Ursula Mori aus Bremgarten bei Bern ist über 70 Jahre alt und alleinstehend. Regelmässig surft sie mit ihrem Smartphone im Internet. Dabei stiess sie vor kurzem auf die Website Kultiviertesingles.ch. Die gemäss Eigenwerbung «exklusive Dating-Plattform für Singles in den besten Jahren» wird betrieben von der Be2 GmbH mit Sitz in Luxemburg.
Preis gilt pro Woche, nicht pro Halbjahr
Mori beschloss, mitzumachen. Sie musste eine Premium-Mitgliedschaft lösen, um Fotos anderer Singles anschauen und ihnen eine Nachricht schreiben zu können. Das erschien auf den ersten Blick sehr günstig: rund 20 Franken für 6 Monate.
Sie zahlte mit ihrer Kreditkarte – und erschrak, als sie die Abrechnung erhielt. Die Be2 GmbH hatte ihr über 400 Franken belastet. Als sie sich die Website noch einmal ansah, bemerkte sie in einem kleinen Balken oberhalb des Bezahlfensters einen Hinweis, wonach der Preis von 20 Franken nicht pro Halbjahr gelte, sondern pro Woche.
Diese Preispolitik ist klar irreführend. Das bestätigt Cyrill Rigamonti, Professor an der Uni Bern: «Beim fettgedruckten Preis im farblich hervorgehobenen Feld gibt es keinen Hinweis darauf, dass es sich um einen Wochenpreis handelt.»
Die Kunden dürften deshalb davon ausgehen, dass es sich um einen Gesamtpreis für sechs Monate handelt. Der spätere Hinweis auf den Wochenpreis sei in Hellgrau auf Dunkelgrau «eher versteckt und deutlich weniger prominent».
Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft hält die Preisangabe für irreführend. Der spätere Hinweis auf den Wochenpreis sei «unscheinbar und leicht zu übersehen».
Verträge sind nur schriftlich gültig
Mori reklamierte bei Be2. Der Online-Partnervermittler wandelte ihre Mitgliedschaft daraufhin in eine dreimonatige um. Sie erhielt rund 200 Franken zurück. Rechtlich gesehen hätte Mori auf einer sechsmonatigen Mitgliedschaft zum tiefen Preis bestehen oder das ganze Geld zurückverlangen können. Denn Verträge über die Vermittlung von Partnern sind nur in schriftlicher Form gültig – nicht schon per Anklicken im Internet. Auf Anfrage des K-Tipp nahm Be2 zum Vorwurf der Irreführung nicht Stellung.
Ursula Mori ist von der Plattform gar nicht begeistert. Von 30 angeschriebenen Männern hätten nur zwei geantwortet: «Einer schrieb, er habe ganz schlechte Erfahrungen gemacht und habe die Nase voll.» Auch andere Partnersuchende äussern sich im Internet negativ: «Ich warte seit fünf Jahren auf die richtige Begegnung», «Abzocke von einsamen Menschen in verzweifelter Lage» oder «Sie werden keine einzige Nachricht bekommen», heisst es dort beispielsweise. Oder ganz einfach: «zu teuer».
Übrigens: Be2 betreibt auch die Internetplattform www.academicsingles.ch: Und hier werden die Kunden in die exakt gleiche Preisfalle gelockt.