Auf der Internetplattform Google Maps lassen sich mit der Funktion «Street View» neben Strassen auch Standorte von Institutionen im Luft- oder Satellitenbild auskundschaften. Google publiziert auf «Street View» nicht nur eigene Bilder, sondern auch solche von Privaten.
Für seine eigenen Bilder fährt Google mit einer Kamera systematisch Strassen ab. Die Fotos werden auf Google Maps publiziert. Google ist verpflichtet, in regionalen und lokalen Medien über bevorstehende Aufnahmen und Aufschaltungen von Bildern zu informieren.
Laut Bundesgerichtsentscheid von 2012 muss das Unternehmen 99 Prozent der Gesichter und Autokennzeichen auf seinen Fotos unkenntlich machen. Es müsse in Kauf genommen werden, dass rund 1 Prozent der Bilder ungenügend anonymisiert ins Internet gelangen. Betroffene müssten aber verlangen können, dass diese anonymisiert werden. Der damalige Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür hatte Massnahmen gefordert, um bei «Street View» den Schutz der Privatsphäre zu verbessern. Google lehnte die Umsetzung der Vorschläge mehrheitlich ab. Deshalb musste auf Klage von Thür in letzter Instanz das Bundesgericht entscheiden.
Auf vielen Fotos sind Personen zu erkennen
Eine kleine Stichprobe des K-Tipp auf Google Maps zeigt: Auf unzähligen Bildern von Amateurfotografen sind unverpixelt Leute und Autokennzeichen zu erkennen. In den Bahnhöfen Zürich und Basel aufgenommene Bilder zeigen wartende Bahnreisende und Passanten. Auf einem Foto des Polizeipostens in Stans NW ist ein junger Mann zu sehen, wie er den Posten gerade verlässt.
Wie kommen diese Bilder auf Google Maps? Google animiert Privatpersonen aktiv, ihre Bilder zur Verfügung zu stellen. Mit dem Punktesystem «Local Guide» von Google kann jedermann Bilder gegen Punkte hochladen. Die Punkte können zum Beispiel für die Teilnahme an Google-Workshops eingelöst werden.
Google schreibt unter «Datenschutz und Unkenntlichmachung»: Bilder, die nicht von Google stammen, würden nicht unkenntlich gemacht. «Einzelpersonen stellen in Google Maps regelmässig Aussen- und Innenaufnahmen zur Verfügung und sind als Inhaber für diese Bilder verantwortlich.» Und: «Die Richtlinien zur Unkenntlichmachung von Google gelten in diesem Fall nicht.»
Bundesgerichtsurteil gilt für alle Fotos
Diese Aussage ist falsch. Google ist gemäss schweizerischem Recht für alle Veröffentlichungen auf seiner Plattform verantwortlich – wie jeder Verlag für die auf seiner Website veröffentlichten Texte, Bilder und Anzeigen. Der ehemalige Datenschützer Thür: «Für die Bilder von Privaten, die Google veröffentlicht, muss das Gleiche gelten wie für die Bilder, die von Google selber stammen.» So hat auch das Bundesgericht 2013 in einem ähnlichen Fall entschieden.
Google-Sprecherin Nadia Rasetti erklärt gegenüber dem K-Tipp, dass Benutzer von «Street View» jederzeit ein Bild unkenntlich machen könnten, wenn sie auf den Knopf in der unteren Ecke des Bildes klickten.
Doch dies funktioniert nur für Bilder von Google. Bei diesen können Betroffene in wenigen Schritten die Verpixelung von Gesichtern, Häusern etc. verlangen, wie es das Bundesgericht angeordnet hat.
Auf Fotos von Privaten findet man bei Google lediglich den Link «Problem melden». Dort kann das Foto unter anderem als «Spam» oder als «Gewalt» angezeigt werden. Die Möglichkeit, eine Verpixelung von Gesichtern oder etwa Autokennzeichen zu verlangen, fehlt.
Stattdessen findet man die kaum verständliche Option «This photo has other privacy related issues» (auf Deutsch: Dieses Foto betrifft andere Datenschutzfragen). Der heutige Eidgenössische Datenschützer Adrian Lobsiger: «Dass der Text zur Meldung von Persönlichkeitsverletzungen nicht auf Deutsch ist, ist auf einen Fehler von Google zurückzuführen. Wir haben Google darauf hingewiesen.»
Google-Sprecherin Rasetti sagt: «Google setzt die Vorgaben des Bundesgerichtsurteils von 2012 in Bezug auf ‹Street View› auf Google Maps vollumfänglich um und hat Anpassungen des Dienstes in der Schweiz vorgenommen.»