«Kann jeder Zoll meine Daten speichern?»
Kein Land verlangt bisher zur Einreise einen biometrischen Pass. Warum soll er also in der Schweiz obligatorisch werden? Fragen und Antworten zur Volksabstimmung.
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K-Tipp 08/2009
19.04.2009
Letzte Aktualisierung:
23.04.2009
Isabelle Meier
Am 17. Mai 2009 stimmen die Schweizerinnen und Schweizer darüber ab, ob der biometrische Pass für alle Bürger obligatorisch wird. Bei einem Ja werden neben den Personalien und einem Foto auch Fingerabdrücke auf einem Chip im Pass gespeichert. Diese Daten werden zudem in einer zentralen Datenbank gespeichert.
Weshalb brauche ich einen biometrischen Ausweis?
Kein Land verlangt einen biometrischen Pass zur Einreise. Man kann als...
Am 17. Mai 2009 stimmen die Schweizerinnen und Schweizer darüber ab, ob der biometrische Pass für alle Bürger obligatorisch wird. Bei einem Ja werden neben den Personalien und einem Foto auch Fingerabdrücke auf einem Chip im Pass gespeichert. Diese Daten werden zudem in einer zentralen Datenbank gespeichert.
Weshalb brauche ich einen biometrischen Ausweis?
Kein Land verlangt einen biometrischen Pass zur Einreise. Man kann also problemlos mit dem alten Pass reisen, solange er gültig ist. Das Gleiche gilt für die Identitätskarte.
Wie sieht es aus mit Reisen in die USA?
Auch die USA verlangen heute bei der Einreise nicht unbedingt einen biometrischen Pass. Mit dem alten Pass kann man ohne Visum in und durch die USA reisen – vorausgesetzt, er wurde vor dem 26. Oktober 2006 ausgestellt. Falls er nach diesem Stichtag ausgestellt wurde, braucht man ein Visum. Lehnen die Stimmbürger die obligatorische Einführung des biometrischen Passes ab, könnten die USA allenfalls die Visumspflicht für alle Schweizer einführen.
Warum soll der biometrische Ausweis dann obligatorisch werden?
Die Schengen-Staaten dürfen seit August 2006 nur noch biometrische Pässe ausstellen. Deshalb soll er auch in der Schweiz eingeführt werden. Der Bundesrat befürchtet, dass bei einem Volksnein die Schengen/Dublin-Abkommen ausser Kraft träten, falls mit der EU innert 90 Tagen keine andere Lösung gefunden werden könne. Die Verordnung der EU über biometrische Pässe sieht aber schon heute Ausnahmen für Dänemark, Grossbritannien und Irland vor.
Ist mein bisheriger Pass bei einem Ja zur Vorlage noch gültig?
Ja, bis zum Ablauf des Gültigkeitsdatums. Bei einem Ja zum obligatorischen biometrischen Ausweis wird ab März 2010 nur noch der Pass 10 ausgestellt. Er ist 10 Jahre gültig. Im Gegensatz zum heutigen biometrischen Pass enthält er zusätzlich zwei Fingerabdrücke.
Was kostet ein biometrischer Pass?
Heute ist der biometrische Pass sehr teuer: Erwachsene zahlen 250 Franken, Kinder unter 3 Jahren 180 Franken. Der normale Pass kostet 120 Franken für Erwachsene und 55 Franken für Kinder und Jugendliche. Der Preis für den neuen Pass ist noch nicht festgelegt. Laut der Bundesverwaltung wird er voraussichtlich 140 Franken für Erwachsene und 60 Franken für Kinder und Jugendliche kosten. Zum Vergleich: In Deutschland kostet der elektronisch lesbare Pass umgerechnet rund 90 Franken.
Was ändert sich im Vergleich zu heute beim Bezug eines neuen Passes?
Für den bisherigen Pass reichte ein Gang zur Gemeindeverwaltung. Für den biometrischen Pass sind zwei Behördengänge nötig: zuerst zur Wohnsitzgemeinde, wo der Pass beantragt wird, und dann zu einem regionalen Erfassungszentrum, wo das Passbild gemacht wird und die Fingerabdrücke genommen werden. Zurzeit gibt es in der ganzen Schweiz nur acht solche Zentren: in Aarau, Basel, Bern, Chur, St. Gallen, Zürich, Bellinzona und Lausanne. Das heisst: Wer nicht in der Nähe wohnt, muss unter Umständen mehrere Stunden Reisezeit aufwenden. Das Bundesamt für Polizei verspricht, ab März 2010 werde nur noch ein Behördengang zum Erfassungszentrum nötig sein. Zudem würden zusätzliche Erfassungszentren entstehen.
Ist dieses aufwendige Verfahren inklusive Fingerabdrücken auch für die Identitätskarte vorgesehen?
Wird die Vorlage am 17. Mai angenommen, hat die Bevölkerung dazu nichts mehr zu sagen. Der Bundesrat entscheidet dann allein, ob auch die ID biometrisch wird.
Wieso muss ich meine Fingerabdrücke registrieren lassen? Ich bin doch nicht kriminell!
Ab Mitte 2009 müssen alle Schengen-Staaten zusätzlich zwei Fingerabdrücke in den Pässen speichern. Mit der Speicherung der Fingerabdrücke geht die EU aber weit über die Vorgaben der UN-Organisation ICAO (Internationale Zivilluftfahrt-Organisation) hinaus, die den Anstoss zum biometrischen Pass gab, aber nur ein digitales Bild verlangt.
Wer kann die Daten des biometrischen Ausweises lesen?
Offiziell nur die Zollbehörden und die Polizei. Die Gegner warnen aber: Für Unberechtigte ist es ein Leichtes, die biometrischen Daten zu lesen. Im Unterschied etwa zu Bankkarten müssen nämlich die Ausweise nicht in ein Lesegerät eingeführt werden. Die Pässe enthalten einen Chip inklusive einer kleinen Antenne. Dies erlaubt es, die Daten auf Distanz zu lesen, ohne dass der Inhaber des Ausweises dies merkt.
Kann jeder Zoll und jede ausländische Polizei den Ausweis lesen und das Passbild und die Fingerabdrücke speichern?
Ja. Das Anlegen von Personendateien durch Unbefugte wird durch den biometrischen Pass begünstigt. Der Bürger hat keine Kontrolle darüber, in welcher Kartei seine Daten landen. Laut Bundespolizei sind die Fingerabdrücke durch einen zusätzlichen Mechanismus geschützt. Und der Bundesrat entscheide, welche Länder und welche Unternehmen die Daten lesen könnten.
Die erfassten biometrischen Daten sollen zentral gespeichert werden. Weshalb?
Hier geht die Schweiz als einziges Land einen Schritt weiter, als es die EU und die USA fordern. Die Bundespolizei will eine Kartei aller Schweizer Bürger inklusive Bild und Fingerabdrücken einrichten. Begründung: Eine zentrale Datenbank sei gegen Passfälschungen und für den Abgleich bei der Grenzkontrolle notwendig.
Die Kontrolle und der Abgleich der biometrischen Pass-Daten werden aber von Zoll und Polizei vor Ort gemacht. Kritiker warnen deshalb: Es muss befürchtet werden, dass die während 20 Jahren in der Datenbank gespeicherten Fingerabdrücke und Gesichtsbilder für andere Zwecke missbraucht werden könnten. Auch der eidgenössische Datenschützer kritisierte dieses Ansinnen des Bundesrates.