Gefundenes Fressen für die Industrie
Viele Haustierbesitzer investieren viel Geld in teure Spezialfutter. Doch: Das günstige Standardprodukt aus dem Supermarkt ist genauso gut.
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K-Tipp 5/2005
09.03.2005
Bennie Koprio - bkoprio@ktipp.ch
Kalorienreduziertes Futter für Katzen mit Schmerbauch, Spezialnahrung für eine besondere Lockenpracht beim Pudel oder Happen mit «Beauty Shine Complex» für die Perserkatze: Auf dem riesigen Markt der Heimtiernahrung gibts nichts, was es nicht gibt.
Und die Tierbesitzer greifen zu: «In den letzten drei Jahren haben die Spezialfuttermarken - im Jargon Premium oder Superpremium genannt - jährlich bis zu 38 Prozent zugelegt», sagt Rolf Boffa, Chef der Haustier-Supermarktkette ...
Kalorienreduziertes Futter für Katzen mit Schmerbauch, Spezialnahrung für eine besondere Lockenpracht beim Pudel oder Happen mit «Beauty Shine Complex» für die Perserkatze: Auf dem riesigen Markt der Heimtiernahrung gibts nichts, was es nicht gibt.
Und die Tierbesitzer greifen zu: «In den letzten drei Jahren haben die Spezialfuttermarken - im Jargon Premium oder Superpremium genannt - jährlich bis zu 38 Prozent zugelegt», sagt Rolf Boffa, Chef der Haustier-Supermarktkette Qualipet. Das rechnet sich, leben in der Schweiz doch 1,5 Millionen Katzen und eine halbe Million Hunde, denen es tagtäglich den Napf zu füllen gilt: Rund 430 Millionen Franken geben Herr und Frau Schweizer pro Jahr für das leibliche Wohl ihrer vierbeinigen Mitbewohner aus.
Doch Premium-Futter - meist Trockennahrung - hat seinen Preis. Eine Stichprobe von Kassensturz zeigt: Spezialnahrung für Katzen ist bis zu neunmal so teuer wie das Billigangebot aus dem Supermarkt, statt Fr. 1.95 bezahlt der Kunde satte Fr. 17.25 für das Kilo. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Hundefutter: Premium kostet hier bis zu siebenmal so viel wie die Eigenmarke des Discounters - Fr. 10.90 statt Fr. 1.48 pro Kilo (siehe Tabelle).
«Normales Futter ist absolut einwandfrei»
Dass Tierfreunde für ihre Lieblinge so tief in die Tasche greifen, nützt der Tierfutter-Industrie mehr als dem geliebten Vierbeiner. Denn, so Marcel Wanner, Direktor des Instituts für Tierernährung der Universität Zürich: «Normale Alleinfutter für Hunde und Katzen sind absolut einwandfrei und decken die Bedürfnisse des Tiers ab.»
Zwar enthalte Premium-Tiernahrung erlesenere Zutaten als das günstigere Produkt - etwa Weizenkeimöl statt synthetische Vitamine oder relativ hochwertiges Fleisch statt Schlachtnebenprodukte. Für eine artgerechte Ernährung ist laut Wanner ein solcher Luxus aber unnötig. Entscheidend ist, dass das Tier die Nährstoffe erhält, die es benötigt. «Ob das Eiweiss von Crevetten stammt oder von sonst woher, ist für die Gesundheit des Tiers unwesentlich», so Wanner.
Aber: Weil das Futter nicht nur die physiologischen Bedürfnisse des Tiers abdecken muss, sondern auch die psychologischen des Tierhalters, sind Hunde- und Katzenbesitzer für die Marketingstrategen der Industrie ein gefundenes Fressen. Kein Zufall ist deshalb, dass Tiernahrung mit Zusätzen angepriesen wird, die beim Menschen bereits ein positives Image haben: zum Beispiel ungesättigte Fettsäuren, Antioxidanzien, Kalzium und natürlich kalorienreduziertes Futter für übergewichtige Vierbeiner.
Insbesondere Light-Produkte bieten sich da an. Denn - so Wanner: «Der Mensch hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten, dem Tier seine Liebe zu beweisen: mit Streicheln und mit dem Futter.» Ist Büsi oder Bello zu dick, fällt es dem Besitzer schwer, weniger Futter zu geben und dem traurigen Blick seines Lieblings standzuhalten. Also füllt er den Napf wie gewohnt - aber mit Light-Futter. Die Industrie freuts: Bei kalorienreduzierter Nahrung zahlen Tierbesitzer noch mehr drauf als beim restlichen Spezialfutter - Katzenhalter bis zu zehnmal so viel und Hundebesitzer bis zum Achtfachen.
Dabei können Tierhalter mit einer Schlankheitskur sogar Geld sparen. Schon 10 Prozent weniger Futter hilft übergewichtigen Vierbeinern - dies umso mehr, je mehr sich das Tier bewegt. Spielen Sie also so viel wie möglich mit Ihrem Stubentiger und gehen Sie mit dem Hund öfter und länger spazieren. Davon profitieren auch Sie - und die Tierfutter-Industrie etwas weniger.