Electrolux hat Kochfelder mit «Flexibridge- Funktion im Pure-Hob- und im Flexi-Hob-Sortiment». Miele unterscheidet bei ihren Kühlschränken zwischen «Daily fresh, Perfect fresh und Perfect fresh pro». Und Bosch verkauft Geschirrspüler mit «Dreifach-Rackmatic». Unverständlich, aber beeindruckend, diese Sprache.
Weniger beeindruckend ist, was die Küchengeräte-Hersteller in den letzten Jahren an Neuerungen hervorgebracht haben. Zusammengefasst: Die Innovationen kosten viel. Und sie machen einen Teil des Fortschritts beim Stromverbrauch wieder zunichte.
Paradebeispiel ist die sogenannte Pyrolyse: Bei rund 500 Grad wird Schmutz im Backofen sozusagen eingeäschert. Das Problem: Ein Reinigungsvorgang braucht bis zu 7 Kilowattstunden Strom. Damit liessen sich etwa acht Kuchen backen. Und: Grober Schmutz muss vorher von Hand entfernt werden. Zudem warnt zum Beispiel Electrolux davor, dass «einige Vögel und Reptilien sehr empfindlich auf die während des Reinigungsvorgangs freigesetzten Dämpfe des Pyrolyse- Backofens reagieren» könnten. Für Menschen sei das alles aber unbedenklich.
Viel Aufwand treiben die Hersteller zurzeit für «intelligente» Geräte. Dank Kameras im Siemens-Kühlschrank kann man, auch wenn man unterwegs ist, «direkt auf den Käse schauen», «den Geschirrspüler von überall nach Belieben starten» oder den «Ofen von unterwegs vorheizen» – zum Beispiel, wenn man «entspannt im Café sitzt». Nur könnte es mit der Entspannung rasch vorbei sein, wenn per «Push-Benachrichtigung eine Warnung» eintrifft, dass die Kühlschranktür offen steht.
Doch die Fantasie der Küchengeräte-Hersteller geht noch viel weiter. Dazu ein paar Beispiele:
Kühlschrank-Zonen
Bosch verkauft Kühlschränke mit der klingenden Bezeichnung «Vita-fresh pro». Sie haben einen Bereich, in dem die Temperatur 0 Grad beträgt. Er ist zudem in eine trockene und in eine feuchte Zone unterteilt. Nur: Wer den Wochenendeinkauf verstaut, hat selten die Möglichkeit, jedes Lebensmittel im richtigen Bereich unterzubringen.
Verwirrend: Electrolux geht den umgekehrten Weg. Während Jahrzehnten wurde den Konsumenten eingetrichtert, was wo in den Kühlschrank gehört. Und nun verabschiedet sich Electrolux von den unterschiedlichen Zonen. Ein Gebläse sorgt dafür, dass die Temperatur im ganzen Kühlschrank gleich bleibt. Das Fazit von Electrolux: «Fleisch oben, Gemüse unten? Vergessen Sie es.»
Lichtshow
Siemens stattet Geschirrspüler mit LED-Leuchten im Türrahmen aus. Diese tauchen laut dem Hersteller «das Geschirr in stimmungsvolles blaues Licht». Als ob jemand das schmutzige Geschirr in «stimmungsvollem Licht» sehen möchte.
Kochfeld-Bedienung
Immer mehr Kochfelder lassen sich nicht mehr über Drehregler bedienen, sondern über Sensoren auf dem Kochfeld. Das Problem: Die Sensoren sprechen nicht auf alle Personen gleich gut an. Und vor allem: Wie soll man einem Kind beibringen, dass die Finger auf dem Kochfeld nichts zu suchen haben?
Dazu kommt: Wer mit einem Lappen über die Sensoren fährt, verändert unter Umständen ungewollt die Einstellungen bzw. schaltet das Kochfeld aus. Doch Miele hat ein Rezept dagegen. Das Bedienfeld lässt sich sperren, damit das Kochfeld gereinigt werden kann. Aber nur während 20 Sekunden. Eine Uhr zeigt unerbittlich den Countdown an.
Backofen-Programme
Einige Backöfen lassen sich für bestimmte Gerichte programmieren – zum Beispiel für Gemüsegratin, Bratkartoffeln oder Tomatengratin. Doch die Backdauer hängt nicht nur vom Gericht, sondern auch von der Menge ab.
