Die Migros schreibt: «In unseren Filialen mit Hausbäckerei wird das Brot direkt vor Ort von unseren Bäckern hergestellt. Es wird geknetet, geformt und gebacken, sodass Sie jederzeit frisches und warmes Brot vorfinden.» Und Coop hält fest: «Das Versprechen täglich frisch und hausgemacht wird in den Coop-Verkaufsstellen mit eigener Hausbäckerei Tag für Tag eingelöst.»
Die Migros verfügt über 130 Filialen mit Hausbäckerei, Coop über 52. Und in einigen Filialen können die Kunden den Bäckern sogar über die Schulter schauen.
Doch die Sache mit dem «hausgemachten» Brot hat einen Haken. Denn auch in den Filialen mit Hausbäckerei entsteht längst nicht alles Brot vor Ort. Die Migros beliefert die Hausbäckereien aus elf Grossbäckereien mit Brot. Coop produziert in fünf Grossbäckereien. Von dort stammen die günstigsten Brote, wie etwa Ruchbrot und Halbweissbrot. Aber auch teurere.
Aufbackbrot braucht sehr viel Energie
Die Migros etwa baute die Bäckerei in Gränichen AG in den letzten Jahren für 60 Millionen Franken aus. Der Ofen ist mit italienischem Granit ausgekleidet. Produziert werden sogenannte Steinofenbrote. Nach welchem Verfahren genau gebacken wird, will die Migros nicht verraten.
Doch der K-Tipp weiss: Die Brote werden nur zu zwei Dritteln gebacken und anschliessend – noch heiss – bei minus 40 Grad schockgefroren. Danach kommen sie ins Verteilzentrum nach Neuendorf SO. Von da gehts in die Filialen – und zwar auch in diejenigen, die eigentlich mit einer eigenen Bäckerei ausgestattet sind. Dort kommen die Brote, ohne dass sie vorher aufgetaut worden wären, in den Ofen und werden fertig gebacken.
Laut einer deutschen Studie braucht die Produktion eines solchen Brots viermal so viel Energie wie die Herstellung eines normalen Brots. Das passt schlecht zum Bild, das die Migros von sich hat. Noch im Oktober schrieb sie von sich, sie sei die «nachhaltigste Detailhändlerin der Welt».
Frische wichtiger als Nachhaltigkeit
Die Migros schreibt dazu: Dank der tiefgekühlten Brote, die sich rasch aufbacken liessen, könne sie bis Ladenschluss «eine optimale Frischeleistung» bieten. Und zugleich würde nur wenig Brot verderben.
Auch Coop behauptete schon: «Wir sind in der Nachhaltigkeit weltweit die Nummer 1.» Das hindert den Migros-Rivalen aber nicht daran, das gleiche energieaufwendige Backverfahren anzuwenden. Coop gab zwar dem K-Tipp an: «Es handelt sich um Teiglinge, die während des Herstellungsprozesses tiefgekühlt werden.» Doch das stimmt nicht. Auch die Coop-Brote werden teilgebacken und dann in heissem Zustand schockgefroren. Coop baute dafür in Schafisheim AG die «grösste Bäckerei der Schweiz» – im gleichen Gebäude wie die Verteilzentrale für Tiefkühlprodukte.
Coop konnte dem K-Tipp nicht plausibel erklären, wie Nachhaltigkeitsbemühungen und solche Backverfahren zusammenpassen. Der Detailhändler sagt, das Ziel sei es, bis 2023 den CO2-Ausstoss um 50 Prozent gegenüber 2008 zu reduzieren. Die zwischenzeitlich tiefgekühlten Brote dienten dazu, «den Kunden während des ganzen Tages frische Backwaren anzubieten».
Tipp: Kunden können an der Verpackung erkennen, wie Coop und Migros die jeweiligen Brote gebacken haben. Grundsätzlich verkaufen sie in den Filialen mit Hausbäckerei drei Sorten:
Aus der Hausbäckerei: In der Migros erkennbar am Aufdruck «frisch & handgemacht» und bei Coop am Aufdruck «hausgemacht» – beides auffällig auf der Vorder- und der Rückseite.
Tiefgekühlt aus der Grossbäckerei: Auf der Rückseite steht im Kleingedruckten, das Brot sei tiefgekühlt gewesen.
Frisch aus der Grossbäckerei: Die Brote tragen weder den Aufdruck «hausgemacht» oder «handgemacht» noch den Hinweis «tiefgekühlt».