Es begann mit der scheinbar einfachen Reparatur eines Glasdaches oder einer Balkontüre – und endete mit einem Streit um Tausende Franken oder Klagen vor Gericht: Das erlebten mehrere K-Tipp-Leser, die im Internet nach einem Handwerker gesucht hatten und auf Seiten wie Fenster48.ch oder Fensterreparatur24.ch gelandet waren.
Eine der Betroffenen ist Eliane Kobi aus Biberen BE. Im vergangenen Jahr ging bei ihr zu Hause während eines Sturms das Glasdach über dem Grill zu Bruch. Bei der Suche nach einem Reparateur stiess sie im Internet auf die Adresse Fenster48.ch. Die Seite wurde bei der Suchmaschine von Google als einer der obersten Suchtreffer angezeigt.
8100 Franken für Glasersatz verlangt
Eliane Kobi wählte die bei Fenster48.ch angegebene Telefonnummer. Bereits am nächsten Tag kam ein Handwerker vorbei. Dieser mass das Dach aus und klebte es mit einer Plastikfolie ab. Das dauerte gemäss Kobi weniger als eine Stunde.
Auf Rat ihrer Gebäudeversicherung verlangte die Bernerin für die Reparatur einen schriftlichen Kostenvoranschlag. «Ich musste mehrmals nachhaken», erinnert sich die Rentnerin. Schliesslich bekam sie ein E-Mail, in dem es lediglich hiess: «1000 Franken».
Im April liess Eliane Kobi die Reparatur ausführen. Dies habe zwei bis drei Stunden gedauert, sagt sie. Ende August erhielt sie dafür von einer FTG Service + Fensterbau GmbH mit Sitz in Studen BE eine Rechnung über happige 8100 Franken. Kobi fiel aus allen Wolken: «Zu diesem Preis hätte ich den Auftrag niemals vergeben.»
Die FTG Service war die Betreiberin der Seite Fenster48.ch – was im Impressum nicht ersichtlich war. Geschäftsführer Bilal Akyol stellte pauschal und nicht nach Aufwand Rechnung: Die 1000 Franken würden lediglich die Kosten für «Planung, Massnahme und Abklärungen» decken. Er forderte zusätzlich 2890 Franken für das Notfallprovisorium und 3620 Franken für den Ersatz der Glasscheiben. Kobi reklamierte erfolglos und wandte sich an den K-Tipp.
Der K-Tipp legte Kobis Rechnung dem Schweizerischen Fachglasverband vor. Glasbauexperte Daniel Zurkirchen findet die 1000 Franken für die Planung und die 2890 Franken für die Abdeckung mit der Plastikfolie unhaltbar. Bei komplizierten Projekten sei für die Planung ein Stundenansatz von etwa 150 Franken angemessen.Das Abdecken mit Plastikfolie sei nicht aufwendig und dürfte laut Zurkirchen nicht mehr als wenige Hundert Franken kosten. Der Betrag für den Ersatz der Scheiben sei «an der oberen Toleranzgrenze angesetzt».
Fensterbauer zieht Kunden vor Gericht
FTG-Geschäftsführer Bilal Akyol besteht trotzdem auf dem gesamten Rechnungsbetrag. Er behauptet auf Anfrage des K-Tipp, Kobi habe den «ihr bestens bekannten Pauschalauftrag angenommen». Doch dafür lieferte er trotz mehreren Nachfragen keinen schriftlichen Beleg. Eliane Kobi weigert sich deshalb, die Rechnung zu bezahlen.
Die FTG Service + Fensterbau GmbH betreibt auch die Internetseiten Fensterreparatur24.ch, Glas-experten.ch, Glasexpress-zh.ch und Glasnotdienst24.ch. Geschäftsführer Bilal Akyol wollte seine Rechnungen auch schon vor Gericht durchsetzen. Das erlebte K-Tipp-Leser Antonio Lopez (Name geändert) aus Baar ZG. Er stiess im Internet auf die FTG Service und die Fensterbau AG, als er im Winter 2022 einen Notfalldienst für seine Balkontüre suchte. Diese liess sich nicht mehr schliessen.
Die Reparatur dauerte laut Lopez etwa eineinhalb Stunden. Er erhielt daraufhin eine Rechnung über pauschal 4000 Franken. Der Rentner weigerte sich, diesen Betrag zu bezahlen. Nach Rücksprache mit einem ansässigen Fensterbauer schlug er eine Kürzung auf 940 Franken vor. Akyol wollte davon nichts wissen und klagte beim Kantonsgericht Zug.
Den Richtern legte Akyol eine von Lopez angeblich unterschriebene Auftragsbestätigung vor. Dazu sagt Lopez, er habe die erste Seite des zweiseitigen Dokuments mit dem Betrag von 4000 Franken nie gesehen. Diese sei nachträglich eingefügt worden. Auch andere Betroffene berichten, dass nachträglich eine Seite beigefügt worden sei.
Schliesslich einigte sich Lopez mit Akyol auf einen Betrag von 2700 Franken, da er weitere Gerichts- und Anwaltskosten vermeiden wollte. Akyol sagt gegenüber dem K-Tipp, Lopez sei die gesamte Auftragsbestätigung vorgelegen.
Vorsicht bei weiteren Glasfirmen
Bilal Akyol ist gemäss Handelsregister Geschäftsführer von weiteren Firmen: Berner Glaserei + Fenster GmbH, Helvetia Glas GmbH, Swiss Glasbau GmbH, Viterie Jura GmbH, Viterie Christ GmbH und Viterie Neuchâteloise GmbH.
So wird die Handwerkersuche nicht zum Reinfall
■ Bei den obersten Suchresultaten von Internetsuchmaschinen wie Google handelt es sich oft um bezahlte Werbung. Wählen Sie keine solchen Handwerker, sondern suchen Sie eine Firma in Ihrer näheren Umgebung.
■ Erkundigen Sie sich bereits am Telefon nach dem ungefähren Preis. Seriöse Handwerker sind transparent, zum Beispiel bei Wegkosten oder Zuschlägen für Wochenendeinsätze. Lassen Sie sich die Offerte per E-Mail bestätigen.
■ Unterschreiben Sie einen Arbeitsrapport nicht, wenn die Angaben dort nicht zutreffen.
■ Vereinbaren Sie nur eine Pauschale, wenn diese nicht zu hoch erscheint. Denn: Einigt man sich mit dem Handwerker auf eine Pauschale, ist diese auch geschuldet.
■ Ein Betrag in einer Offerte, die als Richtofferte überschrieben ist, darf nur geringfügig übertroffen werden – nämlich um rund 10 Prozent. Sind die Mehrkosten höher, muss der Handwerker vom Kunden das Einverständnis zur Mehrarbeit einholen.
■ Ist kein bestimmter Betrag vereinbart, gelten die üblichen Tarife. Erkunden Sie sich in solchen Fällen beim Branchenverbandes Handwerkers nach dem üblichen Tarif.