Remo Beyer (Name geändert) aus Winterthur ZH bleibt auf einer Zahnarztrechnung in der Höhe von rund 10'000 Franken sitzen. Die Krankenkasse Visana weigert sich, die kieferorthopädische Behandlung seiner elfjährigen Tochter zu übernehmen.
Die Zahnzusatzversicherung hatte Beyer bei Visana vor eineinhalb Jahren abgeschlossen. Die Prämie beträgt knapp 150 Franken im Jahr.
Die Visana will die Rechnung nicht bezahlen, weil Beyer den Versicherungsantrag falsch ausgefüllt habe. Er habe zum Zeitpunkt des Antrags schon gewusst, dass seine Tochter eine Kieferbehandlung benötigen würde, sagt die Krankenkasse. Das habe Beyer im Gesundheitsfragebogen wahrheitswidrig verneint.
In diesem Fragebogen lauteten die Fragen: «Besteht eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung oder wurde eine Behandlung empfohlen? Wurde ein Verdacht geäussert bezüglich einer Kiefer- oder Zahnfehlstellung? Ist deswegen eine Abklärung, Behandlung oder Zahnstellungskorrektur geplant, oder hat die Behandlung bereits begonnen?»
Remo Beyer bestreitet, die Fragen falsch beantwortet zu haben. Im März 2023 hatte ihn ein Versicherungsvermittler der Maklerfirma 24/7 Versicherungen AG zu Hause besucht. Er machte ihm die Zusatzversicherung der Visana schmackhaft – und füllte den Gesundheitsfragebogen für den Versicherungsantrag am Tablet gleich selber aus.
Remo Beyer sagt, er habe die Fragen mündlich beantwortet. Dabei habe er die Frage nach der Fehlstellung der Zähne der Tochter bejaht. Seine Tochter trug damals bereits eine Zahnspange.
Makler erhalten nur für neue Kunden Provision
Der erwähnte Versicherungsvermittler hat die Maklerfirma 24/7 Versicherungen in der Zwischenzeit verlassen. Er behauptet gegenüber dem K-Tipp, er habe den Antrag gemäss Beyers Angaben ausgefüllt. Seine Chefs hätten den Fragebogen jedoch verändert, damit die Visana den Antrag durchwinke. Das sei häufig geschehen, um zu verhindern, dass Krankenkassen Anträge aufgrund von Vorerkrankungen der Antragsteller ablehnten. Denn die Vermittler erhalten nur Provisionen, wenn sie neue Kunden bringen.
Remo Beyer ist nicht der einzige Kunde, der mit der 24/7 Versicherungen AG schlechte Erfahrungen machte. So bekam eine K-Tipp-Leserin nach einem Beratungsgespräch eine Offerte für eine Zusatzversicherung bei der Innova. Der Vermittler sagte ihr, vor dem Vertragsabschluss werde sich sein Chef bei ihr melden, um die Gesundheitsdeklaration telefonisch auszufüllen. Das war der Leserin wichtig. Denn sie erhält monatlich Injektionen gegen Asthma und Nesselsucht, die ihre bisherige Zusatzversicherung übernahm. Die Leserin wollte sicherstellen, dass die neue Versicherung diese Therapie auch bezahlt.
Vertrag wegen Krankheit annulliert
Der Chef der Firma rief die Frau aber nie an. Stattdessen erhielt sie wenig später einen Vertrag für ihre neue Versicherung, obwohl sie noch nicht unterschrieben hatte. Die Leserin reklamierte bei der Innova. Diese annullierte den Vertrag, als sie von den Injektionen erfuhr.
Mehrere ehemalige Mitarbeiter der 24/7 Versicherungen sagen dem K-Tipp, die Vorgesetzten hätten die Angestellten dazu gedrängt, so viele Verträge wie möglich abzuschliessen und negative Folgen für die Versicherten in Kauf zu nehmen. Adem Yorgun, einziger Verwaltungsrat der Firma, weist die Vorwürfe zurück. Ehemalige Mitarbeiter würden versuchen, dem Ruf seiner Firma zu schaden.
Im Fall von Remo Beyer durfte die Visana die Leistung verweigern, weil die Fragen im Antrag wahrheitswidrig beantwortet waren. Das Versicherungsvertragsgesetz ist hier unerbittlich: Die Versicherung darf den Vertrag per sofort auflösen und muss nichts bezahlen. Überwiesene Prämien erhält man nicht zurück. Das gilt auch dann, wenn man die Fragen nicht selber beantwortet hat, sondern ein Vermittler den Fragebogen ausfüllt.
Das Bundesgericht hielt wiederholt fest: Fehlerhaftes Verhalten eines Versicherungsagenten hilft den Versicherten nicht, wenn sie den Antrag schliesslich unterzeichnet haben. Ausnahme: Füllt ein Angestellter einer Versicherungsgesellschaft den Antrag falsch aus, muss sich diese das Fehlverhalten anrechnen lassen.
Zusatzversicherung beantragen: Das ist zu beachten
- Es empfiehlt sich, mehrere Offerten einzuholen, bevor man einen Antrag unterschreibt.
- Den Gesundheitsfragebogen sollte man persönlich und genau ausfüllen. Der Antragsteller ist dafür verantwortlich, dass die Antworten korrekt sind. Von einem Versicherungsberater sollte man sich keinesfalls zu ungenauen Angaben verleiten lassen.
- Immer eine Kopie des Antrags verlangen. So kann man überprüfen, ob am Antrag nachträglich etwas geändert wurde.
- Viele Infos und Tipps zu Zusatzversicherungen liefert der K-Tipp-Ratgeber So sind Sie richtig versichert.