Höllische Schmerzen
Ein Nagelhärter mit Formaldehyd löste bei zwei Leserinnen schwere Allergien aus. Einige Hersteller verzichten auf die bedenkliche Substanz.
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K-Tipp 18/2005
02.11.2005
Vera Sohmer - vera.sohmer@ktipp.ch
Eigentlich wollte Ruth Hofmann aus Biel-Benken BL ihren brüchigen Fingernägeln etwas Gutes tun: Sie trug den Nagelhärter Trind Nail Repair auf. Das in Holland hergestellte Produkt verspricht «schöne und starke Nägel», wenn man es zwei Wochen lang jeden Tag wie Nagellack aufpinselt.
Doch bei Ruth Hofmann war es anders: «Nach einer Stunde bekam ich in den Fingerkuppen so pulsierende und pochende Schmerzen, dass ich mir kaum zu helfen wusste.» Selbst starke Schmerzmittel hal...
Eigentlich wollte Ruth Hofmann aus Biel-Benken BL ihren brüchigen Fingernägeln etwas Gutes tun: Sie trug den Nagelhärter Trind Nail Repair auf. Das in Holland hergestellte Produkt verspricht «schöne und starke Nägel», wenn man es zwei Wochen lang jeden Tag wie Nagellack aufpinselt.
Doch bei Ruth Hofmann war es anders: «Nach einer Stunde bekam ich in den Fingerkuppen so pulsierende und pochende Schmerzen, dass ich mir kaum zu helfen wusste.» Selbst starke Schmerzmittel halfen nicht mehr.
Nach vier qualvollen Stunden schlief Ruth Hofmann ein. Als sie erwachte, waren die Fingernägel blutunterlaufen. «Noch Wochen später fühlten sich die Fingerspitzen empfindlich an, was mich auch bei der Arbeit stark beeinträchtigte», sagt die Sekretärin.
Starke Schmerzen, verfärbte Nägel: Auch Hofmanns Bekannte Margrit Stöcklin machte mit Trind Nail Repair schlechte Erfahrungen. Wegen starker Beschwerden ging sie zu einem Facharzt für Hautkrankheiten.
Hautarzt: Toxisch bedingte Onycholyse
Die Diagnose im Arztzeugnis: Toxisch bedingte Onycholyse - eine starke allergische Reaktion, bei der sich die Fingernägel vom Nagelbett ablösen. Der Hautarzt führte die Allergie auf den Nagelhärter zurück. «Bei Überempfindlichkeit oder Allergie sofort Behandlung abbrechen», steht denn auch auf der Trind-Verpackung.
Formaldehyd steht im Verdacht, Allergien und Krebs auszulösen. Die Substanz ist in vielen Nagelhärtern enthalten - als Wirkstoff, der die Nägel härtet.
Es könne nie ausgeschlossen werden, dass Menschen auf bestimmte Inhaltsstoffe allergisch reagieren, sagt Philippe Perret von der Firma PHP Santé S.A., die Trind Nail Repair in der Schweiz vertreibt. «Auch bei Formaldehyd, einer der vielen Ingredenzien von Nagelhärtern, ist das der Fall», so Perret.
In der Fachliteratur ist Onycholyse nach Perrets Angaben als eine mögliche Folge beschrieben. Bei Trind Nail Repair seien solche allergischen Reaktionen die Ausnahme: Auf eine Million Fläschchen werde ein Allergiefall gemeldet, sagt Perret. Der Formaldehydgehalt sei auf der Verpackung deklariert. Zudem sollte man das Produkt erst auf einem einzelnen Nagel testen und die Nagelhaut mit Creme schützen.
Dem K-Tipp liegt ein Brief vor, den Perret an Ruth Hofmann schrieb: «Wir sind über die durch die Benutzung unseres Produkts Trind Nail Repair hervorgerufenen schädlichen Auswirkungen sehr bestürzt.» Und: «Wir hoffen von ganzem Herzen, dass Ihre Nagelprobleme inzwischen gelöst sind...»
Es geht auch ohne Formaldehyd
Nagelhärter mit einem Formaldehydgehalt über 0,2 Prozent galten in der Schweiz lange als pharmazeutische Mittel. Um sie vertreiben zu dürfen, mussten sie als Heilmittel registriert werden.
Das ist seit Mai 2004 anders: Die Bestimmungen wurden ans EU-Recht angeglichen, bestätigt Michel Donat vom Bundesamt für Gesundheit. Demnach sind kosmetische Nagelhärter mit einem Formaldehydgehalt von bis zu 5 Prozent im Handel zugelassen - ohne Registrierung. Formaldeyhyd muss zwar deklariert werden, Mengenangaben sind aber nicht notwendig. Ein Risiko für Konsumenten? Nein, findet Donat. «Beim heutigen Wissen besteht kein Gesundheitsrisiko, wenn die Produkte richtig angewendet werden.»
Philippe Rebetez, Inhaber einer homöopathischen Drogerie in Delémont JU, sieht das anders und verkauft keine Nagelhärter mit Formaldehyd: «Die schädliche Wirkung ist bekannt. Also sollte man nach Möglichkeit auf die Substanz verzichten.» Einige Hersteller tun dies laut eigenen Angaben, z.B. die Basler Firma Doetsch Grether. «Wegen des Allergie- und Krebsrisikos verzichten wir auf Formaldehyd», heisst es dort.
Folgende vier Nagelhärter verschiedener Hersteller enthalten laut Deklaration kein Formaldehyd:
- Dikla (11 ml, Fr. 7.50)
- Fing'rs (9 ml, Fr. 9.95)
- Crealine (12 ml, Fr. 20.90)
- Nail-Intensity (15 ml, Fr. 34.90), zu beziehen unter www.salun-conrad.ch.