Post-Chef Roberto Cirillo stellte im April 2020 seine neue Unternehmensstrategie vor. Er versprach: «Die Post wird sich auf das Kerngeschäft konzentrieren.» Doch der Staatsbetrieb tut genau das Gegenteil: Im letzten Jahr setzte er den Abbau bei den Poststellen ungebremst fort, wie eine Erhebung des K-Tipp zeigt.
2021 schloss die Post 103 der verbliebenen 904 Filialen. Für Einwohner der betroffenen Gemeinden sind die Schliessungen ein spürbarer Abbau des Service public. Denn nur in den Poststellen können sie Auslandpakete aufgeben und verzollen, Einzahlungen mit Bargeld tätigen und Bargeld beziehen. Die Postagenturen in Lebensmittelläden oder Apotheken bieten diese Dienstleistungen nicht an. Zudem leert die Post ihre Briefkästen seltener und früher («Saldo» 17/2021). Gleichzeitig erhöht die Post die Preise. Das Porto für Briefe und Auslandpakete wurde teurer.
Filialen sind weniger lang geöffnet
Die Post kürzt zudem bei verbliebenen Filialen oft die Schalterzeiten. Der K-Tipp verglich die aktuellen Öffnungszeiten aller Poststellen mit jenen im letzten September. Resultat: 26 Filialen sind heute weniger lang geöffnet. Immerhin: Bei 9 Filialen erhöhte die Post die Schalterzeit um einige Stunden.
Der Bundesrat lässt der Post freie Hand. Er nehme «auf das operative Geschäft keinen Einfluss», schreibt das zuständige Departement von Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Der Abbau missfällt bürgerlichen Politikern. So kritisiert FDP-Nationalrat Matthias Jauslin: «Der Bundesrat stiehlt sich aus der Verantwortung.»
Die Post könnte sich einen guten Service public leisten. Preisüberwacher Stefan Meierhans sagt: «Der Post geht es finanziell sehr gut.» Paket- und Briefpost seien «hochprofitabel». Das belegen die Geschäftsberichte der Post. In den letzten zehn Jahren schrieb der Betrieb Gewinne von 6,9 Milliarden Franken. Bei der Brief- post allein waren es 3,3 Milliarden.
Die Post sagt, sie baue «nicht ab, sondern um».Immer mehr Kunden würden Automaten benutzen, um Pakete zu versenden oder abzuholen. Bei den Schalterzeiten passe sich die Post «den Kundenfrequenzen an». Doch sie unterschlägt, dass der Wechsel auf Automaten eben eine Folge der Schalterschliessungen und verschlechterten Öffnungszeiten ist.
Aktuell gibt es in der Schweiz noch 796 Poststellen. Noch vor zehn Jahren betrieb die Post rund 1850 Filialen. Eine «Expertenkommission» des Bundes fordert einen noch grösseren Abbau beim Service public.
Vollständige Liste der 2021 geschlossenen Poststellen auf Ktipp.ch/poststellen
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Rigoroser Abbau von Service Public in Randregionen
Im Frühjahr 2022 wurde die Filiale in Nesslau geschlossen: Ein wichtiger Kontenpunkt im oberen Toggenburg bezüglich ÖV (Endstation Bahn und Knotenpunkt Postauto) und zentraler Ort für die Grundschule im Obertoggenburg. Nun wurde sogar der einzige existierende Postomat der Gemeinde (eine der grössten Gemeinde im Kanton St. Gallen) sowie der Briefkasten beim Bahnhof entfernt ... in einer ländlichen Gegend wo Bargeld und Briefverkehr noch einen hohen Stellenwert haben. Es gibt zwar nun eine integrierte "Poststation" in einem Fachgeschäft aber dennoch ist hier nur Bargeldbezug von 50.-CHF "gesichert" ... ist das "Service Public"? Es gibt hier einige ältere Personen hier, die noch nie mit einem Computer "gearbeitet" haben oder auch behinderte Personen die für eine Hilfe z.B. bei Einzahlungen dankbar sind ... diese Unterstützung Seitens der Post ist nun hier wegrationalisiert worden. Wir (fast) alle zahlen Steuern in der Schweiz, worin ein Teil an den Service Public fliesst ... wo bleibt hier die Gegenleistung (auch bei abgelegenen Orte, die unrentabel sind)?
Liste
Jetzt funktioniert der Link. Freundliche Grüsse, Marc Mair-Noack, Redaktion K-Tipp
Link landet im Nirvana
Der Link Ktipp.ch/poststellen landet im 404. Nicht Vorhanden, schade.