Guglielmo Brentel, Präsident des Branchenverbandes Hotelleriesuisse, zeigt sich selbstbewusst. In der TCS-Zeitung «Touring» meinte Brentel kürzlich: «Die Schweizer Hotels dürfen durchaus ihre Preise verlangen, sie bieten dem Gast ja auch viel dafür.»
Ist das so? Der K-Tipp hat Anfang Juli auf der Hotelbewertungsplattform Holidaycheck eine Stichprobe gemacht. Holidaycheck ist auch über die Website von Schweiz Tourismus (www.myswitzer land.com) zugänglich.
Gut 40 Prozent unzufriedene Gäste
Die Stichprobe umfasst insgesamt 130 von Gästen bewertete Hotels in der Deutschschweiz – 72 Stadt- und 58 Ferienhotels. Berücksichtigt sind nur Häuser mit 3, 4 und 5 Sternen.
Und das sind die wichtigsten Resultate:Die 130 Hotels wurden total 591-mal bewertet. 351 Stellungnahmen fielen neutral-beschreibend oder gar lobend aus, immerhin 240 Bewertungen aber – und damit über 40 Prozent – enthielten teils deftige Kritik.
Gesamthaft kamen 549 Kritikpunkte aufs Tapet. Davon betrafen
- 142 die Qualität von Zimmer und/oder Bad (z. B. «viel zu klein», «dringend renovationsbedürftig», «Möbel defekt», «dünnwandig»)
- 92 die Servicequalität und/oder das Auftreten des Personals (z. B. «nicht hilfsbereit», «unfreundlich», «überfordert», «inkompetent»)
- 78 das Preis-LeistungsVerhältnis (z. B. «den Preis niemals wert»)
- 68 das Essen (z. B. «enttäuschendes Angebot», «schmeckt grauenhaft»)
- 49 den Allgemeinzustand des Hotels (z. B. «ungepflegt», «heruntergekommen», «muffig», «einer Zivilschutzanlage nicht unähnlich»)
- 40 die Hygiene (z. B. «Haare auf der Bettwäsche», «Spuren des Vorgängers in der Toilette»)
- 28 die Qualität des Unterhaltungsangebots inkl. Wellness und Fitness (z. B. «Pool sehr klein», «zu wenig Auswahl», «kein Spielzimmer»)
- 24 die Parkplätze (z. B. «teuer», «zu weit weg»)
- 10 die Abwicklung von Check-in oder Check-out (z. B. «sehr langsam», «kompliziert»)
- 10 den Nichtraucherschutz (z. B. «verrauchte Luft», «zu wenig Nichtraucherzimmer»)
- 8 das Buchungsprozedere (z. B. «die Online-Buchung hat nicht geklappt», «habe nicht das gebuchte Zimmer erhalten»).
Bei den 3-Sterne-Häusern enthielten «nur» 34 Prozent der Bewertungen Klagen, bei den 4- und 5-Sterne-Hotels jeweils fast 50 Prozent. Hotelleriesuisse-Präsident Brentel sieht darin weniger ein schlechtes Zeugnis für die Luxusherbergen als vielmehr ein Indiz für schwierige Kunden: «Je mehr Sterne ein Hotel hat, desto höher sind die Erwartungen und Ansprüche. Das ist logisch und legitim.»
Handlungsbedarf vor allem in Stadthotels
Zu den Stadthotels äusserten sich knapp 46 Prozent der bewertenden Gäste mit Kritik, zu den Ferienhotels nur 34,5 Prozent. Stadthotels würden an ihre Leistungsgrenzen stossen und teils unter Personalmangel leiden, erklärt Brentel. «Das merken Gäste möglicherweise bei der Qualität der Dienstleistungen. Da haben wir tatsächlich einen Handlungsbedarf.»
Unter dem Strich beharrt Brentel zwar darauf, «dass die Schweizer Hotellerie im Vergleich zum Ausland sehr gut dasteht». Die K-Tipp-Stichprobe zeige nur eine Momentaufnahme auf Basis einer Online-Hotelbewertungplattform, und diese Systeme wiesen Mängel auf, seien zum Beispiel manipulierbar. «Ganz allgemein möchte ich aber bemerken», so Brentel unverblümt, «dass wir in der Schweiz noch immer zu viele Hotels haben, die den Gästewünschen nicht optimal entsprechen.»
Gästestimmen: «Wenn nur dieses saublöde Personal nicht wäre»Wie tönen enttäuschte Hotelgäste? Der K-Tipp hat von der Online-Hotelbewertungsplattform Holidaycheck einige Stimmen zusammengetragen. Die Auswahl ist nicht repräsentativ, zu den betroffenen Hotels liegen meist auch positive Gästebewertungen vor.
- «Dieses Haus ist das allerletzte! (...) In den Betten fanden sich Haare, auch Schamhaare, Toilette und Badewanne wiesen Schmutzränder auf, die nicht erst zwei Tage alt waren, und Staub in Massen gab es gratis dazu.» («Christiane» zum Hotel Hoheneck, Engelberg)
- «Das Zimmer war abgewohnt, das Bad dreckig und verrostet. Dafür konnte man Zimmernachbarn gut verstehen, auch wenn sie sich bloss in Zimmerlautstärke unterhielten.» («Thomas» zum Hotel Wintersportclub Grindelwald)
- «Der Zimmerservice war äusserst mangelhaft: Drei Tage der gleiche Schmutz an den Fliesen im Bad, die Lüftungsklappe total versaut, Haare am Fliesenboden verteilt. (...) Die Qualität des Zimmermobiliars entspricht jener eines Billigmöbelhauses.» («Oliver» zum Hotel Victoria, Basel)
- «Die Zimmer sind sehr alt, auch die Möbel. Die Vorhänge lassen sich nicht schliessen, sodass von gegenüberliegenden Fenstern stets Einblick besteht.» («Chris» zum Hotel St. Gotthard, Zürich)
- «Eine Minibar gabs im Zimmer nicht – dafür etwas zu essen: Speisereste unserer Vorgänger.» («Matthias» zum Hotel Bellevue-Terminus, Engelberg)
- «Das Frühstück war unter aller Sau. (...) Für Kaffeetrinker erwähne ich noch, dass mein Mann fast betteln musste, um einen Kaffee zu bekommen – und dies jeden Morgen aufs Neue.» («Anja» zum Swissôtel Le Plaza Basel)
- l«Das ‹Park Inn› ist ein sehr schönes Haus, wenn nur dieses saublöde
- Personal nicht wäre – und das ausgerechnet in der Schweiz, wo es an jeder Ecke eine Hotelfachschule gibt.» («Sven» zum Hotel Park Inn Zürich Airport)
- «Wir haben es noch nie erlebt, dass eine Buchung derart unfreundlich entgegengenommen wurde. Anscheinend waren wir der Dame eher lästig und störten sie gerade bei einer anderen Tätigkeit.» («Patrick» zum Hotel Ramada Plaza Basel)