Für Spesen haftet die Firma
Wer berufliche Auslagen mit der Firmen-Kreditkarte bezahlt, muss die Rechnung nicht begleichen, falls der Betrieb Konkurs macht - auch wenn im Vertrag etwas anderes steht.
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K-Tipp 8/2005
20.04.2005
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Ginge es nach dem Wortlaut des Kleingedruckten, wäre die Sache eigentlich klar. Denn in den Bedingungen der Visa-Firmenkarte der Cornèr Bank steht unmissverständlich: «Der Inhaber und die Firma haften solidarisch für die Zahlung der jährlichen Gebühr» und für alle weiteren «Verpflichtungen, die durch die Benützung der Karte entstehen» - also für sämtliche Einkäufe und Bargeldbezüge.
Der «Inhaber» ist in diesem Fall die angestellte Person, auf deren Namen die Kart...
Ginge es nach dem Wortlaut des Kleingedruckten, wäre die Sache eigentlich klar. Denn in den Bedingungen der Visa-Firmenkarte der Cornèr Bank steht unmissverständlich: «Der Inhaber und die Firma haften solidarisch für die Zahlung der jährlichen Gebühr» und für alle weiteren «Verpflichtungen, die durch die Benützung der Karte entstehen» - also für sämtliche Einkäufe und Bargeldbezüge.
Der «Inhaber» ist in diesem Fall die angestellte Person, auf deren Namen die Karte lautet.
Im Klartext würde das heissen: Zahlt die Firma die Kreditkartenrechnungen nicht - zum Beispiel weil sie in Konkurs geht, - müssten Angestellte damit rechnen, dass sie von der Kreditkartenfirma belangt werden. Auch wenn sie die Karte ausschliesslich für berufliche Zwecke eingesetzt haben.
Doch genau das geht nicht. Eine solche Klausel verstösst gegen eine klare Bestimmung des Arbeitsrechts. Dies hat das Bundesgericht im Jahr 1998 festgehalten. Damals hatte der Angestellte sogar selber unterschrieben, er hafte solidarisch für sämtliche Kreditkarten-Schulden - doch die obersten Richter erklärten eine solche Aushöhlung des Arbeitsrechts als nichtig.
Kartenfirmen ändern umstrittene Klausel
Die Kreditkartenfirmen Viseca, Swisscard und UBS haben darauf reagiert und die generelle gemeinsame Haftung aus ihren Bedingungen für Firmenkarten gestrichen bzw. präzisiert.
Im Kleingedruckten der Diners-Club-Firmenkarten hingegen findet sich die ungültige Klausel weiterhin. So könne man auf Angestellte «zugehen», heisst es bei Diners etwas schwammig. Und: «Das Vorgehen im konkreten Fall würden wir im Rahmen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entscheiden.»
Auch die Cornèr Bank führt die unstatthafte Klausel mit der solidarischen Haftung weiterhin in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen - obwohl sie das Bundesgerichtsurteil sehr genau kennt, denn es betraf sie selber.
Gestützt auf diese ungültige Klausel versucht nun die Cornèr Bank, von zwei ehemaligen Angestellten einer inzwischen aufgelösten Firma Geld einzutreiben.
Marcel Lautenschlager und Thomas Hellstern waren für die Induma Automation AG tätig, die im Januar 2005 in Konkurs ging. Zu diesem Zeitpunkt waren auf der Cornèr-Firmenkarte von Lautenschlager 3476 Franken und auf derjenigen von Hellstern 1734 Franken offen. Hellstern ist von der Cornèr Bank sogar schon betrieben worden. Er hat Rechtsvorschlag erhoben.
Die Cornèr Bank begründet ihr Vorgehen gegen die Angestellten mit deren besonderer Stellung. Lautenschlager und Hellstern waren nicht nur Angestellte ihrer Kleinfirma, sondern sassen auch im Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft.
Ausgaben als Angestellte getätigt
Die Cornèr Bank behauptet nun, Lautenschlager und Hellstern hätten die Firmenkarten als Präsident und Vizepräsident des Verwaltungsrates eingesetzt - und deshalb sei ihre Haftung gegeben.
Mit dieser Begründung wird die Bank vor Gericht kaum durchkommen.
Es ist zwar richtig, dass sich Lautenschlager und Hellstern in ihrer Funktion als Verwaltungsräte selber angestellt haben - was bei kleinen AGs durchaus üblich ist. Die Kreditkartenausgaben haben sie aber als Angestellte getätigt - und dafür haften sie nicht persönlich.
Und für die Schulden einer konkursiten Aktiengesellschaft haften Verwaltungsräte im Prinzip auch nicht - ausser sie haben schuldhaft ihre Pflichten verletzt.
Firmen müssen den Angestellten alle geschäftlichen Auslagen ersetzen
In Artikel 327a des Obligationenrechts (OR) steht: «Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen.» Und: «Abreden, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise selbst zu tragen habe, sind nichtig.»
Das heisst: Wenn Angestellte eine Firmenkarte zur Verfügung hatten und diese für rein geschäftliche Auslagen eingesetzt haben, so haften sie nicht für solche Schulden, falls die Firma die Kreditkartenrechnungen nicht zahlt.
Entsprechende Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen für Firmenkreditkarten sind ungültig.
Falls jedoch ein Arbeitnehmer mit der Kreditkarte der Firma private Ausgaben getätigt hat, muss er dafür selbstverständlich geradestehen.