In Eschlikon träumt man von Tina Turner
Jeder Bewohner der kleinen Freiburger Gemeinde Greng verdient im Durchschnitt rund 71 000 Franken pro Jahr - neunmal so viel wie im Thurgauer Dorf Eschlikon. Dies zeigt die Schweizerkarte der Einkommen.
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K-Tipp 4/2003
26.02.2003
Stephan Pfäffli - stpfaeffli@ktipp.ch
Greng ist ein lieblicher Ort am Murtensee im Kanton Freiburg. In der 168-Seelen-Gemeinde gibts viele Villen, ein Schloss mit Park und auch ein paar Bauernhöfe. Durchreisenden wird schnell klar: Greng ist reich. In keiner anderen Schweizer Gemeinde ist das verfügbare Einkommen pro Kopf der Wohnbevölkerung so gross: 70 936 Franken beträgt es, wie das Markt- und Meinungsforschungsinstitut IHA-GFK in Hergiswil NW herausgefunden hat.
Die Schlusslichter bilden das thurgauische Eschl...
Greng ist ein lieblicher Ort am Murtensee im Kanton Freiburg. In der 168-Seelen-Gemeinde gibts viele Villen, ein Schloss mit Park und auch ein paar Bauernhöfe. Durchreisenden wird schnell klar: Greng ist reich. In keiner anderen Schweizer Gemeinde ist das verfügbare Einkommen pro Kopf der Wohnbevölkerung so gross: 70 936 Franken beträgt es, wie das Markt- und Meinungsforschungsinstitut IHA-GFK in Hergiswil NW herausgefunden hat.
Die Schlusslichter bilden das thurgauische Eschlikon, Epiquerez JU und Horrenbach-Buchen BE: Die Einwohner dieser Gemeinden können pro Jahr und Kopf im Schnitt nur rund 9000 Franken ausgeben. Damit beträgt das durchschnittliche Einkommen hier ein Achtel von jenem in Greng.
Jacqueline Pellanda, die Gemeindeschreiberin von Greng, freut sich über die detaillierte Karte: «Wir haben den niedrigsten Steuerfuss im Kanton - und im gesamtschweizerischen Vergleich liegen wir unter den zehn Besten.»
Die Karte ist aber vor allem für Firmen interessant. Sie gibt Auskunft über die finanziellen Verhältnisse von potenziellen Kunden. Unternehmen können anhand dieser Karte Absatzchancen evaluieren.
Wie Greng sind fast alle Steuerparadiese sehr einkommensstark: so die ganze Goldküste am Zürichsee, Meggen (LU) und Hergiswil (NW) am Vierwaldstättersee und auch Féchy am Genfersee. Eine Ausnahme bildet Freienbach: Die Steueroase im Kanton Schwyz zählt beim Einkommen nicht zur Spitzenklasse.
Von finanzkräftigen Zuzügern wie Martina Hingis (Schindellegi SZ), Michael Schumacher (Vufflens-le-Château VD) und Tina Turner (Küsnacht ZH) können Gemeinden wie Eschlikon nur träumen.
Wie diese gehören die ländlichen, meist schlecht erschlossenen Gebiete und die Bergregionen entlang des Alpengürtels, des Jura und am Napf zu den einkommensschwächsten.
Allerdings findet man auch in den Alpenkantonen Flecken mit auffälliger Einkommensstärke - wie zum Beispiel Sils und Pontresina im Kanton Graubünden.
Interessanterweise aber belegen renommierte Ferienorte wie St. Moritz, Davos und Zermatt keine absoluten Spitzenplätze. Grund: Die kaufkräftige Gruppe der Touristen fällt aus der Statistik.
Gross und ausgeglichen ist die Einkommensstärke in den städtischen Agglomerationen und in den Arbeitsmarktzentren: im Dreieck Zürich-Basel-Luzern und entlang des Lac Léman von Lausanne bis Genf.
Bern und Peripherie hingegen gehören nicht dazu. Grund: Nicht alle zahlungskräftigen Personen, die sich in der Verwaltungsstadt tummeln, wurden für diese Einkommenskarte berücksichtigt - so fehlen etwa die gut verdienenden Diplomaten und zahlungskräftige Topleute internationaler Organisationen, die hier keine Steuern zahlen.
Die Karte sagt zudem nichts aus über das Verhältnis von Einkommen und Lebenskosten. So erfährt man nicht, dass die einkommensstarken Gemeinden durchwegs auch teure Wohngemeinden sind. Greng etwa gehört, was die Mietpreise betrifft, zu den teuersten Pflastern in der Schweiz (siehe K-Spezial 1/02).
Reineinkommen als Grundlage
Die Karte gibt Auskunft über das Reineinkommen pro Kopf der Wohnbevölkerung. Das ist grundsätzlich der Betrag, der den Haushalten zur Verfügung steht. Damit müssen sie die Steuern, Miete und alle andern Kosten berappen. 1998 betrug die durchschnittliche Einkommensstärke pro ständiger Einwohner in der Schweiz 25 237 Franken.
Die Zahlen für die Berechnung der Einkommensstärke basieren auf den von der Eidgenössischen Steuerverwaltung erfassten Gemeindeergebnissen aller natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die der direkten Bundessteuer der Steuerperiode 1997/ 1998 unterliegen.
Nicht berücksichtigt wurden Vermögenswerte sowie Personen, die hierzulande keinen ständigen Wohnsitz haben und keine Steuern bezahlen.