Geld verlieren mit der Lebensversicherung
Unzählige Kundinnen und Kunden verlieren mit der Sparversicherung viel Geld.<br />
Insbesondere junge Frauen sollten die Finger von diesem Sparinstrument lassen.
Inhalt
K-Tipp 6/2004
24.03.2004
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Das ist ein Skandal», ärgert sich Vita Arcorace aus Grenchen SO. Sie hat der Allianz-Versicherung während zwei Jahren 6200 Franken eingezahlt. Jetzt kann die 35-Jährige ihre Monatsraten aus persönlichen Gründen nicht mehr zahlen - und die Allianz gibt ihr keinen Rappen zurück.
Grund: Die Sparerin hatte eine «Fondsgebundene Lebensversicherung mit periodischen Prämien» abgeschlossen. Die hat erst dann einen Rückkaufswert, wenn die Prämien für drei Jahre bezahlt sind.
Das ist ein Skandal», ärgert sich Vita Arcorace aus Grenchen SO. Sie hat der Allianz-Versicherung während zwei Jahren 6200 Franken eingezahlt. Jetzt kann die 35-Jährige ihre Monatsraten aus persönlichen Gründen nicht mehr zahlen - und die Allianz gibt ihr keinen Rappen zurück.
Grund: Die Sparerin hatte eine «Fondsgebundene Lebensversicherung mit periodischen Prämien» abgeschlossen. Die hat erst dann einen Rückkaufswert, wenn die Prämien für drei Jahre bezahlt sind.
Für die Praxis bedeutet dies: Stellt eine Kundin oder ein Kunde die Prämienzahlungen für eine Sparversicherung vor Ablauf von drei Jahren ein, sacken viele Versicherungen das ganze einbezahlte Geld ein. Ganz legal notabene. Dieses kundenfeindliche Vorgehen ist in der Branche weit verbreitet.
Allerdings: Hätte Arcorace die Prämien mindestens drei Jahre lang gezahlt, hätte sie dies auch nicht glücklich gemacht. Zwar wäre dann ein so genannter Rückkaufswert vorhanden gewesen - doch in bescheidenem Rahmen.
Dies illustriert der Fall von Marlies Müller (Name geändert). Sie hat der Generali im Verlauf von rund fünf Jahren 15550 Franken eingezahlt. Als das Familienbudget wegen der Kinder knapp wurde und die heute 37-Jährige die Versicherung kündigte, erhielt sie lumpige 5390 Franken zurück.
Nachteile für Kunden lassen Verkäufer kalt
Die zwei Beispiele zeigen: Insbesondere junge Frauen sollten keinesfalls eine Sparversicherung abschliessen, weil das immer mit einer langjährigen Zahlungsverpflichtung verbunden ist (siehe Kasten).
Denn die Chance ist gross, dass sie mit diesem Sparinstrument Geld verlieren - und Gründe für einen erzwungenen Zahlungsunterbruch gibt es viele: Mutterschaft und Familiengründung, Weltreise oder Weiterbildung, aber auch Scheidung und soziale Not.
Trotzdem verkaufen Versicherungsvertreter diese kundenfeindliche Form des Sparens - oft auch mit falschen Argumenten (siehe Kasten). Dass viele ihrer Kundinnen und auch Kunden bei einem frühzeitigen Ausstieg viel Geld verlieren, kümmert sie nicht. Der deutsche Bund der Versicherten nennt dieses Angebot der Lebensversicherer einen «legalen Betrug».
Besonders problematisch ist die Sparversicherung, wenn sie im Rahmen der steuerbegünstigten Säule 3a abgeschlossen wird. Sparer dürfen dann die einbezahlten Prämien bei den Steuern abziehen; Voraussetzung ist aber, dass man einen Job hat.
Hat eine Frau jedoch keine bezahlte Arbeit mehr (beispielsweise wegen der Babypause), darf sie gar nicht mehr in die 3. Säule einzahlen. Dies bestätigt Alex Frischkopf von der Eidgenössischen Steuerverwaltung: «Eine Arbeitnehmerin, welche ihre Erwerbstätigkeit beispielsweise infolge einer Babypause aufgibt, ist nicht mehr berechtigt, weiterhin Beiträge in ihre Säule-3a-Vorsorgeform einzuzahlen.»
