Vor kurzem erhielt die Familie Haldimann in Aarau Post eines lokalen Sportvereins. Dieser suchte neue und vor allem junge Mitglieder. Was Mutter Michèle Haldimann stutzig machte: Der Brief war direkt an ihren 10-jährigen Sohn adressiert.
Sie erkundigte sich beim Sportverein, woher die Daten ihres Sohnes stammen. Antwort: Man habe diese bei der Stadtverwaltung gekauft. Haldimann ist irritiert: «Ich finde es verantwortungslos, dass die Stadt Namen, Alter und Adressen von Kindern ohne Einwilligung der Eltern herausgibt.»
Ein Blick auf die Website von Aarau bestätigt: Die Stadt verkauft die Daten ihrer Einwohner an Interessenten. Demnach kostet eine sogenannte Listenauskunft 5 Rappen pro Person, mindestens aber 100 Franken. Die Listen können nach Kriterien wie Alter, Schweizer/Ausländer, Zuzugsdatum oder Konfession geordnet werden. Nicht bekannt gegeben werden laut der Stadtverwaltung Daten zur finanziellen Situation der Einwohner.
Einzige Voraussetzung für eine Adressherausgabe: Die Daten dürfen «ausschliesslich für ideelle Zwecke» verwendet und nicht weitergegeben werden. Die Stadt findet die Herausgabe der Adressen von Kindern inklusive Altersangabe offenbar nicht heikel – eine entsprechende Frage des K-Tipp beantwortete sie nicht. 2018 hat Aarau gemäss eigenen Angaben zwölf Mal Adressen verkauft. Das kantonale Recht lasse solche Auskünfte zu.
Frauenfeld und Zürich machen nicht mit
Der Verkauf von Einwohneradressen ist gang und gäbe. Das ergab eine Umfrage des K-Tipp bei 20 Städten und Gemeinden: So verkauft auch Thun BE die Adressen seiner Einwohner – sogar an kommerzielle Unternehmen. Letztes Jahr kaufte zum Beispiel die Versicherung Mobiliar die Adressen aller Zuzüger.
Thun gibt ebenfalls die Angaben von Kindern heraus. Die Stadt schreibt dem K-Tipp, «nahezu alle Gesuchsteller» seien seit Jahren bekannt. Ein Missbrauch sei noch nie festgestellt worden. Mit Adresslisten habe man 2018 einen Ertrag von knapp 600 Franken erzielt. St. Gallen gibt an, pro Jahr 10 000 bis 15 000 Franken einzunehmen.
Auch Winterthur ZH ermöglicht den Versand an ausgewählte Adressen. Die Daten werden jedoch nicht ausgehändigt. Désirée Fischer, Hauptabteilungsleiterin Einwohnerkontrolle: «Der Antragsteller schickt uns die zu versendenden, vorfrankierten Couverts, wir etikettieren diese und geben sie bei der Post auf. So können wir sicherstellen, dass die Adressen einzig zum genannten Zweck verwendet und nicht weitergegeben werden.» Der Stundensatz für das Etikettieren betrage 75 Franken.
Frauenfeld und Zürich verzichten ganz auf den Adressenverkauf. Franz Behrens, stellvertretender Direktor des Bevölkerungsamts der Stadt Zürich: «Wir legen grossen Wert auf die Sicherheit der Einwohnerdaten.»
Tipp: Grundsätzlich kann jedermann von der Gemeinde verlangen, dass sie seine Daten für Listenauskünfte sperrt. Dazu reicht meist ein Schreiben an die Gemeindeverwaltung. Allenfalls findet man ein entsprechendes Formular auf der Website der Gemeinde.
Vorsicht bei Postfinance-Login
Kunden geben bei einem neuen Anmeldeverfahren zum E-Banking sensible Daten preis.
Bisher meldeten sich die Kunden der Postfinance mit dem gelben Kartenleser für ihr E-Finance-Konto an.
Nun hat Postfinance eine App lanciert, mit der das Anmelden einfacher und schneller gehen soll. Doch Vorsicht: Bei der App müssen sich Kunden ebenfalls anmelden. Dies ist unter anderem per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung möglich – und das sind hypersensible Daten.
Postfinance gibt auf Anfrage des K-Tipp an, keine biometrischen Daten zu speichern.
Gut zu wissen: Kunden können weiterhin das gelbe Kartenlesegerät verwenden. Postfinance beteuert, dieses werde nicht abgeschafft.