Salat selber waschen und rüsten ist mühsam. Praktischer sind fertig gewaschene Salate aus dem Plastikbeutel. Sie hielten Mitte der 1990er-Jahre Einzug in die Schweiz. Doch die Bequemlichkeit hat ihren Preis: Hundert Gramm servierfertiger Gärtnersalat aus dem Denner (bestehend aus Zuckerhut, Frisée und Rüebli) kosten 93 Rappen. Kauft man die drei Salatsorten separat und nicht vorgewaschen, bekommt man für diesen Betrag die dreifache Menge.
Der K-Tipp wollte wissen, wie stark die Fertig-Salate mit Pestiziden belastet sind. Dafür schickte er 20 Salate in ein spezialisiertes Labor. Die meisten geprüften Salate stammen aus Spanien, Italien, Frankreich und der Schweiz.
In 19 Salaten steckten Spritzmittelrückstände. Insgesamt fand das Labor 17 verschiedene Pestizide. Nur der Migros-Bio-Mischsalat war unbelastet.
Positiv: Mehr als die Hälfte der Produkte enthielt lediglich Spuren oder geringe Mengen an Spritzmitteln. Und nur bei drei Produkten war die Belastung vergleichsweise hoch: «Betty Bossi Salat-Bouquet», «Back to the Roots» von Denner und «Premium Salat» von Lidl. Gesetzliche Höchstwerte wurden nicht überschritten.
Pestizide gibts auch in teureren Salaten
Vom Preis kann man nicht auf die Pestizidmenge schliessen: Unter den sechs am wenigsten belasteten Salaten gibt es Produkte für rund 70 Rappen pro 100 Gramm, aber auch solche für Fr. 2.60.
Pestizide werden von den Herstellern oft beschönigend «Pflanzenschutzmittel» genannt. Sie können aber Mensch und Umwelt schaden: Viele gelten als krebserregend. Sie reizen die Haut, schädigen Wasserorganismen und bauen sich in Boden und Wasser nur schwer ab. Besonders häufig fanden die Experten in den getesteten Produkten Fungizide. Bauern setzen sie ein, um zu verhindern, dass sich Pilzerkrankungen auf den Gemüsefeldern zu stark ausbreiten. Die Stoffe heissen etwa Azoxystrobin, Difenoconazol und Boscalid und werden von den Chemiefirmen als Pflanzenschutzmittel angepriesen.
In den getesteten Salaten steckten häufig auch Insektizide: Stoffe wie Imidacloprid und Thiamethoxam sollen die Salate vor gefrässigen Insekten schützen. Sie sind gleichzeitig aber auch giftig für Bienen und Vögel.
Mehrfachrückstände sind der Normalfall
Das Labor stiess in vielen Beuteln auf verschiedene Chemikalien. Solche Mehrfach-Rückstände sind heute der Normalfall, wie die Untersuchungen von K-Tipp und «Saldo» der vergangenen Jahre zeigen: In Erdbeeren («Saldo» 12/2017) oder in Wein (K-Tipp 1/2015) wurden bereits bis zu acht verschiedene Pestizide in einem Produkt nachgewiesen. Im aktuell getesteten Salat «Back to the Roots» von Denner zählte das Labor 11 Chemikalien.
Wie die einzelnen Gifte untereinander reagieren, ist wenig erforscht. Bislang gibt es nur Grenzwerte für einzelne Pestizide – nicht aber für die Summe von mehreren Spritzmitteln. Immerhin: Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa arbeitet zurzeit im Rahmen eines Pilotprojektes an einer computerunterstützten Methode zur Bewertung der Risiken, die von «Pestizid-Cocktails» ausgehen. Sie basiert auf der Annahme, dass sich die Wirkungen verschiedener Spritzmittel gegenseitig verstärken. In etwa drei Jahren soll die Methode zur Verfügung stehen.
Lidl und Aldi wollen nachbessern
Der K-Tipp bewertet bei Pestizid-Untersuchungen seit einigen Jahren nicht nur die Gesamtmenge der gefundenen Pestizide, sondern wertet Proben mit Mehrfachrückständen zusätzlich ab. Das heisst: Ab vier Rückständen über 0,01 Milligramm pro Kilo werden Produkte herabgestuft.
Migros und Denner geben an, sich bei den Mehrfachrückständen nach den Vorgaben des Vereins «Swiss Gap» zu richten. Dieser erachtet bei Salaten vier bis fünf Rückstände von Pestiziden als akzeptabel. Nur: Der Verein wurde von Verbänden aus der Gemüse- und Früchtebranche gegründet. Lidl und Aldi kündigten an, die Pestizidbelastung ihrer Produkte zu reduzieren.
Wer wissen möchte, wie stark rohes Gemüse im Offenverkauf mit Pestiziden belastet ist: Im nächsten K-Tipp gibt es dazu einen Test.
Gemüse abwaschen bringt wenig
Abwaschen und Abtupfen von Gemüse und Früchten hilft zwar aus hygienischen Gründen – aber wenig gegen Pestizidrückstände. Denn viele Spritzmittel sind nicht wasserlöslich. Zudem dringen einige Substanzen in die Produkte ein. Befinden sich die Pestizide unter der Oberfläche, beispielsweise im Fruchtfleisch von Trauben, hilft kein Wasser. Auch frühere Versuche des deutschen Infodienstes für Verbraucherschutz mit Zitronensäure oder gar Geschirrspülmittel zeigten keine Wirkung gegen Rückstände von pilzabtötenden Mitteln (Fungizide).
Wer möglichst wenig Spritzmittel zu sich nehmen will, sollte auf Lebensmittel aus biologischem Anbau setzen: In einer K-Tipp-Untersuchung von 29 Proben Bio-Gemüse fand das beauftragte Labor keine Pestizidrückstände (Ausgabe 19/2016).