Wer nach 58 am Arbeitsplatz die Kündigung erhält, keine neue Stelle findet und ab 60 von der Arbeitslosenkasse ausgesteuert wird, hat künftig Anspruch auf eine Überbrückungsrente. Und zwar, bis er das offizielle Rentenalter erreichen. Bei Frauen ist das mit 64, bei Männern mit 65 der Fall. Die Rente soll verhindern, dass die Ausgesteuerten in die Sozialhilfe abrutschen.
Der Bundesrat setzt das entsprechende Gesetz voraussichtlich auf den 1. Juli 2021 in Kraft. Die Verordnung dazu ist noch bis am 11. Februar in der Vernehmlassung.
Nur wer Bedingungen erfüllt, bekommt Hilfe
Wer als Ausgesteuerter die Hilfe beantragt, muss laut Gesetz und dem Verordnungsentwurf aber ganz bestimmte Bedingungen erfüllen. Die drei wichtigsten davon:
Die Betroffenen müssen insgesamt 20 Jahre lang AHV-Beiträge bezahlt haben, davon mindestens fünf Jahre nach dem 50. Altersjahr. Die Ausgesteuerten müssen dabei einen jährlichen Lohn von mindestens 21 510 Franken im Jahr verdient haben.
Bei alleinstehenden Ausgesteuerten muss das Vermögen weniger als 50 000 Franken betragen, bei Ehepaaren weniger als 100 000 Franken. Die Konten der Säule 3a werden zum Vermögen gezählt, selbstbewohntes Wohneigentum hingegen nicht.
Der Bundesrat schlug im Entwurf zur Verordnung zusätzlich eine Vermögensschwelle für Guthaben der beruflichen Vorsorge von 500 000 Franken vor. Pensionskassen-Guthaben, die darüber liegen, werden zum Vermögen gezählt. Ein Alterskapital von 500 000 Franken entspricht einer Pensionskassen-Rente von 2345 Franken pro Monat, wenn man den laut der Swisscanto-Pensionskassenstudie im Jahr 2020 durchschnittlich angewendeten Umwandlungssatz von 5,63 Prozent zugrunde legt. Diese Vermögensschwelle steht im Rahmen der Vernehmlassung zur Diskussion.
Männer leiden unter Verschärfungen
Die Höhe der Überbrückungsrenten ist betragsmässig beschränkt: Alleinstehende erhalten maximal 43 762 Franken pro Jahr, Ehepaare maximal 65 644 Franken. Bei Ehepaaren wird ein allfälliger Verdienst des Partners zu 80 Prozent angerechnet.
Zwischen 2015 und 2018 wurden in der Schweiz im Schnitt pro Jahr 2610 Arbeitslose über 60 Jahre ausgesteuert – 936 Frauen und 1674 Männer. Das sind die aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Sozialversicherungen.
Vom neuen Gesetz wird aber nur ein Teil profitieren können. Das zeigt eine Schätzung des K-Tipp, die auf der Neurentenstatistik des Bundesamts für Statistik basiert. Demnach würden 68 Prozent aller ausgesteuerten Männer keine Überbrückungsrente erhalten, weil ihr Altersguthaben in der Pensionskasse und ihr Vermögen zu hoch ist.
Bei zwei Dritteln der Frauen beträgt das Pensionskassenguthaben laut Neurentenstatistik im Schnitt nur rund 300 000 Franken, bei einem Drittel 120 000 Franken. Der Grund dafür sind Erwerbsunterbrüche sowie häufigere Teilzeitarbeit. Sie alle hätten Anspruch auf die Überbrückungsrente, falls sie die übrigen Voraussetzungen erfüllen.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen schätzt, dass etwas mehr als 50 Prozent der Ausgesteuerten ab 60 Jahren keine Überbrückungsleistung erhalten würden.
Einige der ausgesteuerten Arbeitslosen werden neben einem zu hohen Pensionskassenanspruch auch am maximal zulässigen übrigen Vermögen scheitern. Laut Bundesamt führt allein Letzteres dazu, dass «im Zeitpunkt der Aussteuerung geschätzte 965 Personen von jährlich insgesamt 2610 Personen von Überbrückungsleistungen ausgeschlossen werden».
In den zwei folgenden Jahren nach der Aussteuerung würden aber jedes Jahr geschätzte 135 davon ihr Vermögen so weit verbraucht haben, dass sie dann trotzdem noch eine Rente erhalten.
Gabriela Medici vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund erachtet die Vermögensschwelle beim Pensionskassen-Guthaben als «viel zu tief». Sie müsse deutlich erhöht werden. Es könne nicht sein, dass jemand, der 10 000 Franken zu viel Vermögen hat, Pech habe und keine Überbrückungsrente erhalte. In der provisorischen Vernehmlassungsantwort des Gewerkschaftsbundes zum Verordnungsentwurf des Bundesrates hält Gabriela Medici fest: «Die gewählte Vermögensschwelle stellt den Erhalt der Altersvorsorge für einen grossen Teil der Betroffenen in Frage.» Es sei zu befürchten, dass sich Ausgesteuerte gezwungen sehen, ihr Pensionskassen-Guthaben vorzubeziehen.
Genau das wollte aber das Gesetz über die neue Überbrückungsrente verhindern.