Jeder zweite Kirsch mundete nicht
Hervorragend bis ungeniessbar: Bei der Qualität von Kirsch gibt es enorme Unterschiede. Und manchmal enthält die Flasche nicht das, was auf der Etikette steht.
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K-Tipp 2/2006
25.01.2006
Bennie Koprio
Fast in jedem Schweizer Haushalt steht eine Flasche Kirsch - und seis nur, um damit das Fondue zu aromatisieren. Der aus Kirschen gebrannte Schnaps ist das hochprozentige Schweizer Getränk schlechthin - aber: Der Konsum von einheimischem Schnaps ist seit Jahren rückläufig. Während bei Whisky, Cognac und Konsorten die meisten Konsumenten die grossen Marken kennen, ist für viele Kirsch einfach gleich Kirsch.
Es gibt jedoch extreme Unterschiede. Das zeigt eine Degustation von 20...
Fast in jedem Schweizer Haushalt steht eine Flasche Kirsch - und seis nur, um damit das Fondue zu aromatisieren. Der aus Kirschen gebrannte Schnaps ist das hochprozentige Schweizer Getränk schlechthin - aber: Der Konsum von einheimischem Schnaps ist seit Jahren rückläufig. Während bei Whisky, Cognac und Konsorten die meisten Konsumenten die grossen Marken kennen, ist für viele Kirsch einfach gleich Kirsch.
Es gibt jedoch extreme Unterschiede. Das zeigt eine Degustation von 20 Kirschwassern, die fünf ausgewiesene Fachleute für den Kassensturz durchgeführt haben. Mit 18 von möglichen 20 Punkten stach dabei der Kirschbrand Lauerzer Sortenrein hervor. Er ist mit 43 Franken pro Halbliter der drittteuerste im Test.
Auch ein günstiger Kirsch kann gut sein
Verschiedene Hersteller kritisierten an der Degustation, man könne nicht günstige Kirschwasser aus Discountern und Grossverteilern mit Produkten von spezialisierten Kleinbrennereien vergleichen. Dass jedoch auch günstiger Kirsch gut sein kann, belegt der Zweitplatzierte: Der Oberfricker Kirsch gehört mit 17 Franken pro Halbliter zum unteren Preissegment.
Bedenklich hingegen: Ausgerechnet jener Kirsch, den viele Wirte ihren Gästen vorsetzen, wurde von der Jury als ungeniessbar abqualifiziert: der Urschwyzer Kirsch Altes Dorf. Laut Hersteller Landtwing-Rütter sei ein Produktionsfehler schuld am schlechten Geschmack: «Bei der Reinigung der Abfüllanlage ist uns ein Fehler unterlaufen. In der Folge verfälschte sich der Geschmack der nächsten 800 Liter. Die vom Kassensturz degustierte Flasche gehört zu dieser Serie.»
Die Brennerei Räber, Produzentin des gleichnamigen Kirschs, und die Etter AG, Herstellerin des getesteten Zuger Kirschs, wehren sich gegen die Note ungenügend mit dem Argument, ihr Produkt sei bei einer anderen Degustation ausgezeichnet worden.
Bei einigen Flaschen ist zudem nicht drin, was auf der Etikette steht. Namen wie Original Willisauer suggerieren, dass der Schnaps aus Kirschen aus der Region gebrannt ist. Dabei verwendete die Brennerei auch Früchte aus dem Ausland - wie dies mittlerweile bei jedem zweiten Liter Schweizer Kirsch der Fall ist. Dies wird beim Willisauer auf der Rückseite der Flasche auch deklariert und ist somit legal. Aber viele Konsumenten fühlen sich verschaukelt.
Beim Rufihof Rigi-Kirsch steht ferner, den Schnaps habe die Brennerei Weber St. Adrian gebrannt. Den Betrieb gibt es aber seit Jahren nicht mehr, der Kirsch stammt von Pomdor in Sursee LU. Den genau gleichen Schnaps vertreibt Pomdor unter dem Namen St. Georg Kirsch, Häfelibrand Petit Alambic und weiteren zwei Marken, die nicht degustiert wurden.
Die Degustatoren liessen sich nicht an der Nase herumführen: Die drei Kirschwasser, die sich nur durch die Etikette unterschieden, erhielten auf den Punkt genau dieselbe Note - nämlich ungenügend.
Schnaps-Experten
Die fünf Degustatoren, die Geruch, Geschmack, Fruchtaroma und Harmonie der Kirschwasser beurteilten, sind ausgewiesene Fachleute:
- Josiane Enggasser vom Schweizerischen Obstverband
- Daniel Zürcher, renommierter Schnapsbrenner aus Port bei Biel
- Oscar Philipp Adler, Spirituosen-Experte
- René Zimmermann, Präsident Schnapsforum
- Gabriela Perret, 2004 zur «Schnapsnase des Jahres» gekürt