Fast jede Krippe fährt ihr eigenes Finanzzügli
Happige 1000 Franken Einschreibegebühr für einen Platz in einer Kinderkrippe. Das kann passieren, wenn man den Vertrag nicht genau studiert.
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K-Tipp 19/2003
12.11.2003
Christine Frey - redaktion@ktipp.ch
Vor drei Jahren meldete die Familie Stalder-Telek ihren Sohn bei der privaten Kinderkrippe Wings School in Zürich an. Die Eltern bezahlten erst einmal 1000 Franken - in der Annahme, es handle sich dabei um ein Depot. Geld also, das sie später wieder zurückerhalten würden.
Doch das war ein Irrtum. Denn als die Familie ihr Kind wieder aus der Krippe nahm, stellte sich heraus: Die 1000 Franken waren eine reine Einschreibegebühr. Polly Bieri, Besitzerin der Krippe Wings School, r...
Vor drei Jahren meldete die Familie Stalder-Telek ihren Sohn bei der privaten Kinderkrippe Wings School in Zürich an. Die Eltern bezahlten erst einmal 1000 Franken - in der Annahme, es handle sich dabei um ein Depot. Geld also, das sie später wieder zurückerhalten würden.
Doch das war ein Irrtum. Denn als die Familie ihr Kind wieder aus der Krippe nahm, stellte sich heraus: Die 1000 Franken waren eine reine Einschreibegebühr. Polly Bieri, Besitzerin der Krippe Wings School, rechtfertigt sich: «Wir brauchen das Geld für spezielle Zwecke wie Ausflüge, Bastelmaterial und Geschenke.»
«Juristisch können wir so hohe Gebühren nicht anfechten, persönlich halte ich sie trotzdem für höchst fragwürdig», entgegnet Ulla Grob-Menges, Geschäftsführerin des Schweizerischen Krippenverbandes. Tatsächlich hat der Krippenverband zwar Fragen zur Ausbildung des Personals, der Räumlichkeiten und Hygiene geregelt. Doch Gebühren und Tarife können die Krippen selber festlegen. «Die Krippen-angebote folgen den Regeln des freien Wettbewerbs», sagt Grob-Menges. Mit anderen Worten: Solange es Familien gibt, die bereit sind zu zahlen, kann eine Krippe auch 1000 Franken Einschreibegebühr verlangen.
In einigen Kantonen fehlen gute Kontrollen
90 Prozent der Zürcher Kinderkrippen sind privat organisiert. Edith Roos vom Sozialdepartement der Stadt Zürich erklärt: «Die Eltern gehen mit der Krippe einen Vertrag ein. Da können wir keinen Einfluss nehmen.»
Allerdings bieten rund 80 Prozent der privaten Krippen auch subventionierte Plätze an. Die Stadt Zürich rechnet für jeden einzelnen Platz aus, wie viel die Eltern bezahlen müssen und was die Stadt übernimmt. Massgebend ist das steuerbare Einkommen plus ein bestimmter Anteil des steuerbaren Vermögens. Beispiel: Eine Familie mit 80 000 Franken Einkommen und 120 000 Franken Vermögen bringt ihr Kind drei Tage pro Woche in die Krippe. Ausgehend von einer Tagespauschale von 90 Franken betragen die Vollkosten monatlich 1134 Franken. «In diesem Fall würde die Stadt 360 Franken übernehmen, die Eltern bezahlen noch 774 Franken», rechnet Juanita Ibañez vom Zürcher Sozialdepartement vor.
Schweizweit herrscht bei den Krippentarifen jedoch kein einheitliches Bild. Praktisch jede Gemeinde hat ihr eigenes System. «Es fehlt eine Stelle, die alles koordiniert, damit nicht alle das Rad neu erfinden müssen. Zudem werden die privaten Krippen nicht in sämtlichen Kantonen ausreichend kontrolliert», bemängelt die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr.
Massive Belastung für finanziell Schwache
Dabei sind die Ausgaben für die Kinderbetreuung in einer Krippe nicht nur für die finanziell Schwächsten und Alleinerziehende massiv. «Auch für Familien aus dem Mittelstand sind die Kosten hoch, gerade weil sie bei den Subventionen häufig leer ausgehen», sagt Grob-Menges. Vielerorts kostet eine Tagespauschale pro Kind rund 100 Franken.
Somit bezahlt eine Familie, die keine finanzielle Unterstützung erhält und zwei Kinder fünf Tage die Woche in die Krippe gibt, jährlich zwischen 45 000 und 48 000 Franken. Zum Vergleich:
Eine Familie in Zürich, die nur den absoluten Minimalbeitrag von 11 Franken übernehmen muss, bezahlt noch einen Zehntel, also rund 5000 Franken.
Weitere Informationen:
- Sozialabteilungen der Gemeinden und Kantone
- www.kinderkrippen-online. ch (zahlreiche Krippen nach Kantonen geordnet)
- www.childcare.ch (Orientierungshilfe für Mitarbeiter beteiligter Firmen in den Städten Basel, Bern, Zug und Zürich).
Nur zwei Kantone kennen keine Abzugslimite
Die meisten Kantone sehen für Doppelverdiener und Alleinerziehende einen Betreuungs- oder Sozialabzug für die Kinderbetreuung durch Dritte vor (Krippe, Tagesmutter oder -schule, Aupair-Mädchen). In den Kantonen AR und OW gibts keine Abzugslimite. In den restlichen Kantonen kann nur ein Bruchteil der Kosten von den Steuern abgezogen werden. Beispiele: AG maximal Fr. 6000.- pro Kind und Jahr, BE Fr. 1500.-, LU Fr. 2300.-, SG Fr. 2000.-, UR Fr. 2000.-, ZH Fr. 3000.-.