«Hoffentlich ist das kein Emmentaler!»
Emmentaler von kleineren Käsereien schmecken besser als günstige Industrieprodukte. Und: Ausländischer Emmentaler ist schlechter als das Schweizer Original. Das ergab eine Kassensturz-Degustation.
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K-Tipp 9/2006
01.05.2006
Peter Basler, Bennie Koprio
Ein Käse mit grossen Löchern: das muss ein Schweizer Emmentaler sein - denken viele. Doch so einfach ist es nicht: Es gibt Käse aus Finnland, Frankreich oder gar den USA, die Emmentaler heissen. Anderseits: Ein Käser kann mitten im Emmental nach Emmentaler-Manier einen Grossloch-Käse produzieren und darf ihn nicht Emmentaler nennen.
Der Grund: Die Schweizer haben den Namen ihres weltberühmten Käses nicht schützen lassen. Wer die Herkunft mit Zusätzen wie «français» ode...
Ein Käse mit grossen Löchern: das muss ein Schweizer Emmentaler sein - denken viele. Doch so einfach ist es nicht: Es gibt Käse aus Finnland, Frankreich oder gar den USA, die Emmentaler heissen. Anderseits: Ein Käser kann mitten im Emmental nach Emmentaler-Manier einen Grossloch-Käse produzieren und darf ihn nicht Emmentaler nennen.
Der Grund: Die Schweizer haben den Namen ihres weltberühmten Käses nicht schützen lassen. Wer die Herkunft mit Zusätzen wie «français» oder «Allgäu» deklariert, darf im Ausland produzierten Emmentaler auch so nennen. Schweizer Käser hingegen dürfen den Namen in der Schweiz nur dann gebrauchen, wenn sie der Sorten-Organisation «Emmentaler Switzerland» (ES) eine Abgabe zahlen und deren Produktionsvorschriften einhalten.
Die ES-Regelung ist eine Vorstufe zum Fernziel der Käsebranche: zur Abwehr der ausländischen Konkurrenz den Namen Emmentaler doch noch schützen zu lassen. Das Verfahren für den Eintrag in das Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen AOC ist im Gang. Guido Nydegger von «Emmentaler Switzerland»: «Unsere Regeln sind so streng, dass normalerweise ausländische, industriell hergestellte Käse nicht an unser Qualitätsniveau herankommen.»
Tatsächlich? Der Kassensturz prüfte nach und lud zur Degustation - natürlich ins Emmental. In der Schaukäserei in Affoltern degustierten fünf Experten: Christoph Bruni vom Käsefachgeschäft Bruni in Thun, Niklaus Käser von der Dorf-Käserei Sumiswald BE, Willy Schmid von der Städtlichäsi in Lichtensteig SG, Alfred Bieri von der Vertriebsorganisation «Natürli» in Zürich und Irmgard Schädler von der Schaukäserei Affoltern BE.
Der beste Käse ist kein Emmentaler
Die Aufsicht hatte der Sensoriker Patrick Zbinden. Die neun jungen, milden Emmentaler-Proben, die die Test-Esser mit der Idealtemperatur von 16 Grad verkosteten, stammten von kleinen und grossen Käsereien aus dem In- und Ausland. Einer der Schweizer Käse ist nicht als Emmentaler angeschrieben: Er heisst Waldsberger, weil der Produzent bei der Sortenorganisation nicht mitmacht.
Pikant: Ausgerechnet dieser Käse, der nicht Emmentaler heissen darf, erhielt mit Abstand die beste Note (siehe Tabelle). Dazu Degustator Niklaus Käser: «Das ist ein Qualitätsprodukt. Da merkt man den Bauern dahinter, die silofreie Milch, die Produktion, die auf der ganzen Linie auf Qualität ausgerichtet ist.»
Weniger erstaunlich hingegen: Die Ausländer landeten auf den letzten Plätzen. Und die Produkte der Grossverteiler bildeten das mittelmässige Mittelfeld.
Ab 12 Monaten ist der Käse in Topform
Wenig schmeichelhaft ?el der Gesamteindruck der Degustation aus. Expertin Irmgard Städler war erstaunt, dass nur wenige Proben den typischen Emmentalergeschmack aufwiesen. Und Christoph Bruni sagt: «Da waren Sachen dabei, bei denen ging mir durch den Kopf: Hoffentlich ist das kein Emmentaler!»
Der Hauptgrund für die enttäuschenden Degustationsbefunde: Die Käse waren zu jung - nur vier bis sechs Monate alt. Ältere Emmentaler schmecken viel besser. In Topform ist die Käsesorte frühestens ab 12 Monaten. Der gute Geschmack hat jedoch seinen Preis: Einen Emmentaler über ein Jahr zu lagern und zu pflegen, verursacht Zusatzkosten von rund 30 Prozent.