Der K-Tipp kaufte im Mai bei den Grossverteilern 20 abgepackte geschnittene Früchte ein. Und zehn weitere Proben schöpften die Redaktoren in Migros- und Coop-Restaurants sowie bei Manor Food.
Alle Produkte wurden gekühlt in ein Labor gebracht. Die Experten untersuchten die Fruchtstücke auf Bakterien und Pilze. Das abgepackte Obst wurde am Ablaufdatum, jenes aus dem Offenverkauf am Tag der Probenahme geprüft (siehe «So wurde getestet»). Die Preise für 100 Gramm lagen zwischen Fr. 1.29 («Anna’s Best Fruchtsalat Saison» von der Migros) und Fr. 5.27 («Fruits du jour Granatapfelkerne», Globus).
Nur zwei Produkte schnitten sehr gut ab
Laut der Schweizer Hygieneverordnung darf bei in Läden und Restaurants verkauftem Fruchtsalat Schimmel «von blossem Auge nicht erkennbar sein». Für die Darm- und Umweltkeime Enterobakterien sowie Hefepilze gibts keine Werte. Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit sei das «Sache der Branche» – also der Hersteller. Der K-Tipp bewertete die geschnittenen Früchte deshalb nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) für geschnittenes und abgepacktes Obst.
Die gute Nachricht: Kein Produkt wies Staphylokokken, Salmonellen, Listerien oder die Darmbakterien Escherichia coli auf. Trotzdem schnitten nur 2 der 30 Proben sehr gut ab: die abgepackten Granatapfelkerne von Globus und eine offene Fruchtmischung von Manor (siehe Tabelle im PDF). Das Labor fand in diesen Proben weder Pilze noch Bakterien. Weitere 15 Produkte wiesen nur tiefe Keimzahlen auf. Sie erhielten das Gesamturteil «gut».
11 Fertigprodukte überschritten die Richtwerte für Enterobakterien, Hefe- oder Schimmelpilze. Das bedeutet: Die Produzenten sollten den Herstellungsprozess überprüfen und Massnahmen zur Verbesserung der Hygiene einleiten. Die sechs Produkte mit erhöhtem Schimmelanteil enthielten Heidel- oder Erdbeeren. Eine «Saldo»- Stichprobe zeigte: Beeren sind besonders anfällig für Schimmel. Alle 20 getesteten Proben von frischen Beeren wiesen Schimmelpilze auf («Saldo» 12/2018).
Melonenstücke waren verdorben
Eindeutig verdorben waren die Melonenstücke aus dem Zürcher Coop-Restaurant St. Annahof. Die allgemeine mikrobielle Belastung war deutlich zu hoch. Zudem wies die Probe eine Anzahl Enterobakterien auf, die weit über dem Warnwert lag. Wer solche Früchte isst, riskiert Brechdurchfall (siehe auch Interview unten).
In der Regel sind offen verkaufte Fruchtsalate frischer als abgepackte. Das zeigen die Ergebnisse der K-Tipp-Stichprobe klar. Die abgepackten Obststücke sind je nach Verpackungsangaben drei bis acht Tage ab Produktionsdatum haltbar. Das Risiko, dass geschnittene Früchte zu lange und zu warm gelagert werden, ist gross.
Globus will Datum der Haltbarkeit verkürzen
Hersteller und Händler geben an, die Haltbarkeit geschnittener Früchte durch eigene Labortests zu ermitteln. Globus findet den Gehalt an Schimmelpilzen im exotischen Fruchtsalat jedoch «klar zu hoch» – und verspricht, die Haltbarkeitsdauer bei selber produzierten Fruchtsalaten «um einen Tag zu verkürzen».
Coop schreibt zu den verdorbenen Melonen aus dem Restaurant: «Wir ergreifen die nötigen Massnahmen.» Valora, Besitzerin der Avec-Shops, will mit dem Lieferanten abklären, wie man erhöhte Schimmelwerte künftig vermeiden kann. Manor spricht bei der verkauften Beerenmischung mit erhöhtem Schimmelgehalt von einem «Einzelfall».
Spar sagt, dass die gesetzlichen Richtwerte eingehalten wurden. Die Migros will die Werte «so tief wie möglich» halten: «Dies ist aber nicht bei allen Früchten gleich gut machbar.» Mitarbeiter müssten «in der Hochrisikozone, wo die Früchte geschnitten werden, Haarnetz, Handschuhe, Plastiküberzugsärmel, Plastikschürzen, Kopfhaube und Mundschutz tragen».
«Die Hersteller versuchen, die Verbrauchsfristen auszunutzen»
Dirk Bockmühl, Professor für Hygiene und Mikrobiologie an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve (D), zu Hygienemängeln beim Herstellen von Fruchtsalaten.
