Christian Thiel aus dem Kanton Neuenburg kaufte vor rund zweieinhalb Jahren bei Lidl einen Rasenvertikutierer für 99 Franken. Das Gartengerät dient zum Lüften des Rasens, indem es Moos und Unkraut entfernt. Auf der Kartonverpackung war der Hinweis «3 Jahre Garantie» angebracht.
Thiel hatte das Gerät erst wenige Male verwendet, als es im November letzten Jahres den Dienst versagte. Er brachte den defekten Vertikutierer der Marke Parkside in die Lidl-Filiale zurück, in der er ihn gekauft hatte.
Beim Kundendienst abgeblitzt
Bei Lidl hiess es, Thiel könne das Gerät nicht in der Filiale zurückgeben. Vielmehr müsse er den Garantiefall telefonisch über die Lidl-Hotline melden. Das tat der Neuenburger – doch seine Anrufe waren erfolglos. Auch auf eine Kontaktaufnahme über ein Formular auf der Internetseite von Lidl und auf einen eingeschriebenen Brief erhielt er keine Antwort.
Auf Anfrage des K-Tipp sagt Lidl, man habe Christian Thiels Nachrichten an den zuständigen Servicepartner weitergeleitet. Dieser habe seine Antworten dann versehentlich an die falsche E-Mail-Adresse geschickt.
Laut Lidl wird bei jedem Garantiefall individuell entschieden, ob eine Reparatur sinnvoll ist. Sei dies nicht der Fall, werde im Normalfall die Rückerstattung des Kaufpreises angeboten.
Rechtlich ist klar: Wer bei Lidl einkauft, kann sich auf die Garantieartikel des Gesetzes berufen. Denn: Beim Kauf gibt es weder einen schriftlichen Vertrag noch allgemeine Geschäftsbedingungen mit abweichenden Garantiebestimmungen, sondern lediglich eine Quittung.
Ist eine Ware mangelhaft, stehen den Käufern laut Gesetz deshalb drei Möglichkeiten offen: Sie können eine Preisreduktion einfordern, ein Er-satzgerät verlangen oder bei groben Mängeln den Kaufpreis zurückfordern.
Lidl: «Verlängerte Garantie gilt»
Die gesetzliche Garantie gilt während zwei Jahren nach Vertragsabschluss. Auf der Verpackung des Rasenvertikutierers, den Thiel kaufte, war jedoch wie erwähnt von drei Jahren Garantie die Rede. Dabei handelt es sich um eine gültige Besserstellung gegenüber der Regelung im Gesetz.
Christian Thiel kann sich daher auf die verlängerte Garantiefrist berufen. Lidl bestätigt gegenüber dem K-Tipp: «Ist auf der Verpackung oder im Beipackzettel eines Produkts eine längere Garantiezeit erwähnt, gilt dies selbstverständlich.» In Thiels Fall erstattete Lidl nach der Intervention des K-Tipp den Kaufpreis.
Garantieanspruch: Unterschiedliche Regeln beim Kauf im Internet
- Die gesetzliche Garantie gilt immer dann, wenn beim Kauf nichts anderes abgemacht wurde. Sie kann per Vertrag geändert und teilweise eingeschränkt werden. Die Garantiefrist darf aber nicht auf weniger als zwei Jahre gekürzt werden. Laut der Professorin Yesim Atamer von der Universität Zürich ist eine gänzliche Wegbedingung der Garantie lediglich für Produkte im Ausverkauf oder für Occasionen möglich. Dies müsse aber stets im Vertrag geschehen, sagt Atamer. Ein Ausschluss in den allgemeinen Geschäftsbedingungen sei nicht gültig.
- Bei einem Einkauf im Laden wird in der Regel kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen. Deshalb gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Anders ist es bei Einkäufen im Internet: Dort ist die Garantie der Grossverteiler unterschiedlich geregelt. Aldi gewährt die gleichen Rechte wie beim Einkauf im Laden. Coop hingegen sieht in den Vertragsbestimmungen seines Internetshops bei einem Mangel am Produkt nur die Rückerstattung des Kaufpreises vor – also weder eine Reparatur noch eine Ersatzware. Die Migros legt bei Einkäufen in ihrem Internetshop gemäss ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst fest, ob sie die Ware ganz oder teilweise ersetzt, eine Gutschrift bis maximal dem Kaufpreis gewährt oder eine Preisreduktion vornimmt. Das Gleiche gilt für den Internethändler Digitec/Galaxus, eine Tochterfirma der Migros.