Wer als fair oder nachhaltig angepriesene Schokolade kaufen will, findet in den Regalen der Grossverteiler eine grosse Auswahl. Bei Migros zum Beispiel tragen alle Frey- Schokoladen mindestens das UTZ-Label. Es steht – wie auch das von Rainforest Alliance – für nachhaltig produzierten Kakao. Fairtrade Max Havelaar verspricht faire Löhne und legt einen Mindestpreis für Kakao fest.
Erstaunlich: Auf den Preis einer Tafel Schokolade scheint die bessere Entlöhnung der Kakaobauern keinen Einfluss zu haben: Fairtrade-Milchschokolade gibt es zum Beispiel bei Coop schon ab 50 Rappen pro 100-Gramm-Tafel, Cailler-Milchschokolade ohne Siegel hingegen kostet Fr. 2.30 und mehr. Deshalb stellt sich die Frage: Können die Konsumenten trotzdem davon ausgehen, dass der Kakaobauer mehr Geld für seine Arbeit erhält, wenn seine Schokolade mit dem Fairtrade-Label zertifiziert ist?
Die Stiftung Max Havelaar ist für das Fairtrade- Label in der Schweiz verantwortlich. Sie sagte dem K-Tipp, sie wisse nicht, wie viel Bauern verdienen, deren Kakao das Max-Havelaar-Signet trägt. Laut Stiftungssprecher Patricio Frei haben die rund 200 000 zertifizierten Bauern aus 22 Ländern im Jahr 2017 rund 40 Millionen Dollar Prämien erhalten. Das Geld werde an Kooperativen ausbezahlt, die selbst entscheiden, wie es eingesetzt wird. Vom Geld bekommen die Bauern sehr wenig zu sehen.Das zeigte ein Bericht des «Kassensturz» von der Elfenbeinküste im Januar.
20 Rappen mehr pro Kilo Fairtrade-Bohnen
Der Kakaopreis auf dem Weltmarkt beträgt aktuell rund Fr. 2.20 pro Kilo Bohnen (Preis ab Schiff). Davon erhalten die Bauern nur einen Teil, der je nach Land und Kooperative stark variieren kann. Für Fairtrade-Bohnen werden pro Kilo 20 Rappen mehr bezahlt. Das macht pro Tafel Schokolade mit 50 Prozent Kakao-Anteil im Durchschnitt rund 1 Rappen aus.
Die Menschenrechtsorganisation Public Eye engagiert sich seit Jahren dafür, dass Kakaobauern von ihrer Arbeit leben können. Sie empfiehlt, nach Schokolade aus «direkt gehandelten Kakaobohnen» zu suchen. Dadurch würden Margen von Zwischenhändlern vermieden. Zudem würden langfristige Verträge den Bauern einigermassen stabile Preise sichern.
In der Schweiz gibt es verschiedene Schokoladenhersteller, die ihre Bohnen direkt bei den Bauern kaufen. Kleinere Chocolatiers zahlen jedoch ein Mehrfaches des Marktpreises. Mehrere zeigten dem K-Tipp ihre Unterlagen – inklusive Verträgen mit den Kakaobauern.
«Den Aufwand für Edelkakao honorieren»
Der Basler Schokoladenhersteller Idilio Origins zum Beispiel zahlt den Bauern in Venezuela rund Fr. 6.– pro Kilo Bohnen. Der Unterschied pro 100- Gramm-Tafel beträgt rund 20 Rappen. «Wir geben damit kein Almosen. Vielmehr wollen wir den Aufwand honorieren, der nötig ist, um Edelkakao in dieser Qualität herzustellen», sagt Mitinhaber Niklaus Blumer. «Die Bauern werden auch mit unserem Kakaopreis nicht reich. Aber es ist genug, um anständig über die Runden zu kommen.»
Die Chocolatiers Taucherli in Zürich und Sadé in Veyrier GE kaufen die Bohnen bei der Hacienda Betulia in Kolumbien. Deren Mitbesitzer Christian Vélez sagt, die Farm setze ihre Kakaobohnen zum gut Fünffachen des Marktpreises ab: für umgerechnet rund 10 Franken pro Kilo.
Andere beziehen ihren Kakao aus Afrika. Kunde einer Plantage in Kamerun ist L’Espace Chocolat mit Läden in Lausanne und Yverdon VD. Inhaber Christophe Moret zahlt Fr. 7.50 pro Kilo Bohnen inklusive Transport. «Dieser Preis wurde mir angeboten», sagt Moret. «Wenn man direkten Kontakt zu Produzenten hat, ist man umso mehr bereit, den richtigen Preis für Qualitätskakao zu bezahlen.»
Choba Choba gehört teils den Kakaobauern
Das Geschäftsmodell von Choba Choba geht einen Schritt weiter: Das Berner Schokoladenunternehmen gehört zu 22 Prozent peruanischen Kakaobauern, die den Rohstoff liefern. Choba Choba zahlt ihnen ab Hof Fr. 3.75 bis 4.80 pro Kilo. Dazu erhalten sie jährlich 5 Prozent des Umsatzes in Form von Bargeld, Aktien oder Projektunterstützung. 2018 resultierten daraus weitere 2 Franken pro Kilo Kakaobohnen.
Kakao macht nur 10 Prozent des Preises aus
Die Kosten für den Kakao haben nur einen kleinen Anteil am Preis für eine Tafel Schokolade. Kay Keusen von der Schokoladenfirma Taucherli in Zürich zeigt, wie der Ladenpreis einer 80-Gramm-Tafel mit einem Gehalt von 77 Prozent kolumbianischem Kakao zustandekommt.
Dass eine Tafel im Laden rund 10 Franken kostet, liegt nicht in erster Linie an einer besseren Bezahlung der Kakaobauern – sondern an der Verarbeitung und den Verkaufsmargen in der Schweiz.