Am 3. Dezember 2015 hat das Bundesgericht einen bedeutenden Entscheid gefällt. Eine Tessinerin war am 14. Juni 2014 gestorben. Ein Erbe verlangte die Rückerstattung des Prämienanteils der Grundversicherung für die Zeit vom 15. bis 30. Juni – und bekam vom obersten Gericht recht. Die Kasse hatte die Prämie für den ganzen Todesmonat behalten wollen.
Der Entscheid betraf die Grundversicherung. Das Bundesgericht verglich die Situation der obligatorisch Versicherten mit jener in der freiwilligen Zusatzversicherung. Dort ist seit 2006 gesetzlich geregelt, dass vorausbezahlte Prämien nach dem Tod anteilmässig zurückbezahlt werden müssen. Das Bundesgericht sagt jetzt: Eine Ungleichbehandlung von Grund- und Zusatzversicherten ist nicht gerechtfertigt. Für die Zeit ab Dezember 2015 ist damit ein- für allemal klar: Im Todesmonat müssen sowohl die Grundversicherung als auch die Zusatzversicherungen taggenau abgerechnet werden. Auch wenn in den Versicherungsbedingungen etwas anderes steht.
Das gilt übrigens auch für den Geburtsmonat – wobei viele Kassen den Geburtsmonat ohnehin schenken. Und es gilt auch für Zuzüger aus dem Ausland und wenn Versicherte die Schweiz definitiv verlassen.
Und wie sieht es rückwirkend aus? Wie sind Fälle zu behandeln, in denen Versicherte zum Beispiel im Frühling oder Herbst 2015 verstarben?
Visana zahlte Prämienanteil zurück
Streng genommen gilt jeder Gerichtsentscheid nur für die beteiligten Parteien. Das heisst: Gestützt auf den Bundesgerichtsentscheid haben die Erben der vor knapp zwei Jahren verstorbenen Tessinerin rückwirkend Anspruch auf die zu viel bezahlten Prämien.
Das Urteil hat aber indirekt Auswirkungen auf alle gleich gelagerten Fälle. Konkret: Erben, die in den letzten Jahren die zu viel bezahlten Prämien nach dem Tod eines Angehörigen nicht zurückerhielten, könnten ebenfalls klagen. Und die Gerichte würden ihnen, gestützt auf das neue Urteil, recht geben.
Rückforderungen sind aber nur erfolgversprechend, solange der Rechtsanspruch nicht verjährt ist. Bei der Grundversicherung beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, bei den Zusatzversicherungen zwei Jahre.
Bei den Zusatzversicherungen belegt eine K-Tipp-Umfrage: Viele Kassen missachten das Gesetz bis heute: Sie haben die Prämien jeweils für den ganzen Todesmonat behalten.
In solchen Fällen lohnt sich ein Brief an die Kasse: Das zeigt der Fall eines Mannes, der am 11. Oktober 2015 starb. Als seine Tochter im Dezember die zu viel bezahlten Prämien zurückverlangte, zahlte die Visana den Zusatzversicherungsanteil nachträglich aus. Mehr noch: Sie zahlte diesen Anteil sogar für die Mutter der Frau zurück, die schon im Dezember 2013 verstorben war.
Vorbildliche Kassen
Eine K-Tipp-Umfrage hat gezeigt: Einige wenige Krankenkassen haben schon bisher sowohl die Prämien der Grundversicherung als auch die Prämien der Zusatzversicherungen im Todesmonat anteilmässig zurückerstattet. Zu diesen gehören zum Beispiel die Sanitas-Gruppe (Sanitas, Wincare und Compact) sowie die Agrisano.
Bei der CSS-Tochter Sanagate sei dies schon seit deren Gründung im Jahr 2010 der Fall, schreibt die CSS-Medienstelle.
Die Concordia sagt, sie habe bis anhin nur bei den Zusatzversicherungen taggenau abgerechnet.