Gleiche Gleise - völlig andere Preise
Einst hatte ein Bahnbillett einen fixen Preis. Heute bezahlt man bei den SBB bis zu 190 Prozent mehr für eine Auslands-Bahnreise als beispielsweise beim VCS.
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K-Tipp 4/2004
25.02.2004
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Bahnkunden, die an einem grösseren SBB-Bahnhof ein Auslandsbillett kaufen wollen, haben ein Problem: Entweder stehen sie am Schalter endlos Schlange oder sie rufen auf die Rail-Service-Nummer an. Aber das kostet Fr. 1.19/Minute. Und in beiden Fällen besteht die Gefahr, dass der Bahnkunde zu viel zahlt.
Jetzt verspricht der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS), er sei für Reisen nach Frankreich und Deutschland die Nummer 1. Nur der VCS biete Billette an die abgelegensten Bahnhöfe an...
Bahnkunden, die an einem grösseren SBB-Bahnhof ein Auslandsbillett kaufen wollen, haben ein Problem: Entweder stehen sie am Schalter endlos Schlange oder sie rufen auf die Rail-Service-Nummer an. Aber das kostet Fr. 1.19/Minute. Und in beiden Fällen besteht die Gefahr, dass der Bahnkunde zu viel zahlt.
Jetzt verspricht der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS), er sei für Reisen nach Frankreich und Deutschland die Nummer 1. Nur der VCS biete Billette an die abgelegensten Bahnhöfe an. Und nur der VCS habe Zugriff auf alle Rabatte.
Grund für den K-Tipp, die Angebote von SBB und VCS stichprobenweise zu testen. Das Ergebnis: Der VCS machte auf vier von fünf Strecken das günstigere Angebot (siehe Tabelle). Eklatant der Unterschied auf der Strecke Mannheim-Ostseebad Binz: Bei den SBB kosten die Billette für zwei Erwachsene über 480 Franken mehr als beim VCS. Das ist ein Mehrpreis von 190 Prozent. Kommt hinzu, dass die SBB die Billette nur bis nach Bergen (etwa 20 Kilometer vor Binz) ausstellen können.
Auffallend ist, dass die Beratungsqualität bei VCS und SBB alles andere als perfekt ist. Beispiel Basel-Paris: Hätte der VCS-Angestellte seine Arbeit ein bisschen gründlicher gemacht, wäre er auf einen Preis von 77 Franken pro Person gekommen. Und der SBB-Angestellte, der an seinem Computer keinen Zugriff auf diesen günstigen Preis hat, hätte immerhin Billette für 124 Franken pro Person anbieten können.
Konkurrenzlos günstig auf dieser Strecke sind mit Fr. 63.20 pro Person jedoch die französischen Bahnen, die SNCF. Mit den so genannten Prem's-Billetten wollen sie die Billigflüge konkurrenzieren. Erhältlich sind die Prem's-Billette im Internet unter www.voyages-sncf. com. Zahlen müssen die Kunden mit Kreditkarte. Die Billette werden auch in die Schweiz verschickt.
Wer sich nach Auslandsbilletten erkundigt, braucht viel Geduld. Vor allem bei den SBB. Bei zwei Stichproben hatte der Telefongebühren-Zähler die Fünf-Franken-Marke bereits überschritten, als die SBB-Angestellten entschieden, die Informationen zusammenzutragen und zurückzurufen. Und bis zum Rückruf dauerte es in beiden Fällen über zwei Stunden.
Eine Entwicklung wie im Flugverkehr
Dass die Spezialisten von VCS und SBB nicht einmal auf die billigsten Tarife stossen, die sie selber im Angebot haben, ist auch für die Verantwortlichen ernüchternd. David Fiechter, Teamleiter der VCS-Bahnabteilung, sagt denn auch: «Wir sind erst seit Anfang Jahr Generalagent von DB und SNCF. Im Moment besteht noch ein grosses Optimierungspotenzial.» Und SBB-Sprecher Roland Binz erklärt: «Offensichtlich wurde von unserem Personal auch da der Vollpreis genannt, wo günstigere Spezialangebote bestehen. Das ist nicht korrekt. Wir bedauern die Fehler.»
Der Gerechtigkeit halber sei aber auch gesagt, dass es immer schwieriger wird, im Tarifdschungel des internationalen Bahnverkehrs den Überblick zu behalten. In vielen Ländern gelten für unterschiedliche Züge verschiedene Tarife. Zudem gibts Sparpreise für Frühbucher. Oder für Reisende, die übers Wochenende wegbleiben. Zudem sind billige Billette in vielen Zügen kontingentiert. «Die Entwicklung ist mit jener im Luftverkehr vergleichbar», sagt SBB-Sprecher Binz.
Er empfiehlt deshalb: «Erkundigen Sie sich wie vor Flugreisen bei verschiedenen Bahnunternehmen nach den günstigsten Tarifen.» Denn jede Bahngesellschaft sei frei, im Binnenverkehr Spezialtarife anzubieten.
Deshalb haben die SBB auf ihrer Website einen Link zu den Prem's-Billetten der SNCF aufgeschaltet. So können SBB-Kunden direkt bei den SNCF die billigsten Billette kaufen. Und im Laufe des Jahres soll bei den SBB eine Website mit Spartipps dazukommen.
Und was passiert, wenn ein Kunde merkt, dass er ein viel zu teures Billett gekauft hat? Vor der Fahrt erhält der Kunde bei den SBB und beim VCS sein Geld zurück, danach nicht mehr.
Das können Bahnreisende tun, damit sie für ihre Auslandsbillette nicht zu viel bezahlen:
- Informieren Sie sich frühzeitig. In etlichen Zügen gibts nur wenige günstige Plätze. Diese sind rasch ausgebucht.
- Holen Sie verschiedene Offerten ein: beim VCS (062 956 56 56), bei den SBB (0900 300 300, Fr. 1.19/Min.), aber auch bei Privatbahnen wie der BLS.
- Informieren Sie sich auch bei der Bahngesellschaft des jeweiligen Landes. Zum Beispiel bei der SNCF (www. sncf.com), bei der Deutschen Bahn (www.bahn.de), bei den Ferrovie dello Stato (www.trenitalia.com) oder bei den Österreichischen Bundesbahnen (www.oebb.at).
- Fragen Sie jeweils explizit nach dem günstigsten Tarif.
- Erkundigen Sie sich nach Mitfahrer-Rabatten.
- Erwähnen Sie, dass Sie ein Halbtaxabo, ein GA oder eine andere Vergünstigung haben.
- Kaufen Sie, sofern sich das lohnt, ausländische Vergünstigungen wie zum Beispiel die Bahncard für Deutschland (erhältlich beim VCS).
Nicht zum ersten Mal hat der K-Tipp über zu teure Billette der SBB berichtet. Geniessen die SBB noch Ihr Vertrauen? Antworten Sie bitte auf www.ktipp.ch.