Bei Einführung der obligatorischen Krankenkassengrundversicherung 1996 betrug die Jahres­prämie für Erwachsene im Durchschnitt aller Kassen 2070 Franken. 20 Jahre später waren es 4900 Franken – mehr als doppelt so viel. Das geht aus der Statistik des Bundesamts für Gesundheit hervor. 

Im gleichen Zeitraum stiegen die Krankheitskosten von 37,5 Milliarden auf 77,8 Milliarden Franken. Das ist eine Erhöhung um 107 Prozent. Die Krankenkassenprämien hingegen stiegen um 136 Prozent.

Die jährlichen Prämien­erhöhungen haben also nicht nur mit steigenden Arzt-, Spital- und Medikamentenkosten zu tun, sondern auch mit den Krankenkassen. Die Gründe: 

Viele Kranken­kassen: In der Schweiz gibts zurzeit 52 Kassen, welche die obligatorische Krankenver­sicherung anbieten. Die Leistungen sind bei allen genau gleich, weil sie gesetzlich festgelegt sind. Nur die Prämien sind unterschiedlich. 52 Kassen – das bedeutet 52 Verwaltungen. Das verteuert die Abwicklung. Rund 1,4 Milliarden ­kostete 2016 die Ver­waltung im ­obligatorischen Bereich. Das macht durchschnittlich 163 Franken pro Versicherten. Es ginge auch zum ­halben Preis: Bei der Kranken­kasse Luzerner Hinterland be­tragen die Kosten für die Adminis­tration nur 88 Franken.

Teure Kundenjagd: Jeden Herbst geben die Krankenkassen auf der Jagd nach neuen Prämienzahlern viel Geld aus. Gemäss dem Vergleichsdienst Moneyland.ch zahlten sie 2016 rund 500 Millionen Franken an Makler-Abschlussprovisionen bei Grund- und Zusatzversicherungen. In den vergangenen fünf Jahren wechselte durchschnittlich jedes Jahr rund eine halbe Million Versicherte die Kasse. Das be­deutet ­zusätzliche Verwaltungs­kosten.

Hohe Reserven: Die Versicherten müssen heute höhere Prämien zahlen als nötig. Grund: Jede Kasse muss gemäss Gesetz Re­serven bilden. Viele Kassen äufnen mehr Kapital als vorgeschrieben. Die Assura als grösste ­Kasse müsste rund 368 Millionen Re­serven in der Bilanz haben. Tatsächlich sind es bereits 541 Millionen. Laut dem Bundesamt für Gesundheit hatten 2017 alle Kassen zusammen 6,25 Milliarden Franken auf der hohen Kante. So hohe Reserven wären nicht nötig, denn grundsätzlich zahlen die Kassen die Krankheits­kosten aus den Prämien des laufenden Jahres. 

«Reserven verhindern Prämienanstieg»

Jahr für Jahr versprechen Politiker, das Problem anzugehen. Geändert hat sich bis heute jedoch nichts. Deshalb hat nun ein Ko­mitee eine ­Volksinitiative lanciert, die den Kantonen die Kompetenz geben soll, einheitliche Prämien für alle Versicherten festzulegen (siehe Kasten). Mit dieser «Initiative für die Organisationsfreiheit der ­Kantone» könnten die Gesundheitskosten deutlich gesenkt werden. So sagt etwa die St. Galler Gesundheits­direktorin Heidi Hanselmann: «Kostenverursachende Wechsel werden überflüssig, die Prämien­kosten folgen dann den ­Gesundheitskosten.» Ebenfalls erfreulich: «In den ­ersten Jahren helfen die überschüssigen Reserven, ­einen Prämienanstieg zu dämpfen.»

Das will die Initiative

1. Nach der Annahme der Initiative könnte jeder Kanton eine eigene Ausgleichskasse für die obligatorische Krankenversicherung gründen. Mehrere Kantone können zusammen eine regionale Kasse schaffen.
2. Alle Einwohner zahlen dann gleich viel für die Krankenkasse – je nach Franchise und Spar­modell. Denn die kan­tonale Kasse legt einheitliche Prämien fest.
3. Die kantonale Kasse zahlt alle Krankheits­kosten und treibt auch die Prämien ein. Damit sinken die Verwaltungskosten. Kosten für Werbung, Provisionen und Telefonverkauf fallen weg. Das bedeutet tie­fere Prämien.
4. Die kantonale Kasse übernimmt die Reserven der privaten Krankenkassen. Auch damit können die Prämien gesenkt werden.

Unterschriftenbogen für die Initiative im PDF.