Steueramt verlangte eine Rückzahlung
Exakt dieses Problem hat Allianz-Kundin Beatrice Meier (Name geändert). Sie hat mit 31 Jahren eine Sparversicherung im Rahmen der 3. Säule abgeschlossen und fragt sich, was passiert, wenn sie ein Kind bekommt, Hausfrau wird und den Job aufgibt.
Antwort der Allianz: Sie kann die Prämie reduzieren. Vom K-Tipp auf das Einzahlungsverbot hingewiesen, zieht sich die Allianz bauernschlau aus der Affäre mit der Hoffnung, der Fiskus werde ein Auge zudrücken: «In einigen Kantonen verhindern die Steuerbehörden diese Möglichkeit nicht aktiv.»
Genau dies geschah aber im Fall von Maria Egli (Name geändert). Sie hatte der Generali insgesamt 16653 Franken eingezahlt. Doch das Steueramt des Kantons St. Gallen verlangte eine Rückzahlung, weil die Frau zwischenzeitlich aus familiären Gründen den Job gekündigt hatte. So verlor Maria Egli 8860 Franken.
Für Nicola Waldmeier vom VZ Vermögenszentrum ist der Befund deshalb klar: «Beraterinnen und Berater, die jungen Leuten eine 3a-Sparversicherung aufschwatzen, handeln überhaupt nicht im Interesse ihrer Klientin oder ihres Klienten, sondern haben vor allem die eigene Verkaufsprovision im Auge.»
Es mangelt an Transparenz
In der Schweiz gibt es kein Gesetz, das missbräuchliche, konsumentenfeindliche Bestimmungen in Verträgen verbieten würde.
Deutschland hingegen hat das AGBG, das die Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelt - und gestützt darauf wurden Versicherungen schon mehrmals von den Gerichten verpflichtet, alle einbezahlten Prämien für Lebensversicherungen ohne Abzüge zurückzuzahlen.
Einer der Gründe: Die Konsumenten können aufgrund der unklaren Klauseln nicht erkennen, wie hoch die Abschluss- und anderen Kosten sind, die man ihnen von den Prämien abzwackt.
Der deutsche Bund der Versicherten schreibt: «Kein Mensch würde eine Kapital bildende Versicherung abschliessen, wenn die Versicherer über deren Nachteile informieren würden.»
Sparen ja - aber nicht mit der Versicherung
Sparen ist gut. Doch Versicherungen sind für diesen Zweck der falsche Ansprechpartner.
- Die Sparversicherung (oft auch Kapital bildende Lebensversicherung, Vorsorgepolice oder gemischte Versicherung genannt) ist unflexibel und mit einer langjährigen Zahlungsverpflichtung verbunden. Hohe Rückkaufsverluste bei frühzeitigem Ausstieg entstehen deshalb, weil die Gesellschaft in diesem Fall nicht amortisierte Abschluss- und Verwaltungskosten abzieht. Eine Faust-regel besagt, dass in der Regel ein bis zwei ganze Jahresprämien für diese Kosten draufgehen.
- Versicherungen sind als Sparinstrument zu teuer. Kunden zahlen nicht nur hohe Provisionskosten für die Verkäufer, sondern auch noch Verwaltungs- und andere Kosten.
- Sparversicherungen haben ein Todesfallkapital mitversichert: Stirbt die versicherte Person, erhalten Erben oder andere Begünstigte Geld ausbezahlt. Gerade für junge Leute ohne familiäre Verpflichtung ist ein solcher Versicherungsschutz nur hinausgeworfenes Geld, weil es nicht nötig ist, dass jemand Geld erhält, wenn sie sterben.
Der bessere Weg ist also getrenntes Vorgehen: sparen bei der Bank, sich versichern bei der Versicherung. In Frage kommen hier die Erwerbsunfähigkeits-Versicherung und allenfalls eine Todesfallrisiko-Police (siehe K-Tipp 1/04 und 2/04).
Wer seine 3. Säule bei der Bank äufnet, ist in jeder Hinsicht flexibel. Zahlungsunterbrüche haben keinerlei negative Folgen - und vom Sparbatzen, der für den Hauskauf eingesetzt werden soll, zahlt die Bank alles bis auf den letzten Rappen aus - ohne irgendwelche Abzüge.
Zwar haben einige Versicherungen reagiert und bieten jetzt Produkte an, die deutlich flexibler sind. Doch auch das macht die genannten Nachteile der Sparversicherung nicht wett.