Die kantonalen Labore überprüften im letzten Jahr 256 ätherische Öle und Raumdüfte auf heikle Inhaltsstoffe. Das Resultat:
Viele dieser Produkte stehen noch in Haushalten und werden weiterhin benutzt. Doch die Öffentlichkeit erfährt die Namen der beanstandeten Artikel nicht: Die bei den Laboruntersuchungen federführende Behörde, das Aargauer Amt für Verbraucherschutz, will die Namen der Produkte mit giftigen Inhaltsstoffen nicht offenlegen. Die Kantonschemikerin, Alda Breitenmoser, sagt zum K-Tipp: «Eine namentliche Nennung beschränkt sich auf das Vorliegen einer akuten Gesundheitsgefahr. Dies traf für die geprüften mangelhaften Produkte nicht zu.»
Die Duftöle sind kein Einzelfall. Bereits 2021 hatten die Kantonschemiker im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit 246 Wasch- und Reinigungsmittel analysiert. Bei rund 40 Prozent der Produkte war die Gefahrenkennzeichnung oder der Hinweis auf Allergene mangelhaft.
Der K-Tipp versucht seit fast zwei Jahren, die Produktenamen zu erhalten, um die Konsumenten warnen zu können. Doch auch das Bundesamt für Gesundheit will die Daten nicht herausgeben. Grund: Die Mehrheit der angefragten Kantone habe sich gegen eine Veröffentlichung ausgesprochen. Das Bundesamt gibt nicht einmal die Namen der Kantone preis, die gegen die Veröffentlichung sind.
Einzig vom Kantonslabor Basel-Stadt erhielt der K-Tipp gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz die Liste der beanstandeten Wasch- und Reinigungsmittel (K-Tipp 9/2022). Diese zeigte: Viele Hersteller verharmlosen die Risiken der verwendeten Chemikalien. Sie mischten ätzende Stoffe bei, ohne davor zu warnen. 18 Produkte bewertete das Labor als «eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit oder die Umwelt», darunter ein Cif-Cremereiniger von Unilever sowie je ein Qualité-&-Prix- und ein Oecoplan-Abwaschmittel von Coop.
Für den Basler Kantonschemiker Yves Parrat ist klar: «Konsumenten wollen besser informiert und geschützt sein. Dieses Anliegen müssen wir berücksichtigen.» Er fordert deshalb mehr Transparenz und will in Zukunft die Namen von gesundheitsgefährdenden Produkten veröffentlichen.
Interview
«Die Öffentlichkeit muss wissen, wenn ein Produkt gesundheitsschädlich ist»
Yves Parrat (56), Kantonschemiker im Kanton Basel-Stadt, zur Geheimniskrämerei auf Kosten der Konsumenten. Ihr Labor findet in Duftölen krebserregende Substanzen und kritisiert gesundheitsgefährdende Putzmittel. Die Konsumenten erfahren aber nicht, welche Produkte das sind. Warum nicht?
Duftöle und Putzmittel sind dem Chemikaliengesetz unterstellt. Da gilt grundsätzlich die Schweigepflicht. Deshalb wurden bisher Produkte nicht mit Namen und Bild publiziert.
Die Behörden kuschen also vor der Industrie – auf Kosten des Konsumentenschutzes.
Nein. Meiner Meinung nach muss die Öffentlichkeit wissen, wenn ein Produkt gefährlich für die Gesundheit ist und gegen das Gesetz verstösst. Wir wollen im Kanton Basel-Stadt deshalb in Zukunft transparenter kommunizieren.
Was heisst das konkret?
Wenn etwa ein Putzmittel gesundheitsgefährdend ist und wir ein Verkaufsverbot erlassen müssen, wollen wir es beim Namen nennen. Im Moment klären wir, wie wir das innerhalb des geltenden Rechts tun können. Diese Diskussion will ich auch mit den anderen Kantonen und dem Bund vorantreiben. Als Beispiel kann die EU dienen: Sie hat dasselbe Chemikalienrecht, warnt aber viel schneller vor gefährlichen Produkten und veröffentlicht deren Namen.
Anders als Basel-Stadt weigerten sich einige Kantone, dem K-Tipp die Namen von gesundheitsgefährdenden Putzmitteln zu nennen. Werden Sie da nicht auf massiven Widerstand stossen?
Das glaube ich nicht. Aber klar: Es braucht den Willen, die bisherige Praxis infrage zu stellen.
Warum weigern sich andere Kantonschemiker, die Namen gesundheitsgefährdender Produkte herauszugeben?
Die Kantonschemiker entscheiden nicht selber, ob sie Produktenamen herausgeben dürfen oder nicht. Die entsprechenden Gesetze werden von den einzelnen Kantonen und auch vom Bund unterschiedlich interpretiert. Deshalb ist es zwingend erforderlich, dass die Diskussion in der ganzen Schweiz geführt wird.
Diese Duftöle sollten Sie meiden
Der künstliche Duftstoff Lilial kann den Fötus im Mutterleib schädigen. Die Substanz muss auf der Etikette von Duftölen nicht deklariert werden, ist aber auf dem Sicherheitsdatenblatt aufgeführt, das die Hersteller zu jedem Produkt erstellen müssen. Häufig findet sich der Stoff dort nicht unter der Bezeichnung Lilial, sondern unter dem chemischen Namen «Butylphenyl Methylpropional» oder «2-(4-tert-Butylbenzyl)Propionaldehyd» oder unter der international einheitlichen Identifikationsnummer CAS 80-54-6.
Heikel sind auch Zimtblätter- und Muskatnussöle. Alle von den Kantonslaboren untersuchten Produkte wiesen eine deutlich zu hohe Konzentration an Safrol auf. Dieser Stoff gilt als krebserregend, muss aber nicht deklariert werden, da er natürlich in den Pflanzen vorkommt. Das Basler Kantonslabor empfiehlt dringend, auf Zimtblätter-, Zimtrinde-, Ho-Blätter- und Muskatnussöle zu verzichten – auch auf Mischungen mit diesen Ölen.