Kein Schutz für die Kleinsten
Auf dem Schoss von Mutter oder Vater fliegen kleine Kinder alles andere als sicher. Die Fluggesellschaften lässt das kalt.
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K-Tipp 10/2011
15.05.2011
Letzte Aktualisierung:
18.05.2011
Gery Schwager
Das Baby wird vom Oberkörper der Mutter brutal nach unten gedrückt. Der Schlaufengurt (Loop-Belt), mit dem es auf dem Schoss der Mutter an deren Sicherheitsgurt angeschnallt ist, quetscht sich tief in seinen Bauch.
Zum Glück sinds nur Puppen. Doch wer das Video dieses TÜV-Crashtests gesehen hat, zweifelt nicht am Fazit der Prüfer: Loop-Belts können lebensgefährlich sein. Simuliert wurde eine Vollbremsung aus 250 km/h mit Überschiessen der Lan...
Das Baby wird vom Oberkörper der Mutter brutal nach unten gedrückt. Der Schlaufengurt (Loop-Belt), mit dem es auf dem Schoss der Mutter an deren Sicherheitsgurt angeschnallt ist, quetscht sich tief in seinen Bauch.
Zum Glück sinds nur Puppen. Doch wer das Video dieses TÜV-Crashtests gesehen hat, zweifelt nicht am Fazit der Prüfer: Loop-Belts können lebensgefährlich sein. Simuliert wurde eine Vollbremsung aus 250 km/h mit Überschiessen der Landebahn.
Trotzdem gilt in Europa: Kinder unter zwei Jahren, die im Flugzeug auf dem Schoss der Eltern reisen, müssen mit dem Schlaufengurt gesichert werden. In den USA hingegen ist der Loop-Belt verboten. Das Kind auf dem Schoss aber bloss festzuhalten, ist auch keine gute Idee.
Denn bei einer Notlandung können ungeheure Kräfte wirken, wie der TÜV Rheinland festhält: «Ein 11 Kilogramm schweres Kind wird dadurch zu einem fast 180 Kilogramm schweren ‹Geschoss› – und fliegt durch die Kabine.»
Von Anfang an einen eigenen Sessel
Für die Fachleute ist deshalb klar: Kinder sollten nicht erst ab zwei Jahren, sondern von Anfang an auf einem eigenen Flugzeugsessel fliegen – und zwar, bis zu einer Grösse von 1,25 Metern, in einem Kindersitz.
Immerhin erlauben es praktisch alle Airlines, einen Auto-Kindersitz mitzubringen, sofern man für das Kind einen Platz gebucht hat. Doch in der Praxis ist das nicht so einfach. Denn die konkreten Vorgaben, denen der Kindersitz genügen muss, variieren erheblich.
Und sie sind oft verwirrend. Aus Internet-Foren zur Luftfahrt geht hervor: Eltern sind auch nach Rückfragen bei der Fluggesellschaft zuweilen noch unsicher, ob ihr «Autositzli» nun regelkonform ist oder nicht.
Klar ist die Sache bei jenen Airlines, die alle vom TÜV mit dem Prüfzeichen «For use in aircraft» versehenen Kindersitze akzeptieren (siehe Kasten). Dazu gehören z.B. Swiss, Lufthansa, Air Berlin und Austrian Airlines.
Bloss: Bei einem Teil der 14 Sitze auf der TÜV-Liste handelt es sich um ältere Modelle, die nicht mehr produziert werden, wie Andreas Fritschi, Geschäftsführer des Fachgeschäfts Babyhaus Wehrli, erklärt.
Airlines bieten keine Kindersitze an
Für die kleinsten Passagiere wäre es am besten, wenn die Fluggesellschaften endlich selber bei der Buchung Kindersitze anbieten würden.
Der K-Tipp wollte von 20 Airlines wissen, ob sie dazu bereit wären. Das ernüchternde Resultat: 9 Gesellschaften blieben die Antwort schuldig, 10 sagten Nein. Einzig British Airways rang sich zu einem «vielleicht in Zukunft» durch.
Gerechtfertigt wurde die Ablehnung mit «logistischen Gründen» (Aer Lingus), «Gewichts- und Stauraumproblemen» (Tuifly) sowie «fehlender Kundennachfrage» (Air Canada, Helvetic Airways). Swiss erklärte, man habe mit dem Schlaufengurt noch nie Probleme gehabt.
Übrigens: Laut Bundesamt für Zivilluftfahrt ist weder in der EU noch in der Schweiz geplant, den Loop-Belt zu verbieten und/oder die Airlines zu verpflichten, Kindersitze zur Verfügung zu stellen. Kleine Kinder haben halt keine grosse Lobby.
Fürs Flugzeug geeignet
Diese Auto-Kindersitze mit dem TÜV-Prüfzeichen «For use in aircraft» sind aktuell erhältlich:
- Bébé Confort Pebble
- Concord Ion
- Kiddy Comfort Pro
- Kiddy Discovery Pro
- Kiddy Guardian Pro
- Maxi Cosi citi (SPS)
- Maxi Cosi Pebble
- Römer Eclipse