Isolierplatten bald Sondermüll
Mit dem Kunststoff Polystyrol werden Häuser isoliert. Das Material ist oft mit dem Flammschutzmittel HBCD behandelt. Doch dieses gilt als eines der gefährlichsten Umweltgifte und ist weltweit verboten worden.
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K-Tipp 20/2013
27.11.2013
Beat Camenzind
Tausende von Hausbesitzern lassen ihr Haus isolieren, um Heizkosten zu sparen. Als Dämmmaterial werden oft Polystyrol-Platten verwendet. Das weisse Material aus Erdöl ist besser bekannt unter den Markennamen Sagex und Styropor. Der Vorteil des Materials: Es ist günstig, leicht und einfach zu bearbeiten.
Nachteil: Polystyrol ist brennbar. Deshalb sind die Platten mit einem Flammschutzmittel behandelt. Meist wird Hexabromcyclododecan (HBCD) verwendet. Do...
Tausende von Hausbesitzern lassen ihr Haus isolieren, um Heizkosten zu sparen. Als Dämmmaterial werden oft Polystyrol-Platten verwendet. Das weisse Material aus Erdöl ist besser bekannt unter den Markennamen Sagex und Styropor. Der Vorteil des Materials: Es ist günstig, leicht und einfach zu bearbeiten.
Nachteil: Polystyrol ist brennbar. Deshalb sind die Platten mit einem Flammschutzmittel behandelt. Meist wird Hexabromcyclododecan (HBCD) verwendet. Doch die Uno, die EU und die Schweiz haben beschlossen, diesen Stoff zu verbieten. Für die Anwendung in Polystyrol-Platten gilt eine Übergangsfrist bis August 2015.
Grund für das Verbot: HBCD baut sich in der Natur nicht mehr ab. Der Stoff schädigt Fische und andere Wasserlebewesen. Zudem steht HBCD im Verdacht, die Fruchtbarkeit von Menschen zu beeinträchtigen und Säuglinge über die Muttermilch zu schädigen. Daneben greift der Stoff Nerven und Leber an.
HBCD ist zwar in den Platten gebunden. Bei Herstellung, Verarbeitung und Entsorgung kann der Stoff aber in die Umwelt gelangen und eingeatmet werden. Kommt hinzu: Experten schliessen nicht aus, dass kleine Mengen HBCD aus den PolystyrolPlatten austreten können, auch wenn sie am Haus montiert sind.
Das ist insbesondere dann problematisch, wenn sie zur Dämmung im Erdreich benutzt werden. So gelangt HBCD direkt ins Grundwasser.
34 000 Tonnen pro Jahr verbaut
Durch das Verbot werden mit HBCD behandelte Dämmplatten laut dem deutschen Bundesumweltamt künftig zu Sondermüll. Dieser klebt vorläufig noch an den Mauern der Häuser. Das Bundesamt für Umwelt schätzt, dass in der Schweiz pro Jahr 34 000 Tonnen Polystyrol-Platten verbaut werden. Diese enthalten rund 400 Tonnen HBCD.
Für Hausbesitzer und Bauherren gilt:
- Zurzeit wird Polystyrol mit HBCD nicht als Sonderabfall behandelt. Viele Dämmplatten landen in der Verbrennungsanlage. Zwar existiert ein Recycling-Konzept. Die Hersteller nehmen aber nur Polystyrol ohne Mörtel oder andere Rückstände zurück.
- Bei Renovationen ist es möglich, die neue Isolierung über die alte zu montieren. So schiebt man das Problem aber nur auf.
- Bei Neubauten empfiehlt das Bundesamt für Umwelt, auf HBCD-freie Dämmprodukte auszuweichen, etwa Steinwolle. Es gibt aber bereits Polystyrol-Platten, die ohne HBCD auskommen. Anbieter wie Swisspor und Sika sind daran, die Produktion umzustellen.
- Auf jeden Fall sollten Hersteller von Polystyrol-Platten laut Bundesamt für Gesundheit ihre Kunden über deren HBCD-Gehalt informieren.
Minergie: Öko-Label mit Umweltgift
Laut dem Werbeprospekt kombiniert das Minergie-Eco-Label die Qualitäten des Minergie-Standards, wie «Komfort und Energieeffizienz», mit «gesunder und ökologischer Bauweise». Bund und Kantone unterstützen dies finanziell.
Doch es ist nach wie vor möglich, ein Haus mit HBCD-haltigen Dämmstoffen zu isolieren und trotzdem das Minergie-Eco-Label zu erhalten.
Christian Röthenmund, Geschäftsführer von Minergie Schweiz, erklärt, dass HBCD bei der Bewertung eines von über 80 Kriterien sei. Immerhin: Röthenmund beteuert, in Zukunft würden Dämmstoffe mit HBCD als Flammschutzmittel bei Minergie-Eco-Bauten ausgeschlossen.