Frank Maurer aus Riehen BS sagt, er habe das Vertrauen in Kundenbewertungen im Internet verloren. Er hatte im März im Internetshop des Möbelhändlers Beliani ein Sofa gekauft, das sich nach der Lieferung als unbequem erwies.
Der Kunde schickte das Möbel zurück und verfasste zu Beliani auf der Bewertungsplattform Trustpilot.com eine kritische Bewertung: «Bequemes Liegen ist nicht möglich», schrieb er über das Sofa. Man sinke zu weit ein.
Wer die Kritik löscht, erhält 50 Franken
Wenig später wurde der Kunde von Beliani kontaktiert. Man bot ihm einen Gutschein über 50 Franken an – verbunden mit der Bitte, die Kritik auf Trustpilot zu löschen. Maurer ging nicht darauf ein. «Andere Kunden sollen die Wahrheit erfahren», sagt er zum K-Tipp.
Manuela Bader (Name geändert) aus Mosnang SG bewertete Beliani auf Trustpilot ebenfalls negativ. Sie sagt, das Möbelhaus habe ihr ein Sofa in einer falschen Ausführung geliefert. Zudem ärgerte sie sich über den Kundendienst. Auch ihr versprach Beliani, sie erhalte einen 50-Franken-Bon, wenn sie die Kritik lösche.
Auf Anfrage des K-Tipp sagt Beliani-Chef Stephan Widmer: Man kontaktiere unzufriedene Kunden auf Trustpilot oder bei Google Maps, um deren Problem zu lösen. Der Gutschein sei eine Form der Entschuldigung und nicht an Bedingungen geknüpft. Im Mail von Beliani heisst es: «Wenn Sie mit diesem Angebot zufrieden sind, würden wir uns freuen, wenn Sie Ihre Bewertung auf Trustpilot überdenken oder löschen könnten.»
Beliani ködert Kunden auch mit Gutscheinen , um generell positive Bewertungen zu erhalten: Am 4. März zum Beispiel gab es auf Trustpilot ungewöhnlich viele Fünfsternebewertungen zu Beliani. Laut Stephan Widmer versandte die Firma an diesem Tag E-Mails an Kunden und bat um eine Bewertung auf Trustpilot oder Google Maps. Wer einem Kundenbetreuer den Link zur Bewertung schicke, erhalte einen 50-Franken-Bon.
Dazu sagt Stephan Widmer: «Der Gutschein war von der Abgabe eines Ratings abhängig, aber unabhängig von der Bewertung selbst.» Bis auf eine Person bewerteten am 4. März alle Kunden Beliani mit fünf Sternen. Die meisten der 25 Bewerter hatten zuvor auf Trustpilot noch keine Firma bewertet. Eine Person, die sich «Consumer» nannte, schrieb etwa: «Schnelle Lieferung. Grosse Auswahl!»
Auf Bewertungen ist oft kein Verlass
Studien zeigen: Kundenbewertungen von Händlern oder Dienstleistern im Internet lassen sich leicht manipulieren. So ist laut einer Untersuchung des britischen Wirtschaftsdepartements von 2023 auf 11 bis 15 Prozent der Bewertungen kein Verlass. Ältere Studien gehen davon aus, dass bis zu 40 Prozent der Bewertungen manipuliert sind.
Das zeigt: Bei Kundenbewertungen ist Vorsicht geboten. Dabei handelt es sich häufig nicht um echte Erfahrungsberichte von Kunden. Solche Bewertungen stammen vielmehr von Unternehmen, die auf Internetmarketing spezialisiert sind, oder von Leuten, die aus Eigeninteresse einer Firma schaden oder nützen wollen.
Vor vier Jahren zeigte «Saldo», dass jeder Händler bei Google Bewertungssterne kaufen kann («Saldo» 4/2020). Manche Firmen kaufen positive Bewertungen gleich paketweise («Saldo» 1/2021).
Kundenbewertungen im Internet: Darauf sollten Benutzer achten
Wer sich vor einem Einkauf auf Bewertungsplattformen über ein Unternehmen informieren will, sollte sich nicht allein auf die Sternebewertung verlassen. Folgende Anhaltspunkte helfen, echte von manipulierten Bewertungen zu unterscheiden:
- Bewertungen mit übertrieben positiven Urteilen können auf eine Manipulation hindeuten. Beispiel: Ein Schuhladen wird von Kunden wiederholt als «genial» bezeichnet. Kommt das bei einer Firma oft vor, ist es verdächtig – vor allem bei alltäglichen Produkten und Dienstleistungen.
- Vorsicht bei sehr allgemein gehaltenen Bewertungen. Glaubwürdiger ist es, wenn jemand Details erwähnt, etwa zu einem ganz bestimmten Produkt.
- Werden in Bewertungen einer Firma oft ähnliche negative Punkte erwähnt, etwa Mängel beim Kundendienst oder Lieferprobleme, kann das ein Hinweis sein, dass die Kritik Hand und Fuss hat.
- Am ehesten verlässlich sind Plattformen, auf denen der Bewerter das Produkt oder die Dienstleistung nachweislich selber bezogen und bezahlt hat. Das gilt etwa für die Portale Booking.com oder Trustedshops.ch. Bei Google oder Trustpilot hingegen können auch Leute Firmen bewerten, die dort nichts gekauft haben.