11 von 30 Fruchtsalaten waren am Verbrauchsdatum stark verkeimt. Erstaunt Sie das?
Die gefundenen Keimzahlen lassen darauf schliessen, dass Hersteller und Verkäufer versuchen, die Verbrauchsfristen so weit wie möglich auszunutzen. Das ist fragwürdig. Konsumenten können mikrobiologische Probleme meist nicht erkennen. Ein zeitlicher «Puffer» wäre wünschenswert – damit Konsumenten sicher sein können, dass Lebensmittel auch am Verbrauchsdatum mikrobiologisch unbedenklich sind.
Können solche Produkte Konsumenten krank machen?
Ja, vor allem wenn Warnwerte überschritten werden. So können viele Enterobakterien Brechdurchfälle auslösen. Schimmelpilze sind wegen ihrer Giftstoffe gefährlich.
Weshalb sind geschnittene Früchte besonders anfällig für Keime?
Die meisten Mikroorganismen können die Hüllen von Früchten nicht durchdringen. Durch das Schneiden öffnet sich eine Eintrittspforte – oberflächlich vorhandene Keime gelangen ins Innere. Der austretende zuckerhaltige Fruchtsaft bietet Nährstoffe und Feuchtigkeit für ihr Wachstum. Zudem vergrössert das Schneiden die Oberfläche und somit den Besiedlungsraum.
Welches Obst ist besonders anfällig?
Viele Früchte enthalten antimikrobiell wirksame Substanzen oder erschweren durch den sauren pH-Wert das Keimwachstum. Je mehr Säure die Frucht enthält, desto weniger anfällig ist sie. Auf sehr sauren Früchten wie Zitronen können einzig Schimmelpilze gedeihen. Wichtig ist auch, wie widerstandsfähig die Schale als natürliche Keimsperre ist. Erdbeeren sind empfindlich, weil sie bei der Lagerung schnell zerdrückt werden und so Mikroorganismen ins Innere gelangen. Unbeschädigte Äpfel mit einer schützenden Schale können lange aufbewahrt werden.
Was sollten Konsumenten beim Zubereiten und Lagern von Fruchtsalaten beachten?
Man sollte Früchte sowie Hände gut waschen und saubere Messer und Schneidbrettchen benutzen. Der Fruchtsalat sollte bis zum Servieren im Kühlschrank gelagert werden.
Wie lange ist ein selbstgemachter Fruchtsalat bei einwandfreier Zubereitung im Kühlschrank haltbar?
Das hängt von den verwendeten Früchten ab. Generell sollte er bis zum nächsten Tag gegessen werden. Eine längere Aufbewahrung ist nicht empfehlenswert.
Was ziehen Sie vor: Abgepackten oder offen verkauften Fruchtsalat?
Ich wähle die dritte Variante: frisches Obst kaufen und den Fruchtsalat selber zubereiten.
So wurde getestet
Ein spezialisiertes Labor testete für den K-Tipp 30 Proben abgepackte und offen verkaufte geschnittene Früchte. Die Kriterien:
Gesamtkeimzahl: Allgemeine mikrobielle Verunreinigung. Die Keime gelangen durch unsaubere Geräte oder verunreinigte Zutaten in die Produkte. Sie vermehren sich rasch durch ungenügende Kühlung und zu lange Lagerung. Einige Keime sind hitzeresistent. Bei einer stark erhöhten Gesamtkeimzahl besteht ein Gesundheitsrisiko.
Enterobakterien: Eine hohe Zahl der Darm- und Umweltbakterien deutet auf verunreinigte oder verdorbene Ware hin. Mögliche Ursache: mangelnde Personalhygiene, unsaubere Bestecke und rohe Lebensmittel. Die Bakterien vermehren sich bei mangelhafter Kühlung. Einige Arten können Durchfall auslösen.
Hefen: Die Pilze verderben ein Lebensmittel. Einige Hefen verursachen schwere Infektionskrankheiten.
Schimmelpilze: Verbreiten sich über die Luft. Sie vermehren sich schon bei sehr niedrigen Temperaturen. Ihre Fäden können tief in die Lebensmittel eindringen. Schimmel deutet auf zu feuchtes oder zu langes Lagern hin. Die Pilze können Allergien und bei Leuten mit geschwächtem Immunsystem schwere Krankheiten auslösen. Hitze tötet die Pilze ab. Doch viele Arten bilden gefährliche, oft krebserregende Giftstoffe, die hitzeresistent sind.
Staphylokokken, Salmonellen, Listerien und Darmbakterien Escherichia coli: Das Labor fand keine dieser Bakterien.