Garantiefonds hat versagt
Kunden von Jann Reisen bangen um ihre Vorauszahlungen. Das Bus-Unternehmen und der Car-Garantiefonds haben sie wissentlich ins Messer laufen lassen.
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K-Tipp 10/2005
18.05.2005
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Am 17. Mai hätte das Ehepaar Schnetzer aus Muttenz BL für elf Tage nach Spanien abreisen sollen. Die Rechnung von Jann Reisen war am 3. Mai fällig. Natürlich hat das Ehepaar die geforderten 2415 Franken pünktlich gezahlt.
Der Traum vom warmen Süden platzte schon drei Tage später. Am 6. Mai erhielten die Kunden vom Reiseveranstalter einen Brief mit dem Titel «Die Jann Reisen AG stellt Geschäftstätigkeit ein». Über das Carunternehmen werde der Konkurs eröffnet. Und - bi...
Am 17. Mai hätte das Ehepaar Schnetzer aus Muttenz BL für elf Tage nach Spanien abreisen sollen. Die Rechnung von Jann Reisen war am 3. Mai fällig. Natürlich hat das Ehepaar die geforderten 2415 Franken pünktlich gezahlt.
Der Traum vom warmen Süden platzte schon drei Tage später. Am 6. Mai erhielten die Kunden vom Reiseveranstalter einen Brief mit dem Titel «Die Jann Reisen AG stellt Geschäftstätigkeit ein». Über das Carunternehmen werde der Konkurs eröffnet. Und - bitter für Schnetzers und alle anderen Betroffenen: «Bereits einbezahlte Kundengelder können nicht vergütet werden.»
Auch Theo Blumenthal aus Brig VS bangt nun um eine Akontozahlung von 1200 Franken.
Reisegarantie war nur provisorisch
Angegeben war im Brief die Hotline des «Carreisen Garantiefonds». Theoretisch wäre dieser Hinweis die Rettung für die düpierten Kundinnen und Kunden. Denn auf den Unterlagen von Jann Reisen prangte immer das Reisegarantie-Signet. Es bedeutet: Der Reiseanbieter hat die Kundengelder abgesichert. Dann werden vorausbezahlte Summen für Pauschalreisen von diesem Fonds ersetzt, falls der Reiseveranstalter Pleite geht.
Jann Reisen ist beim Garantiefonds des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbandes (Astag) versichert. Doch der Astag weiss noch nicht, ob er zahlen will.
Hintergrund: Seit längerem war bekannt, dass Jann Reisen finanzielle Probleme hat. Das wusste auch der Astag-Garantiefonds - und daher gab er der Firma Jann Reisen schon im Herbst 2003 nur eine provisorische Garantie. Und nur für ein Jahr. Dies bestätigt Stiftungsrats-präsident Hans Dillier aus Sarnen OW.
Jedoch: Eine provisorische Deckungszusage ist ein Unding. Bei den drei anderen grossen Reisegarantie-Anbietern gibt es keine provisorische Deckung: Entweder gilt die Versicherung - oder sie gilt nicht.
Anders ausgedrückt: Vergibt ein Reisegarantie-Anbieter das Signet, dann sollen sich Kundinnen und Kunden auf die Garantie verlassen können, und der Fonds muss im Ernstfall auch zahlen.
Der Astag-Garantiefonds nützt nun seine provisorische Deckungszusage, um einen Rückzug durchs Hintertürchen zu prüfen: Er wil- klären, ob er überhaupt haftet. «Das wird derzeit rechtlich überprüft», sagt Stiftungsratspräsident Dillier.
Im Raum steht der Vorwurf, Jann Reisen habe für die Kontrolle durch den Garantiefonds eine fehlerhafte Buchhaltung geliefert. In der Branche heisst es dazu, Jann Reisen habe Kunden-Vorauszahlungen fürs nächste Jahr noch im gleichen Jahr als reale Einnahmen verbucht und so die effektive finanzielle Situation massiv beschönigt.
Stiftungsratspräsident Dillier formuliert es so: «Aufgrund der von Jann Reisen am 8. April 2005 gegenüber dem Garantiefonds gemachten Aussagen und Fakten (seit Jahren vorhandene Bilanzprobleme), besteht die begründete Annahme, dass kein definitiver und rechtlich gültiger Vertrag zu Stande gekommen ist.»
Astag-Garantiefonds: Hat er genug Geld?
Das Ganze wirft ein schlechtes Licht auf den Astag-Garantiefonds. Denn bis zum Schluss hat Jann Reisen mit der Reisegarantie geworben und so die Kunden im Glauben gelassen, ihre Gelder seien versichert - und das war dem Astag-Garantiefonds sehr wohl bekannt. Ob der Garantiefonds das Verwenden des Signets je verboten hat, wollte Stiftungsrats-präsident Hans Dillier dem K-Tipp nicht sagen.
Ist der Astag-Garantiefonds überhaupt finanziell stark genug, um diesen grossen Fall zu bewältigen? Es gibt Hinweise darauf, dass er die Jann-Pleite finanziell nicht verkraften kann. Doch auch dazu macht Präsident Hans Dillier keine Angaben.
Zu denken gibt, dass keine Rückversicherung vorhanden ist (was bei den anderen Fonds der Fall ist). Vollends beunruhigend ist zudem: Dillier sagt, dass noch weitere Teilnehmer am Astag-Garantiefonds nur eine provisorische Deckungszusage haben. Wie viele und welche? «Das sind Interna.»
Vorsicht bei Vorauszahlungen
Wer einem Reisebüro eine Vorauszahlung leistet, geht ein Risiko ein. Deshalb sollten Sie nur dort buchen, wo eine Kundengeld-Absicherung besteht.
Bei diesen Reisegarantie-Anbietern können Sie abklären, ob Ihr Reisebüro oder Ihr Reiseveranstalter versichert ist:
- Garantiefonds der Schweizer Reisebranche, Tel. 044 488 10 70; www.garantiefonds.ch
- Swiss Travel Security (STS) des Verbandes der Reiseverkäufer, Tel. 044 439 60 77; www.star.ch
- Travel Professionals Association (TPA), Tel. 021 624 45 77; www.tpa.ch.
Viele Busunternehmen sind beim Schweizerischen Nutzfahrzeugverband (Astag) versichert. Der Pleitefall Jann Reisen zeigt, dass auf den Astag- Garantiefonds kein Verlass ist.