Geprellte müssen aktiv werden

Verspätet sich ein Flug oder fällt er aus, haben Passagiere Anspruch auf Hilfe und oft auf Entschädigung. Doch die Fluggesellschaften lassen sie immer wieder im Regen stehen.<br />

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K-Tipp 13/2010

23.08.2010

Letzte Aktualisierung:
24.08.2010

Gery Schwager

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Fall 1: Rosmarie Lehmann aus Baden AG. Gemeinsam mit einer Freundin wollte Lehmann von Frankfurt nach Buenos Aires fliegen, um dort eine Kreuzfahrt anzutreten. Doch rund drei Stunden nach dem Start roch es in der Kabine der Lufthansa-Maschine nach verbranntem Kabel. Das Flugzeug kehrte nach Frankfurt zurück, wo der Defekt – ein Kurzschluss in der Klimaanlage – behoben werden konnte.

Wegen des Zwischenfalls erreichten Rosmarie Lehmann und ihre Freundin Buenos Aires mit knapp 24-stündiger Verspätung. Sie mussten sofort auf ihr Schiff einchecken – die zur Erholung vom langen Flug gebuchte Nacht im 5-Sterne-Hotel war hinfällig geworden.

Lufthansa hätte die beiden Frauen eigentlich mit je 600 Euro entschädigen müssen. Das geht aus der EU-Verordnung über die Fluggastrechte und aus mehreren zugehörigen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervor. Diese machen klar, dass Airlines einzig dann nicht entschädigungspflichtig sind, wenn «aussergewöhnliche Umstände» zu einer Flugverspätung oder -streichung geführt haben.

Technische Probleme gelten laut dem EuGH grundsätzlich nicht als aussergewöhnliche Umstände. Trotzdem will Lufthansa nicht zahlen. Lehmann und ihre Freundin müssten sich deshalb ans deutsche Luftfahrt-Bundesamt wenden oder gar rechtliche Schritte einleiten, wenn sie zu ihrem Recht kommen wollen (siehe unten).

Fall 2: Stefan Kästli aus Zürich. Mit der irischen Ryanair wollte Kästli für ein verlängertes Wochenende nach London fliegen. Doch rund drei Wochen vor Abreise erhielt er die Mitteilung, dass sein Rückflug nach Basel annulliert worden sei und man ihm das Ticket erstatten werde.

Das lehnte Kästli ab. Er hatte in London bereits ein Hotel gebucht und wollte den Trip machen. Deshalb verlangte er von Ryanair gestützt auf die EU-Verordnung, ihm eine alternative Rückreise zu organisieren.

Weil Ryanair untätig blieb, buchte Kästli schliesslich selber einen neuen Flug, und zwar bei Swiss für knapp 300 Franken. Ryanair forderte er auf, diese Kosten zu erstatten – vergeblich. Erst nach Intervention des K-Tipp signalisierte die Airline, die Sache mit Kästli bereinigen zu wollen.

Was beide Fälle vermuten lassen: Fluggesellschaften gehen davon aus, dass um ihre Rechte geprellte Passagiere in der Regel bloss die Faust im Sack machen. Diese haben es in der Hand, sie eines Besseren zu belehren.

So wehren Sie sich

Die EU-Verordnung über Fluggastrechte – sie gilt auch in der Schweiz – hält fest, was Passagieren in Fällen verspäteter, überbuchter und annullierter Flüge zusteht. Grundsätzlich müssen Airlines Ersatzlösungen und Hilfeleistungen bieten. Auch haben Fluggäste häufig das Recht, ihr Ticket zurückzugeben. Und je nach Fall besteht Anspruch auf eine Entschädigung, die bis zu 600 Euro pro Person betragen kann.
Details zur EU-Verordnung und ihrer Anwendung finden Sie in K-Tipp 2/10 und 2/09 sowie im K-Tipp-Merkblatt «Das Wichtigste zum Reiserecht».
Ihre Rechte als Passagier müssen Sie zuerst bei der Airline einfordern. Schaltet diese auf stur, können Sie bei Flügen ab der Schweiz ans Bundesamt für Zivilluftfahrt gelangen (Tel. 031 325 95 96, Mail: passengerrights@bazl.admin.ch), bei Flügen ab dem Ausland an die dortigen Behörden (Adressliste: apr.europa.eu National Enforcement Bodies).
Nützt das ebenfalls nichts, bleibt der Gerichtsweg. Sie können sich auch an die Organisation EUclaim wenden. Sie versucht, bei der Airline Ihre Entschädigung durchzusetzen, kassiert aber, nebst einer Gebühr von 25 Euro, im Erfolgsfall 27 Prozent davon ein.

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