Preisüberwacher Stefan Meierhans musste im vergangenen Jahr 735 Tarife etwa von Wasser-, Abfall- und Energiebetrieben überprüfen. In 340 Fällen gab er eine «Empfehlung» ab. Im Klartext heisst das: Meierhans beanstandete fast die Hälfte der Vorlagen und forderte die Absender auf, die nach seinem Befund missbräuchlichen Tariferhöhungen zu korrigieren oder auf sie zu verzichten. Das geht aus seinem jüngsten Jahresbericht hervor.
Die meisten Interventionen betrafen Wasser-, Abwasser- und Abfallgebühren. Sehr oft ging es aber auch um steigende Gesundheits- und Energietarife, wie Beat Niederhauser ergänzt. Er ist Geschäftsführer und Stellvertreter des Preisüberwachers.
«Behörden haben oft wenig Ahnung»
340 Beanstandungen in einem Jahr – das ist viel. Laut Niederhauser hat sich deren Zahl in den letzten zehn Jahren verfünffacht. Darin zeige sich einerseits, dass die Preisüberwachung über ein immer besseres Instrumentarium verfüge, um missbräuchliche Tarife zu erkennen. «Andererseits macht es deutlich, dass einige Behörden keine allzu grosse Ahnung davon haben, ab welchem Punkt eine Erhöhung unangemessen ist.»
Eigentlich müssten die Behörden dem Preisüberwacher Tarifaufschläge vorlegen, bevor sie diese beschliessen oder genehmigen. Das verlangt das Preisüberwachungsgesetz. Denn Versorger wie Gas- und Wasserwerke, die meist ganz oder teilweise in öffentlichem Besitz sind, dürfen ihre monopolähnliche Stellung nicht missbrauchen, um auf Kosten der Kunden überhöhte Gewinne einzufahren.
Laut Beat Niederhauser sind für letztes Jahr rund 30 Fälle aktenkundig, in denen Behörden es versäumten, geplante Tarifaufschläge dem Preisüberwacher zu unterbreiten. Er geht von einer stattlichen Dunkelziffer aus: «In der Regel erfahren wir ja nur dann von solchen Fällen, wenn Betroffene Meldung machen.»
Einer dieser Fälle betrifft Diessenhofen im Kanton Thurgau. Dort beschloss der Stadtrat auf Antrag der gemeindeeigenen Gasversorgung, den Gaspreis auf Anfang 2023 um rund 60 Prozent zu erhöhen. Für ein Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden führt das zu Mehrkosten von über 800 Franken. Der Preisüberwacher erfuhr erst aus der Mitteilung einer Familie vom Tarifaufschlag – und machte daraufhin den Stadtrat auf sein Versäumnis aufmerksam.
Laut Stadtpräsident Markus Birk reichte Diessenhofen den Aufschlag inzwischen beim Preisüberwacher ein. «Jetzt warten wir auf sein Verdikt. Ich gehe aber davon aus, dass unser neuer, im landesweiten Vergleich noch immer tiefer Gaspreis in Ordnung ist», sagt Birk. Falls das nicht der Fall sei, werde man die Argumentation des Preisüberwachers genau analysieren und allenfalls nochmals über die Bücher gehen.
Versorger muss Preiserhöhung begründen
Wer von behördlichen Tariferhöhungen etwa für Energie, Wasser oder Abfallentsorgung betroffen ist, sollte diese kritisch unter die Lupe nehmen. So kann man sich wehren:
- Die Gemeinde oder der Versorgungsbetrieb muss auf Verlangen eine detaillierte Begründung und Belege für die Tariferhöhung vorlegen. Der Gasversorger zum Beispiel muss Angaben über die von ihm bezahlten Einkaufspreise machen.
- Den Aufschlag sollte man dem Preisüberwacher melden, der ihn dann überprüft. Ein Formular gibts auf Preisueberwacher.admin.ch.
- Möglich ist auch eine Beschwerde. Welche Instanz zuständig ist und welche Fristen gelten, bestimmen die Gemeinden und Kantone. Die Beschwerde ist schriftlich und am besten eingeschrieben einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine Begründung enthalten. Die Verfahrenskosten hat in der Regel die unterliegende Partei zu tragen.