Die Vereinigung schweizerischer Erdgaskonsumenten (VSERG) vertritt die Interessen von 250000 Mietern, Hauseigentümern und KMU mit Gasheizungen. Geht es nach diesem Verband, müsste der Gaspreis um die Hälfte sinken. Grund: Seit der Einführung von Erdgas in der Schweiz im Jahr 1973 habe die Gasindustrie bei Fragen nach der Preisgestaltung stets darauf hingewiesen, dass sich der Gaspreis in der Schweiz exakt nach der Entwicklung des Erdölpreises richte.
VSERG-Präsident Thomas Schmidhauser sagt: «Bei Ölpreiserhöhungen in den letzten Jahrzehnten bewegten sich die Anbieter mit dem Gaspreis immer sehr rasch nach oben.»
Gaspreise sinken nur langsam
Seit Juni 2014 hat sich der Weltmarktpreis für Erdöl praktisch halbiert – von rund 110 auf knapp 62 US-Dollar pro Barrel. Schmidhauser fordert deshalb die «Halbierung der Heizgaspreise».
Doch die Gaspreise sind in der zweiten Jahreshälfte 2014 nur wenig gefallen. «Seit Oktober 2014 haben nach ersten Schätzungen 30 der bisher 50 untersuchten Gasversorger die Preise im Schnitt um gut 5 Prozent gesenkt», sagt Simon Pfister, der Sprecher des Preisüberwachers. «Den Preis erhöht hat keiner.»
Von einer Halbierung der Gaspreise kann heute also nicht die Rede sein. Anfang dieses Jahres gab es beim Erdgas zwar einen weiteren bescheidenen Preisrückgang. Doch er bewegte sich im Bereich von gerade mal rund 10 Prozent – zum Beispiel bei der IBW Energie AG in Wohlen AG und bei den Werken der Stadt Wädenswil ZH. Begründet wurden die Preissenkungen allerdings nicht mehr mit dem Ölpreis, sondern mit der veränderten Marktsituation durch den schwachen Euro.
Und was ist mit der vielzitierten Ölpreisbindung? «Nur ein Teil der Langfristverträge ist an einen Ölpreisindex gebunden», sagt Thomas Hegglin, Sprecher beim Verband der Schweizerischen Gasindustrie. «Dabei passen sich die Erdgaspreise mit einer zeitlichen Verzögerung von rund sechs Monaten an.»
Tatsächlich hat die Schweizer Erdgaswirtschaft in den vergangenen Jahren den Anteil an ölpreisgebundenem Gas deutlich reduziert. Sie orientiert sich jetzt zu über 50 Prozent direkt an einem eigenständigen Marktpreis. Doch auch dieser ist in den vergangenen sechs Monaten deutlich gesunken.
Versorger: Netzkosten fallen ins Gewicht
Die Gasversorger verweisen darauf, dass die Erdgaspreise nicht nur die Beschaffungskosten enthielten, sondern auch Kosten für den Transport und die Verteilung. Daher gibt es laut Thomas Hegglin je nach Region oder Gemeinde auch deutliche Tarifunterschiede.
Doch wie hoch sind die Netzkosten im Vergleich mit den Gesamtkosten der Gasversorgung? «Wir gehen von etwa 50 Prozent aus», sagt Simon Pfister von der Preisüberwachung. «Das Verhältnis variiert dabei je nach Gasversorger oder Gemeindenetz.» Dazu kämen noch kommunale Konzessionsgebühren – bis zu einem Rappen pro Kilowattstunde (kWh) – sowie die CO2-Steuer.
Das Fazit: Solange der Ölpreis in die Höhe ging, war die Ölpreisbindung das Hauptargument für teureres Gas. Fällt er aber wie in den letzten Monaten, ist die Ölpreisbindung viel weniger wichtig.
Da die Energie- und Netzkosten von den Gasversorgern in der Rechnung nicht ausgewiesen werden, lassen sich ihre Angaben nicht überprüfen. Die Konsumenten können deshalb nur die Faust im Sack machen. Denn sie dürfen den Gasversorger nicht frei wählen.
Gas: Grosse Tarifunterschiede
Gaspreis für ein Einfamilienhaus mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 20 000 kWh, Heizung mit Warmwasser, Kesselleistung 12 kW:
- Zürich (Energie 360° AG): 8,35 Rp./kWh
- Chur (IBC Energie Wasser Chur): 10,25 Rp./kWh
- Lausanne (Services Industriels Lausanne): 12 Rp./kWh