Das Abo «Mieterplus» sei «eine oberfiese Abzockerei»: Mit diesen Worten machte eine Mieterin ihrem Ärger auf einer Bewertungsplattform im Internet Luft. Der Grund: Die Immobilienportale Homegate.ch und Immoscout24.ch teilen Wohnungssuchende seit einiger Zeit in zwei Klassen ein.
Wer das kostenpflichtige Abo «Mieterplus» abschliesst, kann alle Inserenten kontaktieren. Das Abo kostet Fr. 39.95 pro Monat. Es kann allerdings nur für mindestens drei Monate gelöst werden. Deshalb zahlen Mieter dafür in jedem Fall mindestens 120 Franken – auch wenn sie schon nach einer Woche eine Wohnung gefunden haben. Als Gegenleistung erhalten sie einen privilegierten Zugang zu mehr als 1000 Inseraten pro Monat. Inbegriffen ist auch ein Betreibungsregisterauszug.
Ohne Abo muss man sieben Tage warten
Wohnungssuchende, die kein Abo abgeschlossen haben, müssen bei den mit «Mieterplus» gekennzeichneten Inseraten hingegen abwarten, bis sie den Vermieter kontaktieren können. Die Inserate sind zwar für alle Besucher des Portals sichtbar. Will jedoch ein Interessent ohne Abo eine Anfrage starten, heisst es: «Noch 7 Tage, bis du diesen Inserenten kontaktieren kannst – mit Mieterplus gehts sofort.»
«Notlage von Mietern ausgenutzt»
Beim Mieterverband stösst diese Praxis auf viel Kritik. «Hier nutzt der Marktführer die Notlage der Wohnungssuchenden aus», sagt Fabian Gloor vom Mieterverband. Denn wer dringend eine Wohnung sucht, kommt nicht umhin, das Abo «Mieterplus» abzuschliessen.
Wer im Internet auf der Suche nach einer Wohnung ist, landet fast unweigerlich bei Homegate und Immoscout24. Die beiden Portale gehören der Swiss Marketplace Group, hinter der unter anderem die Medienhäuser TX Group («Tages-Anzeiger») und Ringier stehen. Branchenkenner Heinz Schwyter war bis zum Jahr 2015 Geschäftsführer von Homegate. Er schätzt den Marktanteil der beiden Portale auf rund 75 Prozent. Aufgrund dieses Fast-Monopols können die beiden Plattformen für die Inserate nicht nur bei Vermietern, sondern auch bei Mietern kräftig abkassieren.
Eine K-Tipp-Stichprobe des K-Tipp auf den Immobilienportalen zeigt: Wer das Abo «Mieterplus» wählt, profitiert in Tat und Wahrheit nur bei wenigen Inseraten. In Zürich zum Beispiel sind gegenwärtig 863 Objekte für weniger als 4000 Franken Monatsmiete ausgeschrieben. Abonnenten von «Mieterplus» können aber nur 23 Vermieter früher kontaktieren als Interessenten ohne Abo. In Basel ist dies bei lediglich 13 von 969 Wohnungen möglich, in St. Gallen bei 2 von 414 Wohnungen. Die Zahlen sind deshalb so tief, weil nur private Wohnungseigentümer «Mieterplus»-Inserate aufgeben können. Als Zückerchen für Vermieter ist die erste Woche bei «Mieterplus»-Inseraten kostenlos.
Tipp für die Wohnungssuche: Viele Inserenten schreiben ihre Objekte nicht allein auf den Portalen Homegate und Immoscout24 aus, sondern auch auf Plattformen wie etwa Tutti.ch oder Newhome.ch. Auf diesen Portalen können Wohnungssuchende die Inserenten ohne Wartezeit kontaktieren. Eine Internetsuche mit Angaben zur Adresse und zur Wohnung führt häufig zum Ziel.
Immobilienportale sind hochprofitabel
Die Plattformen Homegate und Immoscout24 werden von der Swiss Marketplace Group betrieben. An dieser Gesellschaft ist die TX Group («Tages-Anzeiger», «Basler Zeitung», «Berner Zeitung» usw.) mit 30,73 Prozent beteiligt, Ringier («Blick», Beobachter» usw. ) und die Mobiliar-Versicherung mit je knapp 30 Prozent.
Im Jahr 2023 steigerte die Gesellschaft den Umsatz um 12 Prozent auf fast 280 Millionen Franken. Der Betriebsgewinn betrug 86,1 Millionen Franken – das sind rund 30 Prozent des Umsatzes. Laut TX Group setzte sich dieses Wachstum im ersten Halbjahr 2024 fort – vor allem dank den Immobilienportalen.
Das überrascht nicht. Die Swiss Marketplace Group erhöhte die Preise 2024 für Vermieter massiv: In Einzelfällen kostet das Inserieren auf Homegate und Immoscout24 nun bis zu zehn Mal so viel wie im letzten Jahr.