Während der Fahrt ein SMS diktieren, Pieptöne beim Parkieren und die Adresse des nächstgelegenen Kinos auf dem Bildschirm des Bordcomputers: Kaum ein Neufahrzeug kommt heute ohne solche Spielereien aus.
Eine Untersuchung des amerikanischen Marktforschungsunternehmens J. D. Power ergab jedoch: Jeder fünfte Autokäufer in den USA nutzt die sogenannten On-Board-Systeme nicht. Einige Systeme kamen dabei ganz schlecht weg: So hält fast die Hälfte der 4200 befragten Autokäufer die Möglichkeit der Suche nach Restaurants oder Hotels für überflüssig.
38 Prozent können nichts mit eingebauten WLAN-Routern anfangen. Und 35 Prozent halten wenig von Parkierhilfen. 14 Assistenzsysteme hatten für jeden fünften Autofahrer überhaupt keinen Nutzen. Sie wurden in vielen Fällen nicht einmal ausprobiert.
Zu ähnlichen Resultaten kommt eine Umfrage der unabhängigen deutschen Prüforganisation KÜS: 18 Prozent lehnen demnach sogar die sicherheitsrelevanten Systeme ab.
Dennoch mussten diese Fahrer für die Assistenzsysteme bezahlen. Laut der Studie würden sie beim nächsten Autokauf gern darauf verzichten. Die Systeme steigern den Anschaffungspreis eines Wagens um durchschnittlich 40 Prozent (siehe Kasten). Sie können zudem die Unterhaltskosten in die Höhe treiben: Ein kleiner Kratzer an der Stossstange kann teuer werden. Denn im schlimmsten Fall müssten dann auch die Rückfahrkamera und die Sensoren ausgetauscht werden.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam der Touring Club Schweiz (K-Tipp 16/2013): Die Reparatur einer Stossstange nach einem Bagatellunfall ist etwa doppelt so teuer, wenn gleichzeitig ein eingebauter ACC-Sensor ersetzt werden muss. Diese Adaptive Cruise Control (ACC) soll Auffahrunfälle verhindern, indem sie ein vorausfahrendes Fahrzeug erkennt.
Verständnislose Hersteller
Der K-Tipp fragte verschiedene Autohersteller und Händler, ob es noch gut motorisierte und gut ausgestattete Neuwagen gibt, die ohne diese Hightech-Spielereien ausgeliefert werden. Vor allem Hersteller von teuren Autos blieben die Antwort schuldig: So äusserten sich weder BMW noch Mercedes oder Audi zum Thema. Andere Reaktionen waren eher von Verständnislosigkeit geprägt. Ob Amag, Toyota oder Renault – alle behaupten, die Hightech-Systeme würden den Kundenbedürfnissen entsprechen. Dies gelte speziell beim Kauf von luxuriöseren Modellen.
Ein Amag-Sprecher erklärt, dass Audi auch Modelle der Oberklasse «ohne solche Systeme und Ausstattungen» anbiete. Zudem verwies er auf die VW-Ausstattungslinie «Trendline». Diese komme ohne Systeme wie «Park Assist», Spurwechselassistent, Regensensor, adaptive Fahrwerksregelung aus – aber auch ohne LED-Licht beim Make-up-Spiegel.
Toyota sagt, man spüre keine Ablehnung der Kunden gegenüber modernen elektronischen Systemen.
Assistenten: Sicherheitsrelevant, überteuert oder riskant
Bei den Assistenzsystemen für Autos lassen sich drei Arten unterscheiden:
Sicherheitsrelevante Assistenten: Gewisse High-tech-Extras können die Sicherheit der Autofahrer erhöhen. Solche Assistenzsysteme sind denn auch gesetzlich vorgeschrieben. Dazu gehören zum Beispiel das Antiblockiersystem ABS und das elektronische Stabilitätsprogramm ESP.
Überteuerte Assistenten: Die Autohersteller bauen viele Assistenzsysteme ein, die in erster Linie den Preis in die Höhe treiben. Oft sind sie unnötig teuer, wie der K-Tipp nachgewiesen hat (16/2015). So kosten beispielsweise fest eingebaute Navigationssysteme der Hersteller oft ein Vielfaches von frei erhältlichen Geräten mit vergleichbaren oder sogar besseren Leistungen.
Im Auto-Blog «Autofinden.de» wird ein deutscher Volkswagen-Händler zitiert, der erklärt, warum Autohersteller ihre Extras so vehement verteidigen: «Die Gewinnspanne an der Ausstattung ist branchenweit drei bis fünf Mal so hoch wie am Auto selbst. Deshalb sind die Hersteller so scharf auf den Ausstattungsindex – bei guten Wagen liegt er bei 1,4.» Das bedeutet: Der Grundpreis des Autos steigt um das 1,4-Fache – also um 40 Prozent. Für einen Wagen, der laut Katalog 20 000 Franken kostet, beträgt der Preis dann 28 000 Franken.
Riskante Assistenten: Einige Assistenzsysteme, speziell für die Kommunikation, sind ein Sicherheitsrisiko. In ihrem Faktenblatt «Unaufmerksamkeit und Ablenkung» hält die Beratungsstelle für Unfallverhütung fest: Alle Formen elektronischer Kommunikation lenken die Fahrer ab.
Laut dem BFU-Unfallforscher Uwe Ewert dürfte die Sprachsteuerung zwar sicherer sein als Systeme mit manueller Bedienung. Doch so beschäftige man sich am Steuer mit einer Sache, die mit dem eigentlichen Fahren nichts zu tun habe – und werde abgelenkt.