Deutsch und deutlich steht auf der Website des Openairs Frauenfeld: «Eine Rückerstattung für dein Ticket ist generell nicht möglich, da das Festival verschoben wird. Du hast jedoch die Möglichkeit, dein Ticket von 2020 für ein Ticket für 2021 einzutauschen.» Geld zurück – ein 3-Tages-Ticket plus kostete 250 Franken – gebe es höchstens dann, wenn man «aus objektiven Gründen», also etwa wegen eines Auslandsemesters, nächstes Jahr nicht dabei sein könne. «Dann kannst du uns gerne die Unterlagen zustellen, die deine Verhinderung belegen.»
Vertröstet auf das nächste Jahr
Ähnliches schreibt der Veranstalter des Openairs St. Gallen: Die aktuellen Tickets (3-Tages-Pass für 220 Franken) seien auch nächstes Jahr gültig. Stornieren könne man sie nur «in Ausnahmefällen» und «bei einer begründeten Verhinderung», das St. Galler Festival 2021 zu besuchen.
Für Musikfans sind das schlechte Nachrichten. Sie werden aufs nächste Jahr vertröstet, wissen aber noch nicht, ob sie dann überhaupt Zeit haben. Auch ist nicht bekannt, welche Bands dann auftreten. Ihnen wäre mit einer Rückerstattung des Geldes wesentlich besser gedient. Das können sie auch durchsetzen. Denn rechtlich gilt: Wird ein Anlass durch den Veranstalter abgesagt, haben die Besitzer von Tickets Anspruch auf Rückerstattung. Das steht laut Rechtsprofessor Vito Roberto von der Universität St. Gallen ausser Frage. Der Veranstalter könne sein vertraglich abgegebenes Leistungsversprechen nicht erfüllen und müsse darum – unabhängig vom Grund der Absage – das aus Billettverkäufen einkassierte Geld zurückzahlen. Eine Verschiebung müssten Betroffene nicht hinnehmen. «Das Datum ist ein wesentlicher Vertragsbestandteil», erklärt Roberto. Werde es geändert, könne man sein Geld zurückfordern – und zwar, ohne belegen zu müssen, dass man am Verschiebungstermin verhindert ist.
Daran ändert sich auch nichts, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Festivals Sätze enthalten wie: «In keinem Fall besteht ein Rückerstattungsanspruch auf den Kaufpreis von Eintrittskarten.» Solche Klauseln finden sich nicht nur in den AGB der Openairs Frauenfeld und St. Gallen, sondern auch in jenen des Gurtenfestivals, des Zürich-Openairs und weiterer Veranstaltungen. Laut Vito Roberto missachten sie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dieses verbietet, Konsumenten erheblich und ungerechtfertigt zu benachteiligen. Zudem seien sie als ungewöhnlich und damit ungültig einzustufen.
Beim Openair St. Gallen heisst es dazu, man poche nicht auf diese Klausel. Bisher seien aber nur wenige Rückerstattungsanträge eingegangen. Das Openair Frauenfeld liess die Fragen des K-Tipp unbeantwortet.
Immerhin: Nicht alle Veranstalter versuchen ihr Publikum davon abzubringen, Geld zurückzuverlangen. So bieten das Greenfield-Festival in Interlaken und das Berner Gurtenfestival die Rückerstattung explizit an. Beide behalten aber, wie auch das St. Galler und das Frauenfelder Openair, 10 Prozent des Ticketpreises zurück – als Beitrag an die Deckung des Aufwands für die Rückabwicklung und der Kosten für die abgesagten Anlässe.
Der Veranstalter trägt das Risiko
Rechtlich ist auch das laut Vito Roberto unzulässig. Bei Absage oder Verschiebung eines Anlasses trage der Veranstalter das Risiko. Er dürfe Ticketkäufer nicht für entstandene Unkosten zur Kasse bitten.
Es lohnt sich, hartnäckig zu bleiben
Die Festivalveranstalter informieren über das Vorgehen und die Fristen für die Rückerstattung oder den Umtausch von Tickets auf ihren Websites. Beim Greenfield-Festival in Interlaken endet die Frist am 13. Juli, bei den Openairs St. Gallen und Frauenfeld am 15. Juli.
Einige Veranstalter übernehmen die Abwicklung der Rückzahlungen auch dann, wenn man den Eintritt über Vorverkaufsstellen wie Ticketcorner und Starticket (neu: See Tickets) gekauft hat. Grundsätzlich aber sollte man die Rückerstattung zuerst dort einfordern, wo man das Billett kaufte.
Übrigens: Beim Ticketkauf über Vorverkaufsstellen erhalten die Kunden die Geschäftsbedingungen der Veranstalter oft nicht zu Gesicht. Entsprechend werden diese nicht Vertragsbestandteil, wie Rechtsprofessor Vito Roberto betont. Eine Vorverkaufsstelle kann sich in diesem Fall also nicht auf die Vertragsbedingungen des Veranstalters berufen, wenn sie die Rückerstattung einschränken oder ablehnen will.