Sepp Zurfluh aus Rothenburg LU bestellt seit Jahren Medikamente bei Versandapotheken in Deutschland. Denn dort zahlt er nur etwa halb so viel wie in der Schweiz. Ende letzten Jahres kaufte er bei Versandapo.de für 65 Franken Nasentropfen, Schmerz- und Durchfallmittel sowie Mund- und Rachenspray.
Statt der Medikamente erhielt Zurfluh Post von Swissmedic: «Gemäss Heilmittelrecht darf eine Privatperson Medikamente nur in kleinen Mengen, maximal in der Menge eines therapeutischen Monatsbedarfs, einführen.» Ohne seine Einsprache werde die «illegale Sendung» vernichtet, liess ihn die Arzneimittelbehörde wissen. Von welchen Medikamenten er zu viel bestellt hatte, teilte Swissmedic ihm nicht mit. Auf Anfrage sagt Swissmedic-Sprecher Alex Josty, Zurfluh habe den Monatsbedarf bei den Nasentropfen überschritten.
Dieser im «Gesundheitstipp» (2/2022) geschilderte Vorfall ist kein Einzelfall. Lucia Müller aus Sarnen OW zum Beispiel bestellte in Deutschland ein Mittel zur Regulierung der Darmtätigkeit und des Gewichts. Es war in der Schweiz nicht mehr erhältlich. Swissmedic zog die Dreimonatsdosis ein und Müller musste 300 Franken bezahlen.
Viele ärgern sich über den abgeschotteten Schweizer Markt. Denn in den Ferien sehen sie, dass ihre Medikamente im Ausland viel günstiger sind. Oder dass es in der Schweiz Arzneien nicht gibt, die etwa in Deutschland sehr beliebt sind. Auch Touristen haben ein Problem: Sie dürfen sich zwar drei Monate in der Schweiz aufhalten. Falls sie Medikamente benötigen, dürfen sie die für diese Zeit benötigte Menge aber nicht über die Grenze bringen.
Import für Private ist nicht klar geregelt
Das Vorgehen von Swissmedic ist fragwürdig. Denn die Rechtslage ist nicht so klar, wie die Behörde glauben macht. Weder das Heilmittelgesetz noch die dazugehörige Verordnung legen nämlich fest, wie viele Medikamente Privatpersonen für den eigenen Gebrauch importieren dürfen. Erlaubt sind danach «kleine Mengen».
Was das genau heisst, hat das Bundesgericht bis jetzt noch nie festgelegt. Es gibt lediglich mehrere Urteile des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses beschränkte den Import zwar auf eine Monatsration, stützt sich dabei allerdings auf Regeln für gefährlichere betäubungsmittelhaltige Medikamente wie zum Beispiel Methadon oder Valium ab.
Bestellt jemand mehr Medikamente als erlaubt, darf Swissmedic mit dem Segen des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur die bloss zu viel bestellten Arzneimittel vernichten, sondern gleich die gesamte Bestellung.
Swissmedic hält laut Pressesprecher Josty daran fest, dass von allen Medikamenten nur eine Monatsration über die Grenze gebracht werden darf.
Der Basler Wirtschaftsprofessor Stefan Feldmann sieht das anders: Er fände es «angemessen, wenn Patienten einen Bedarf von drei bis sechs Monaten einführen könnten». Swissmedic lässt immerhin die kleinste, auch einen Monatsbedarf übersteigende Packung zu. Zudem gehört zum Eigengebrauch «der Bedarf für die im gleichen Haushalt lebenden Personen und Haustiere». Das heisst: Wer menschliche oder tierische Mitbewohner hat, kann einen höheren Eigenbedarf geltend machen.
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Preise zu hoch
Wieso senkt die Swissmedic bzw. der Preisüberwacher die überrissenen Preise nicht?
Wo bleibt hier der Datenschutz?
Wie kommt die Swissmedic an diese Informationen und wer ermächtigt sie, fremdes Eigentum zu vernichten?