Hundeohrenhalter & Co. - durchaus patente Sachen!
Wer bei Klo-Atmer oder Hundeohrenhalter an Scherzartikel denkt, liegt völlig falsch. Diese unverzichtbaren Gerätschaften des Alltags sind seriös patentierte Erfindungen.
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K-Tipp 18/2005
02.11.2005
Bernhard Matuschak - redaktion@ktipp.ch
Jedes Jahr gehen im Schnitt 180 000 Anmeldungen beim Europäischen Patentamt (EPA) in München ein. Neben ganz wenigen genialen Erfindungen, die zum Riesengeschäft werden, finden sich darunter auch Skurrilitäten, die ihre Erfinder garantiert nicht reich machen. Doch darum haben sich die EPA-Prüfer nicht zu kümmern: «Wir müssen lediglich abklären, ob es sich bei einer Erfindung um eine Innovation handelt, ob sie plausibel ist und ob sie funktioniert», sagt EPA-Mediensprecher Rainer Osterw...
Jedes Jahr gehen im Schnitt 180 000 Anmeldungen beim Europäischen Patentamt (EPA) in München ein. Neben ganz wenigen genialen Erfindungen, die zum Riesengeschäft werden, finden sich darunter auch Skurrilitäten, die ihre Erfinder garantiert nicht reich machen. Doch darum haben sich die EPA-Prüfer nicht zu kümmern: «Wir müssen lediglich abklären, ob es sich bei einer Erfindung um eine Innovation handelt, ob sie plausibel ist und ob sie funktioniert», sagt EPA-Mediensprecher Rainer Osterwalder. «Wenn uns jemand ein Perpetuum mobile anbietet, was jedes Jahr mindestens zehn Mal vorkommt, nehmen wir die Anmeldung erst gar nicht an, denn das widerspricht physikalischen Grundsätzen.»
Der K-Tipp hat sich im Kuriositätenkabinett Patentamt umgesehen und eine Hitliste offiziell geschützter Erfindungen zusammengestellt, auf die der Konsument schon lange gewartet hat:
Klo-Atmer Patentnr. US4320756
Wem jeder Fluchtweg aus einem brennenden Gebäude versperrt ist, wird William Holmes, einem Erfinder aus den USA, ein Leben lang dankbar sein. Wenn der Sauerstoff knapp wird und sich giftige Dämpfe im Haus ausbreiten, könnte der Klo-Atmer zum Rettungsanker werden. Dabei zapft man die tief im Rohrsystem vorhandene «Frischluft» an, indem man einen Schlauch via die stehende Wasserpfütze durch den Siphon einführt. Am anderen Ende des rettenden Schlauchs befindet sich ein Luftfilter mit Mundstück.
Damits auch sicher funktioniert, hat Williams in der Patentschrift zwei wichtige Anweisungen notiert. So sollte der Nutzer vor dem Einführen des Schlauchs die Toilettenspülung einmal betätigen und einmal durch den Schlauch pusten, bevor er den ersten Luftzug tut.
Mückenmagnet US4905406
Wie oft hat sie uns nicht schon eine laue Sommernacht vergällt! Die Rede ist von Culex pipiens, der Gemeinen Stechmücke. So heftig wir auch in der Luft herumfuchteln, so viele Plagegeister wir auch um die Ecke bringen - es bleiben immer genug Blutsauger übrig, die über uns herfallen.
Rettung kommt aus den USA. Tom Warner hat bereits vor 15 Jahren einen «todsicheren» Mückenmagneten entwickelt: Eine Duftkugel mit Antenne, die auf jede handelsübliche Baseballkappe aufgesteckt werden kann. In der Theorie sollten die Mücken sich voll und ganz auf die verführerischen Düfte stürzen, die aus der Kugel entweichen. Der Mensch darunter bleibt unbehelligt. Warum sich das geniale Produkt nicht durchsetzen konnte, wissen wohl nur die Mücken.
Hundeohrenhalter US233942
Insbesondere die Besitzer von Cocker-Spanieln und Bassets sind mit der Misere vertraut: Kaum sucht Waldi den Fressnapf auf, baden die Schlappohren im Futter, und nach dem Fressen muss die halbe Chappi-Portion aus den Gehörgängen entfernt werden.
Die Innovation des amerikanischen Erfinders James Williams macht Schluss mit dieser Prozedur. Der Hundeohrenhalter - zwei mit verstellbaren Gurtbändern fixierte Kunststoffröhren - muss dem treuen Freund einfach vor dem Fressen übergestülpt werden, und schon ist das Problem gelöst. Leider blieb Williams der kommerzielle Erfolg verwehrt, der Ohrenhalter ging nie in Serie.
Dampfkochtopf für Linkshänder CH694356
Zwar äusserten weder der Journalist (selbst Linkshänder) noch andere linkshändige Personen je Probleme bei der Handhabung eines handelsüblichen Dampfkochtopfs. Wenn man sich jedoch die Patentschrift von Marlene Hurni aus Thun zu Gemüte führt, weiss man plötzlich nicht mehr, wo links und wo rechts ist. «Für die linkshändige Person erweist sich das Handhaben eines solchen Dampfkochtopfs als komplett wider die Hand laufend», schreibt Hurni und warnt nach einem erfolglosen Öffnungsversuch vor sich «verkrallenden» Topfdeckeln: «In einem solchen Extremfall, der bei Linkshändern nicht selten eintritt, muss die Pfanne von einem Spezialisten geöffnet werden.» Angesichts solcher Horrorszenarien bleibt unklar, warum die Erfindung aus dem Jahre 1978 nicht auf dem Markt ist.
Buchtipp:
Weitere skurrile Beispiele finden sich im Buch von Jörg Albrecht, Klemens Polatschek und Jochen Reineke: «Frei erfunden - Patente, auf die wir nie gekommen wären», Fr. 12.80, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg.
Haben Sie auch schon skurrile Dinge erfunden? Antworten Sie bitte auf www. ktipp.ch.