Hilfe, ein weiteres Label!
Die Konsumenten haben im Label-Salat längst die Übersicht verloren. Das neue Migros-Dachlabel «Engagement» schafft zusätzliche Verwirrung.
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K-Tipp 10/2003
21.05.2003
Patrick Gut - pgut@ktipp.ch
Ökologische und soziale Labels zahlen sich aus. Migros steigerte den Umsatz mit Produkten aus diesem Segment im letzten Jahr um 13 Prozent auf 1,74 Milliarden Franken. Bis 2010 werden 2,5 Milliarden anvisiert.
Bloss: Die Konsumenten haben längst die Übersicht verloren. Beispiele: In der Fleischabteilung der Migros gibts Produkte mit Migros-Bio-, Agri-Natura- und 7-Punkte-Garantie-Label. Wer weiss schon, was jedes einzelne dieser Labels genau bedeutet? Nicht viel besser ergehts ...
Ökologische und soziale Labels zahlen sich aus. Migros steigerte den Umsatz mit Produkten aus diesem Segment im letzten Jahr um 13 Prozent auf 1,74 Milliarden Franken. Bis 2010 werden 2,5 Milliarden anvisiert.
Bloss: Die Konsumenten haben längst die Übersicht verloren. Beispiele: In der Fleischabteilung der Migros gibts Produkte mit Migros-Bio-, Agri-Natura- und 7-Punkte-Garantie-Label. Wer weiss schon, was jedes einzelne dieser Labels genau bedeutet? Nicht viel besser ergehts dem Kunden in der Kleiderabteilung. Hier buhlen - neben den herkömmlichen Produkten - solche mit Eco-Label und andere mit der Auszeichnung Bio-Baumwolle um die Käuferschaft.
«Es findet eine Verwässerung statt»
Mit dem Dachlabel «Engagement» will Migros nach eigenen Angaben «Übersicht schaffen». Sie verspricht: «Dank dem neuen Dachlabel gibts keine Zweifel: Alle Produkte, die den Zusatznamen «Engagement» tragen, sind nach besonders ökologischen oder sozialen Kriterien hergestellt worden.» Schön wärs. Denn das vollmundige Migros-Versprechen ist irreführend. «Die Migros vermischt unter dem Oberlabel Engagement starke und schwache Gütezeichen», kritisiert Felix Meier, Leiter Konsum und Lebensstil beim WWF Schweiz. Schade: Bio, Havelaar, FSC (für Holz), MSC (für Fisch), Bio-Baumwolle, allesamt Labels mit strengen Kriterien und grosser Glaubwürdigkeit bei den Konsumenten, kommen mit den schwachen Labels IP-Suisse, Eco, Dolphin-Safe, Mioplant Natura und 7-Punkte-Garantie in denselben Topf.
«Alle Labels erfordern in der Produktion Mehrleistungen», entgegnet Migros kleinlaut gegenüber dem K-Tipp. Von «besonders ökologischen oder sozialen Kriterien» ist plötzlich keine Rede mehr.
Die Kritik des WWF geht noch weiter: «Es findet eine Verwässerung statt. Und mittel- bis langfristig werden die Konsumenten nur noch "Engagement" kaufen und nicht differenzieren, ob hinter dem jeweiligen Produkt ein schwaches oder starkes Label steckt.» Gegen diesen Vorwurf wehrt sich die Migros: «Jedes einzelne Label wird beibehalten und auf der Verpackung mit einem Kurztext vertieft erklärt.» Neu ist die Strategie mit dem Dachlabel nicht. Migros hat sie wohl bei Coop abgekupfert. Der Migros-Konkurrent arbeitet seit rund zehn Jahren mit den vier Marken Naturaplan, Oecoplan, Naturaline und Cooperación (Umsatz 2002: 1,2 Milliarden Franken).
«Verwirrend für die Konsumenten»
Auch gegenüber Coop spart der WWF Schweiz nicht mit Kritik. «Wir halten die Coop-Labels teilweise für irreführend», sagt Felix Meier. Es laufe immer nach demselben Muster. «Innerhalb eines einzigen Labels verkauft Coop jeweils Produkte, die unterschiedlich strengen Anforderungen genügen müssen.»
- Beispiel Naturaplan: Naturaplan ist das Label, mit dem Coop «naturbelassene und tierfreundlich produzierte Lebensmittel» auszeichnet. Praktisch alle Naturaplan-Produkte sind BioProdukte und als solche zusätzlich mit der Knospe gekennzeichnet. Ausnahmen: Coop verkauft neben Bio-Fleisch und Bio-Eiern auch Fleischerzeugnisse und Eier, die nicht biologisch produziert sind, aber trotzdem das Naturaplan-Label tragen. «Für die Konsumenten ist das verwirrend», sagt Meier.
Bio-Fleisch und Bio-Eier seien nicht in genügend grossen Mengen verfügbar, sagt Coop zur WWF-Kritik. Für den Konsumenten sei der Unterschied aber klar ersichtlich, da Bio-Produkte die Knospe tragen und zusätzlich grün verpackt seien. Nicht-Bio-Produkte hätten dagegen eine blaue Verpackung. Konsequent wäre es laut Meier gewesen, bei Fleisch und Eiern aus Nicht-Bio-Produktion auf das Naturaplan-Label zu verzichten.
- Beispiel Oecoplan: Beim Holz setzt Coop auf das strenge FSC-Label. Bloss: Im Oecoplan-Sortiment gibt es auch Ware aus Holz ohne dieses Label.
Coop spricht von einer Übergangsfrist: «Ab dem 30. Juni werden alle Oecoplan-Holzprodukte aus FSC-zertifiziertem Holz sein», sagt Coop-Sprecher Karl Weisskopf.
- Beispiel Naturaline: «Textilien mit dem Naturaline-Label bestehen aus Bio-Baumwolle. Unter dem Naturaline-Label vermarktet Coop auch Naturkosmetika. Diese Produkte wiederum sind nicht "bio"», bemängelt Felix Meier vom WWF.
Dem hält Coop entgegen, der Begriff Naturkosmetik sei bis heute gesetzlich nicht geregelt. Auch die Bio Suisse habe keine Richtlinien für Kosmetikprodukte geschaffen. Immerhin: «Wenn immer möglich stammen die Pflanzen zur Gewinnung von Wirkstoffen aus biologischem Anbau.»
Unabhängige Zusatzinfos über Labels gibts unter www. labelinfo.ch.
Coop-Labels: Wo Naturaplan draufsteht, ist nicht immer Bio drin - ähnlich verhält es sich mit Oecoplan und Naturaline