Der Sohn von Beatrice Frei und Stefan Zundel aus Münchwilen AG kam Ende Januar im Spital Rheinfelden AG zur Welt. Ein oder zwei Tage später informierte eine Krankenschwester die Eltern, dass ein Fotograf ein Foto für die Babygalerie auf der Website des Spitals mache. «Kurz vor dem Austritt kam dann eine Frau zu uns ins Zimmer und stellte sich als Fotografin der Firma Baby Smile vor», erinnert sich Vater Stefan Zundel.
Die Frau machte einige Fotos. Eines davon stellte sie in die Babygalerie im Internet. Die Eltern bekamen ebenfalls einen Ausdruck. Doch dabei blieb es laut Zundel nicht: «Die Fotografin zeigte uns einen Werbeprospekt mit verschiedenen Artikeln, die man kaufen kann, zum Beispiel Geburtskärtchen, Poster und Fotobücher.»
«Mit Gefühlen gespielt und Geld gemacht»
Kurz darauf erhielten die Eltern per E-Mail eine Adresse, über die sie die Fotos ihres Sohnes ansehen konnten. Sie erschraken, als sie die Preise sahen: Für 18 Fotos auf CD verlangte Baby Smile 259 Franken. Zusammen mit verschiedenen Produkten eines «Baby Smile-Sets» belief sich der Preis auf 348 Franken. Zundel ärgert sich: «Hier wird mit den Gefühlen von frischgebackenen Eltern gespielt und Geld gemacht. Denn wer will auf diese Fotos seines neugeborenen Kindes verzichten?»
Die deutsche Baby Smile AG aus Chemnitz mit einem Schweizer Ableger in Zürich fotografiert nicht nur im Spital Rheinfelden. Gemäss Website erhält sie von über 20 Spitälern Zutritt zu Neugeborenen – etwa in den Hirslandenkliniken in Aarau, Bern und Zürich und in den Kantonsspitälern in Liestal BL, Münsterlingen TG und Olten SO.
Baby Smile schreibt dem K-Tipp, es bestehe weder eine Verpflichtung zum Fotoshooting noch zum Kauf. Als Gegenleistung für den Zugang zu den Eltern helfe die Firma den Spitälern beim Unterhalten der Babygalerien, aber auch bei der Gestaltung des Spitals mit Bildern.
Weitere Spitäler arbeiten mit anderen Fotofirmen zusammen, die ähnliche Preise wie Baby Smile verlangen. So etwa das Luzerner Kantonsspital mit Kliniken in Luzern, Sursee und Wolhusen, aber auch das Stadtspital Triemli in Zürich. Letzteres wirbt sogar auf seiner Website für das professionelle Fotoshooting: «Erwerben Sie die entstandenen Bilder direkt bei unserem Fotografen.»
Unangemeldet im Spitalzimmer
Die vom K-Tipp angefragten Spitäler sehen darin kein Problem. So schreiben etwa Hirslanden, das Luzerner Kantonsspital und das Triemli, dass Fotografen nur auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern Zutritt erhielten. Das stimmt zwar, wie eine Mutter aus Zürich bestätigt. Sie gebar im Triemli. Doch: «Die Geburt war sehr anstrengend und der Fotograf stand unangemeldet im Zimmer. Das hat mich zusätzlich gestresst.»
Aus genau diesem Grund nehmen andere Spitäler Abstand von profitorientierten Fotografen. Das Unispital Zürich etwa lässt solche nicht zu: «Die Ruhe von Eltern und Baby nach der Geburt soll nicht für kommerzielle Zwecke gestört werden», sagt Sprecherin Barbara Beccaro. Im Kantonsspital Graubünden machen Hebammen oder das Pflegepersonal ein erstes Foto – das sei entspannter und intimer.
Das Unispital Basel brach vor knapp sechs Jahren die Zusammenarbeit mit der Firma Baby Smile ab. Es stellte eine eigene Fotografin an, die auf Wunsch der Eltern kostenlos ein Foto knipst. Grund: Das Spital wollte keine Geschäftemacherei mehr am Wochenbett.