mit direkt im Öl liegenden Heizschlangen. «An diesen könnten während des Backens Mehlrückstände verkohlt sein und das Öl innert weniger Minuten verdorben haben», vermutet Geschäftsinhaber Walter Schnider.
Das ist laut Christian Gertz, Direktor des Chemischen Untersuchungsamtes Hagen, durchaus möglich, aber «keine Entschuldigung für schlampige Qualitätskontrollen». Zum Glück sei verdorbenes Öl kaum gesundheitsgefährdend. «Es kann zwar auf den Magen schlagen», sagt Gertz, der in Fachkreisen auch als «Fettpapst» bezeichnet wird. «Viel eher aber beeinflusst es den Geschmack des Produktes.»
Die Degustation durch die Spezialisten belegt diese Aussage. Alle in verdorbenem Öl gebackenen Fasnachtschüechli bekommen schlechte Geschmacksnoten (siehe Tabelle). Aber: Es gibt auch Proben, bei denen die Ölqualität einwandfrei ist, der Zungentest jedoch miserabel ausfällt. Das ist kein Widerspruch, sondern hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen wie Teigrezept, Ölsorte und was vorher alles in der Fritteuse schwamm.
Trotzdem: Wie schon beim Öltest schnitten auch beim Geschmackstest die Chüechli der kleinen Bäckereien insgesamt schlechter ab als die Massenprodukte der Grossverteiler. Am besten mundeten den Degustatoren die Knieplätze aus der Migros. Am zweitbesten schmeckten jene der Basler Bäckereien Krebs und Ziegler, von Epa, K-fresh, Manor und Marinello. Alle andern fallen deutlich ab.
Gastrokritiker Andrin Willi wundert das nicht. Auch auf der Redaktion der Gourmet-Zeitschrift «Salz & Pfeffer» seien die Migros-Chüechli am beliebtesten. «Irgendwie ist das eine Schande», seufzt Willi. «Aber es scheint tatsächlich so, als würde unseren Bäckern der Berufsstolz fehlen.»
So wurde getestet
Das Chemische Untersuchungsamt Hagen in Deutschland hat aus den Fasnachtschüechli das Frittieröl ausgefiltert und den darin enthaltenen Anteil polymerer Triglyzeride PTG bestimmt. Bei mehr als 9 g PTG pro 100 g Öl gilt das Öl als verdorben. Diese Methode ist genauer als die übliche Öl-Qualitätskontrolle, bei der das untersuchte Öl direkt aus der Fritteuse stammt.