Grossverdiener geschont
Wer künftig arbeitslos wird, soll den Gürtel enger schnallen. Das gilt auch für jene, die während Jahrzehnten in die Kasse eingezahlt haben. Das letzte Wort zu diesen Vorschlägen des Parlaments haben die Stimmbürger.
Inhalt
K-Tipp 14/2010
06.09.2010
Letzte Aktualisierung:
07.09.2010
Beatrice Walder K-Tipp
Die Arbeitslosenkasse schreibt tiefrote Zahlen. Sie steht mit mehr als 7 Milliarden Franken im Minus. Dieser Schuldenberg muss weg – die Frage ist nur, wie. Am 26. September entscheidet das Stimmvolk darüber.
Die geplante Revision will pro Jahr 646 Millionen Franken mehr Prämien einnehmen (siehe unten). Gleichzeitig sollen auf Kosten der Arbeitslosen 622 Millionen gespart werden. Das sind die wichtigsten geplanten Leistungskürzungen:
Die Arbeitslosenkasse schreibt tiefrote Zahlen. Sie steht mit mehr als 7 Milliarden Franken im Minus. Dieser Schuldenberg muss weg – die Frage ist nur, wie. Am 26. September entscheidet das Stimmvolk darüber.
Die geplante Revision will pro Jahr 646 Millionen Franken mehr Prämien einnehmen (siehe unten). Gleichzeitig sollen auf Kosten der Arbeitslosen 622 Millionen gespart werden. Das sind die wichtigsten geplanten Leistungskürzungen:
Schul- und Studienabgänger
Wer jünger ist als 25 erhält schon heute in den ersten 24 Wochen der Arbeitslosigkeit keine Taggelder. Das soll neu auch für über 25-Jährige gelten, die schon einen Berufsabschluss haben oder unterhaltspflichtig sind. Zudem sollen Schul- und Studienabgänger nicht mehr maximal 260, sondern nur noch maximal 90 Taggelder erhalten.
Junge Arbeitslose
Wer noch nicht 25 Jahre alt ist und keine Kinder hat, erhält maximal 200 statt 400 Taggelder. Der Anspruch wird also halbiert, obwohl die Jungen wie alle anderen Beiträge abliefern müssen. Berufstätige unter 30 Jahren müssen neu jede Arbeit annehmen.
Beitragsbefreite
Nur noch maximal 90 statt 260 Taggelder gibt es für alle, die keine Beiträge zahlen mussten. Dazu zählen Leute, die in den 24 Monaten vor der Arbeitslosigkeit länger als 12 Monate wegen Mutterschaft, Krankheit, Unfall, Umschulung oder Weiterbildung nicht gearbeitet haben. Zu dieser Gruppe gehören auch Personen, die wegen Scheidung oder Trennung bzw. Tod oder Invalidität des Gatten gezwungen sind, wieder zu arbeiten, jedoch keine Stelle finden.
Stellenlose mit zu kurzer Beitragszeit
Neu müssen Arbeitssuchende während zwei Jahren vor der Arbeitslosigkeit mindestens 18 statt 12 Monate gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Sonst erhalten sie statt 400 bloss 260 Taggelder – egal, wie viele Jahre sie zuvor ohne Unterbruch gezahlt und gearbeitet haben. Über 55-Jährige müssen neu 24 Monate statt wie bisher 18 Monate Beitragszeit nachweisen können, um 520 Taggelder zu bekommen.
Stellenlose ohne unterhaltspflichtige Kinder
Sie sollen länger auf Taggeld warten müssen. Bei einem versicherten Verdienst von über 60 000 Franken haben sie 10 Tage lang keinen Anspruch auf Taggeld (bis jetzt 5).
Bei mehr als 90 000 Franken Lohn sind es 15 Tage und ab 125 000 Franken 20 Tage. Betroffen sind auch Arbeitslose, bei denen die Kinder ausgeflogen oder über 25 Jahre alt sind. Sie werden nicht das erhalten, wofür sie jahrzehntelang einbezahlt haben. Das widerspricht dem Versicherungsgedanken.
Besonders hart treffe es Erwerbstätige mit Einkommen um die 60 000 Franken und wenig Erspartem, sagt Daniel Lampart vom Schweizerischem Gewerkschaftsbund. In der Sendung «Kassensturz» nannte er als Beispiel einen Maurer, der 5000 Franken verdient und dessen Kinder ausgezogen sind: «Er wird im ersten Monat, wenn er arbeitslos ist, nur 1900 Franken erhalten.»
Leidtragende der Revision sind auch die Steuerzahler. Denn wer kein Anrecht mehr auf Arbeitslosengeld hat, ist oft auf Sozialhilfe angewiesen. Diese Kosten sind von den Gemeinden, Städten und Kantonen zu tragen.
Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe lehnt die Revision deshalb ab. Eine von der Sozialdirektorenkonferenz der Kantone in Auftrag gegebene Studie rechnet mit Mehrkosten für die Steuerzahler von 127 bis 155 Millionen pro Jahr.
Einheitsprämie brächte Milliarden
Am 26. September stimmt das Volk über die Sanierung der Arbeitslosenversicherung ab. Der Bundesrat will 646 Millionen mehr einnehmen. Deshalb sollen die Beiträge der Angestellten und Betrie-be von 2 auf 2,2 Prozent erhöht werden. Das gilt für Einkommen bis Fr. 126 000.–. Bei höheren Jahreslöhnen bis Fr. 315 000.– soll vorübergehend 1 Prozent erhoben werden.
Berechnungen der Zeitschrift «Saldo» (Ausgabe 13/10) zeigen, dass es anders ginge: Würden die Grossverdiener künftig so viel Prämien zahlen wie alle anderen Angestellten heute, wäre die Arbeitslosenkasse saniert. Allein 2007 wären eine Milliarde Franken zusätzlich in die Kasse geflossen.