Vakuumgaren
Verschiedene Hersteller statten ihre Steamer mit Programmen aus, mit denen sich vakuumierte Speisen schonend zubereiten lassen. Die Steamer von Bauknecht lassen sich bis zu 72 Stunden programmieren. Das Problem: Ungekühlt ist zum Beispiel Fleisch nach 72 Stunden längst verdorben.
Electrolux bietet auch Vakuumier-Schubladen an. Preis: 3120 bis 6300 Franken.
Auftaufunktion
Viele Backöfen sind mittlerweile mit dieser Funktion ausgestattet. Stromsparend und schonender wäre allerdings, wenn man das Tiefkühlgut frühzeitig im Kühlschrank auftauen lassen würde.
Aufwärmfunktion
Zuweilen versprechen die Hersteller auch zu viel. Bauknecht propagiert «exklusives Regenerieren ohne Qualitätsverlust». Doch das ist nicht möglich: Denn das Aufwärmen von Speisen führt immer zu einem Qualitätsverlust.
«Kommunikative» Abzugshauben
Mehrere Hersteller bieten Kochfelder und Dunstabzüge an, die über Funk miteinander «kommunizieren». Das heisst: Die Lüftung läuft automatisch auf der richtigen Stufe und schaltet sich am Schluss mit leichter Verzögerung ab. Doch braucht es dafür die Elektronik? Oder kann das, wer am Herd steht, nicht genauso gut per Knopfdruck erledigen?
Selbst der Hauseigentümer-Verband (HEV) warnte kürzlich in seiner Zeitung: «Wenn man nicht aufpasst, hat man ganz schnell sehr viel Geld für Geräte ausgegeben, die man gar nicht benutzt.» Zum Beispiel einen Steamer oder einen Teppanyaki. Das ist ein Stahl-Kochfeld, auf dem die Speisen direkt zubereitet werden. Man solle sich zum Beispiel, so der HEV, fragen: «Habe ich wirklich die Musse, den stylishen Teppanyaki mühselig zu reinigen, ohne ihn je wieder richtig sauber zu kriegen, weil alles eingebrannt ist?»
Wasserhahnen mit Fernbedienung für 1000 Franken
Nicht nur die Hersteller von Küchengeräten, sondern auch diejenigen von Armaturen lassen ihrer Fantasie beim Austüfteln neuer Produkte freien Lauf.
Fernbedienung: KWC bietet Wasserhahnen mit Fernbedienung an. «Der Auslauf nimmt Ihre Befehle auch aus Entfernung entgegen», wirbt KWC. Was das bringt, bleibt schleierhaft. Denn wer Wasser braucht, steht ja am Spülbecken und liegt nicht im Bett. Klar ist indessen: Die Fernbedienung kostet über 1000 Franken. Für den Wasserhahn brauchts einen Stromanschluss, die Fernbedienung wird von einem Akku gespeist.
Lichtstrahl: Von KWC stammt ein Lichtstrahl, der den Wasserstrahl begleitet. Auch diese Spielerei braucht Strom.
Sensoren: Neuerdings gibts Armaturen, die ans Morse- Alphabet erinnern: 1-mal den Sensor antippen bedeutet Kaltwasser, 2-mal bedeutet Warmwasser, 3-mal Heisswasser. Gewisse Armaturen lassen sich sogar individuell programmieren. Nur: Kein Gast wird einen solchen Wasserhahn ohne lange Erklärungen bedienen können.
Kochendes Wasser: Electrolux verkauft Wasserhahnen, die kochend heisses Wasser liefern. Dazu braucht es einen Boiler und zusätzliche Einbauteile. Das Ganze kostet 2330 bis 2760 Franken. Und vor allem: Der Boiler verbraucht 175 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Das ist mehr, als ein grosser Kühlschrank mit Gefrierfach benötigt.
Ablauf per Tastendruck: Ablaufventile beziehungsweise Siebeinsätze und Standrohre fürs Spülbecken haben sich seit Jahrzehnten bewährt. Trotzdem bietet Hersteller Suter nun ein elektronisches Ablaufventil an. Es wird über eine Taste an der Rückwand des Spülbeckens bedient. Das System verbindet laut Suter «funktionalen Komfort und formale Eleganz zu einer Einheit und bietet interessante Mehrwerte». Eleganter lässt sich nicht sagen, wie nutzlos Neuheiten sein können.