Die Debatte um «No Billag» kocht seit Wochen hoch. Die Initiative will es dem Bund verbieten, Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen zu erheben. Auch soll er Radio- und Fernsehstationen nicht anderweitig subventionieren dürfen. Am 4. März stimmen die Schweizer Stimmbürger über «No Billag» ab.
Erstaunlich: Absatz 3 des vorgeschlagenen Verfassungsartikels gab bis jetzt kaum zu reden. Dabei birgt er Zündstoff. Er verlangt: «Der Bund versteigert regelmässig Konzessionen für Radio und Fernsehen.» Eine Sendeerlaubnis erhält also, wer am meisten dafür zahlt.
Beim Verband der Schweizer Privatradios ist man von der Aussicht nicht angetan, dass Konzessionen künftig an Meistbietende gehen sollen. «Das könnten grosse Investoren oder gar Medienkonzerne aus dem Ausland sein», warnt Vizepräsident Martin Muerner.
Ähnlich sieht es SP-Nationalrat und Medienpolitiker Roger Nordmann. In einer Analyse zur Initiative kommt er zum Schluss: «Milliardäre, die den Kurs von Politik und Gesellschaft beeinflussen wollen», hätten die besten Chancen, bei den Versteigerungen zu gewinnen. «Namen, die sich aufdrängen, sind die Blocher-Familie, der Zürcher Autounternehmer Walter Frey oder andere Akteure mit Geld und Macht.»
Politik könnte Kriterien für Vergabe festlegen
Laut Medienrechtsexperte Urs Saxer, Professor an der Uni Zürich, kann der Gesetzgeber regulieren, wer zu einer Versteigerung zugelassen wird. Er habe die Möglichkeit, «qualitative Kriterien» für Bieter vorzusehen.
Wie die «Versteigerungspflicht» konkret umzusetzen wäre, müssten Bundesrat und Parlament festlegen, sagt André Moesch, Präsident von Telesuisse, des Verbands der Schweizer Regionalfernsehen. «Sollte die Politik eine strenge Auslegung der Initiative wählen, müsste künftig jeder, der Radio oder TV machen möchte, eine Konzession ersteigern.»
In diesem Punkt spielen die Initianten die Bedeutung ihres Initiativtexts herunter. Absatz 3 solle nur die Vergabe der UKW-Frequenzen regeln, solange diese noch laufen. Ende 2024 werde der Umzug des Radioangebots von UKW auf das digitale Netz DAB+ erledigt sein.
Sprecher Andreas Kleeb räumt zwar ein, dass auch bei DAB+ und beim terrestrischen digitalen Fernsehen DVB-T die Sendeplätze limitiert sind. «Wenn aber alle Frequenzblöcke, die der Schweiz zur Verfügung stehen, aktiviert würden, wären technisch mehrere Hundert Sendeplätze verfügbar – also wesentlich mehr, als nachgefragt wird.» Zudem würden DAB+ und DVB-T zunehmend durch das Internet als Verbreitungskanal abgelöst, das «unendliche Möglichkeiten» biete.
Das Bundesamt für Kommunikation will über die Folgen von Absatz 3 des Initiativtexts nicht spekulieren. Bei einem Ja würde es Jahre dauern, bis Gesetz und Verordnung erarbeitet seien. «Der Ausgang dieses Prozesses ist unklar.» Deshalb könne noch niemand verbindlich sagen, welche Arten von Konzessionen versteigert werden müssten.