Schweizer Schokolade wurde in den ver-gangenen Monaten massiv teurer. Eine Packung Lindor-Kugeln von Lindt & Sprüngli etwa kostet in vielen Läden jetzt Fr. 11.95, zuvor war es ein Franken weniger. Schoggihasen werden laut dem Konzern dieses Jahr ebenfalls um rund 10 Prozent teurer. Die Tafel Frigor von Cailler (Nestlé) schlug von Fr. 2.85 auf Fr. 3.50 auf. Und die Schokolade Frey Giandor der Migros kostet neuerdings 25 Rappen mehr: Fr. 2.45 statt Fr. 2.20.
Missernten trieben Kakaopreis in die Höhe
Schuld an den Zuschlägen seien vor allem die hohen Kakaopreise, sagen die Hersteller auf Anfrage. Tatsächlich kosteten Kakaobohnen bis vor einem Jahr noch zwischen 2000 und 3000 Franken pro Tonne. Jetzt kostet die gleiche Menge an der Rohstoffbörse zwischen 7000 und 9000 Franken – also das Drei- bis Vierfache.
Der Grund für den Preisanstieg: Die beiden letzten Ernten fielen wetterbedingt schlecht aus. Zusätzlich schmälerte eine Viruskrankheit die Ernteerträge. Kakaobohnen sind daher gegenwärtig auf dem Weltmarkt knapp.
Die Kakaobauern profitieren von den höheren Preisen kaum. Zum Beispiel in Ghana: Über 90 Prozent der Bauern kommen mit dem Verkauf der Kakaobohnen nach wie vor nicht auf ein existenzsicherndes Einkommen.
Die Bauern verdienen zwei Dollar pro Tag – zum Leben reicht das nicht. Das zeigte im November eine Studie der Schweizer Kakaoplattform, eines Branchenzusammenschlusses von Händlern, Herstellern, gemeinnützigen Organisationen und dem Staat. Ghana produziert zusammen mit der Elfenbeinküste 70 Prozent des weltweit gehandelten Kakaos.
Kakaobauern erhalten maximal 10 Prozent des Preises einer Tafel Schokolade. Das berechnete Voice Net, ein internationaler Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen.
Eine 100-Gramm-Tafel Milchschokolade zum Beispiel enthält lediglich 30 Gramm Kakao, bei Schoggiriegeln sind es noch weniger. Selbst wenn eine Tonne Kakao vorübergehend 5000 Franken mehr kostet als üblich, würde das die 100-Gramm-Tafel höchstens um 25 Rappen verteuern. Bei einem Schokoladeriegel würde der Anstieg 5 bis 10 Rappen betragen.
Gewinnsprung bei Lindt & Sprüngli
Die wahren Profiteure der verteuerten Schoggi sind Andere. «Die Preisaufschläge fliessen vorwiegend in die Taschen von Herstellern und Detailhändlern», sagt Rohstoffexpertin Silvie Lang von der Organisation Public Eye. Das bestätigen die aktuellen Zahlen des Schokoladekonzerns Lindt & Sprüngli. Er steigerte im vergangenen Jahr den Gewinn auf 672 Millionen Franken. Die Kurse der Lindt-Partizipationsscheine stiegen nach der Bekanntgabe des Jahresergebnisses an der Börse um rund 8 Prozent.
Für Andrea Hüsser von Good Chocolate Hub, einem Verein für eine nachhaltige Produktionskette bei Schweizer Schokolade, steht fest: Grosse internationale Schokoladekonzerne wie etwa Mondelez mit Hauptsitz in Chicago (USA) nutzen ihre Marktmacht aus und treiben die Preise zum Nachteil der Konsumenten in die Höhe.
Die EU-Kommission verhängte vergangenes Jahr gegen Mondelez eine Strafe von 337 Millionen Euro, weil das Unternehmen in 22 Fällen illegale Vereinbarungen mit Händlern getroffen hatte, um überhöhte Preise durchzusetzen. Mondelez stellt bekannte Schokolademarken wie Milka und Toblerone her. Zu den widerrechtlichen Absprachen schreibt das Unternehmen, diese hätten lediglich einen kleinen Teil des europäischen Geschäfts betroffen.
Fairtrade wirkt bei hohen Preisen wenig
Das Label Fairtrade garantiert Kakaobauern einen Mindestpreis für ihre Bohnen. Trotzdem verdienen sie laut Silvie Lang von Public Eye kaum besser als andere Bauern. Der Mindestpreis sei sehr tief angesetzt. Fairtrade Max Havelaar schreibt dazu, solche Kakaobauern erhielten eine Prämie. Mit diesem Geld würden Schulen und Spitäler
finanziert und Direktzahlungen an Bauern.
Gut zu wissen: Kaufen Schokoladehersteller nicht über den Zwischenhandel ein, sondern direkt bei Kakaobauern, kommen Letztere auf ein besseres Einkommen. Das gilt zum Beispiel für Spezialitätenhersteller wie Garçoa (Zürich), Choba Choba (Bern), Gebana mit Angry gorilla oder Anbieter Criollo Quetzal (Payerne). Erhältlich sind diese Schokoladen in Internetshops sowie in Bio- und Spezialitätenläden.
Auch bei Grossverteilern gibt es einzelne Kakaoprojekte mit Direkteinkauf bei Bauern: etwa bei der Schokolade Honduras (Coop) und Côte d’Ivoire (Migros).